22.049 GESCHÄFT DES BUNDESRATES
ZGB. Änderung (Unternehmensnachfolge)
RK-NR sieht trotzdessen Handlungsbedarf
Einleitung
Die erbrechtliche Unternehmensnachfolge wurde von der generellen und am 01.01.2023 in Kraft getretenen Erbrechtsrevision abgetrennt.
Wir berichteten:
- Das revidierte Erbrecht: Ein Überblick über die am 01.01.2023 in Kraft tretenden Änderungen (Teil 1)
- Update im Erbrecht
- Unternehmensnachfolge im Erbrecht: BR verabschiedet Botschaft
Nichteintreten des Ständerats
Am 15.06.2023 ist der Ständerat nun nicht auf die Vorlage 22.049 eingetreten:
Beratungen des Ständerats
Die einzelnen Voten der Ständeratsmitglieder, die sich zu Wort meldeten, können nachgelesen werden unter:
- 22.049 | ZGB. Änderung (Unternehmensnachfolge) | Amtliches Bulletin | Das Schweizer Parlament | parlament.ch
Abstimmungsergebnis im Ständerat (SR)
Der Nichteintretensentscheid fiel deutlich aus:
Weiterer Verlauf des Gesetzgebungsgeschäfts
Das Geschäft ging an den Nationalrat und befindet sich aktuell bei der Nationalratskommission für Rechtsfragen (RK-NR)
MEDIENMITTEILUNG DER KOMMISSION FÜR RECHTSFRAGEN DES NATIONALRATES VOM 04.07.2023
«Anders als der Ständerat sieht die nationalrätliche Kommission Handlungsbedarf bei der familieninternen Nachfolgeregelung bei Unternehmen und beantragt ihrem Rat mit 15 zu 8 Stimmen, auf die entsprechende Vorlage des Bundesrates zu einer Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (22.049) einzutreten. Der Ständerat hatte sich in der Sommersession gegen die Vorlage ausgesprochen. Die Kommission argumentiert, dass es nicht im Interesse der Schweizer Wirtschaft ist, wenn ein Unternehmen liquidiert werden muss, weil die Unternehmensnachfolge bei mehreren potentiellen Erbinnen oder Erben nicht regelt wurde. Dadurch gehen unter anderem Arbeitsplätze, Kontinuität und Wissen verloren. Ausserdem weist die Kommission darauf hin, dass die vorgeschlagene Regelung ausschliesslich greifen soll, wenn die Erblasserin oder der Erblasser seine Nachfolge vor dem Todesfall nicht selbst geregelt hat. Eine Minderheit hingegen ist der Meinung, es besteht kein Regulierungsbedarf, denn in den allermeisten Fällen geschieht die Vererbung eines Unternehmens einvernehmlich. Ausserdem argumentiert sie, dass mit der vorgeschlagenen Regelung die gerechte Aufteilung des Nachlasses dem Erhalt des Unternehmens untergeordnet werden würde, indem das Unternehmen derjenigen Erbin oder demjenigen Erben integral zugewiesen werden soll, die oder der am besten dazu geeignet ist. Die Kommission wir die Detailberatung voraussichtlich an ihrer nächsten Sitzung aufnehmen.»
Quelle: parlament.ch
Pro memoria: Reformvorschlag des BR
Der Bundesrat schlug in seiner Botschaft vom 10.06.2022 insbesondere folgende das Recht auf Integralzuweisung eines Unternehmens im Rahmen der Erbteilung, wenn der Erblasser keine diesbezügliche Verfügung getroffen hat, vor.
Aus unserer Gesetzgebungsberichterstattung
vom 13.06.2022
«Erleichterung der familieninternen Unternehmensnachfolge
- Gesetzliches Recht auf Unternehmensübernahme
- Es soll ein Erbe das Unternehmen übernehmen können,
- auch wenn der Erblasser keine diesbezügliche Verfügung von Todes wegen getroffen hat.
- Auf Antrag können Gerichte inskünftig Erben unter gewissen Voraussetzungen das gesamte Unternehmen zuweisen.
- Damit soll insbesondere bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) verhindert werden:
- eine Zerstückelung (bzw. Unternehmensspaltung) oder
- eine Schliessung (Unternehmensliquidation).
- Es soll ein Erbe das Unternehmen übernehmen können,
- Zuweisungsanforderungen
- Die Erbteile der übrigen Erben sind bei der Zuweisung zu berücksichtigen.
