Gemäss der kaufrechtlichen Gewährleistung hat der Verkäufer dafür Gewähr zu leisten, dass nicht ein Dritter aus Rechtsgründen, die schon zur Zeit des Vertragsabschlusses bestanden haben, den Kaufgegenstand dem Käufer ganz oder teilweise entziehe (Entwehrung).
Begriff
- Rechtsmängelhaftung = Haftung für den Fall, dass ein Dritter ein besseres subjektives Recht an der verkauften Ware geltend macht
Grundlage
- OR 192 – 196
Voraussetzungen für die Haftung des Verkäufers
- Rechtsmangel im Zeitpunkt des Vertragsschlusses
- Übergabe und Bezahlung der Kaufsache
- Kaufsache muss ganz oder teilweise entzogen werden (Eviktion)
- Steht das bessere Recht eines Dritten ohne Eviktion fest, kann der Käufer den Vertrag über den Grundlagenirrtum anfechten
- Vgl. BGE 109 II 319 E. 2
- Steht das bessere Recht eines Dritten ohne Eviktion fest, kann der Käufer den Vertrag über den Grundlagenirrtum anfechten
- Fehlende Kenntnis des Käufers von der Gefahr der Entwehrung
- Kannte der Käufer zur Zeit des Vertragsabschlusses die Gefahr der Entwehrung, so hat der Verkäufer nur insofern Gewähr zu leisten, als er sich ausdrücklich dazu verpflichtet hat
- Vgl. OR 192 Abs. 2
- Der Verkäufer hat zu beweisen, dass der Käufer die Gefahr der Entwehrung kannte
- Kannte der Käufer zur Zeit des Vertragsabschlusses die