- Hat der Unternehmensnachfolger Probleme, die anderen Erben sofort auszuzahlen,
- schlägt der BR die Möglichkeit eines Zahlungsaufschubs vor.
- Es soll namentlich vermieden werden, dass die Unternehmensübernahme zu Liquiditätsproblemen führt.
- Spezifische Regeln
- Anrechnungswert bei lebzeitiger Unternehmensnachfolge
- Der Entwurf des BR enthält spezifische Regeln für den Anrechnungswert des Unternehmens im Rahmen der Erbteilung fest,
- indem neu unter gewissen Voraussetzungen eine Anrechnung eines zu Lebzeiten zugewendeten Unternehmens
- zum Zuwendungszeitpunkt möglich ist.
- indem neu unter gewissen Voraussetzungen eine Anrechnung eines zu Lebzeiten zugewendeten Unternehmens
- Der Entwurf des BR enthält spezifische Regeln für den Anrechnungswert des Unternehmens im Rahmen der Erbteilung fest,
- Berücksichtigung des Unternehmer-Risikos
- Damit soll dem unternehmerischen Risiko Rechnung getragen werden,
- welches der Unternehmensnachfolger auf sich nimmt.
- Damit soll dem unternehmerischen Risiko Rechnung getragen werden,
- Vermeidung einer Benachteiligung der anderen Erben
- Gleichzeitig wird eine Benachteiligung der anderen Erben hinsichtlich jener Vermögensgegenstände vermieden,
- die sich ohne Weiteres aus dem Unternehmen herauslösen lassen,
- indem in der Unternehmensbewertung unterschieden wird in:
- betriebsnotwendige Vermögensteile und
- nicht betriebsnotwendige Vermögensteile.
- indem in der Unternehmensbewertung unterschieden wird in:
- die sich ohne Weiteres aus dem Unternehmen herauslösen lassen,
- Gleichzeitig wird eine Benachteiligung der anderen Erben hinsichtlich jener Vermögensgegenstände vermieden,
- Anrechnungswert bei lebzeitiger Unternehmensnachfolge
Schutz der Pflichtteilserben
Zum Schutze derjenigen Erben, welche vom Erblasser auf den Pflichtteil gesetzt werden können, enthält der Entwurf des Bundesrats besondere Regelungen vor:
- Auf Pflichtteil gesetzte Erben müssen keine Zuweisung einer Minderheitsbeteiligung gewärtigen
- So ist grundsätzlich ausgeschlossen,
- dass diesen der Pflichtteil gegen deren Willen in Form einer Minderheitsbeteiligung an einem Unternehmen zugewiesen werden kann.
- So ist grundsätzlich ausgeschlossen,
- Konsolidierungsmöglichkeiten
- Im Falle von Vermächtnissen oder Zuwendungen unter Lebenden (Schenkung, Erbvorbezug etc.), die Beteiligungen an einem Unternehmen betreffen,
- wird zudem die Zusammenführung von Minderheits- und Mehrheitsbeteiligungen begünstigt (Squeeze out-Ziele?).
- Im Falle von Vermächtnissen oder Zuwendungen unter Lebenden (Schenkung, Erbvorbezug etc.), die Beteiligungen an einem Unternehmen betreffen,
Positive Effekte für Wirtschaft und Arbeitsplätze
Bis zu 16 000 Unternehmen stünden laut BR jährlich vor der Frage einer Nachfolgeregelung:
- ca. 3400 Unternehmen seien wegen der erbrechtlichen Regelung potenziell von Finanzierungsproblemen betroffen.
- Die vorgeschlagenen Massnahmen sollen
- solchen Problemen entgegenwirken und
- den Wirtschaftsstandort Schweiz stärken.
- Die geplanten Massnahmen sollen auch beitragen
- zu einer höheren Stabilität von Unternehmen und
- zur Sicherung von Arbeitsplätzen.»
Quelle: Unternehmensnachfolge im Erbrecht: BR verabschiedet Botschaft
Weiterführende Informationen
- Unternehmenserbrecht
- Revision des allgemeinen Erbrechts
- Erbrechtsrevision | bnlawyers.ch
- Erbrecht – Erbrechtsrevision: Überprüfung des bisherigen Testaments oder Erbvertrags | bnlawyers.ch
- Erbrecht
Quelle
LawMedia Redaktionsteam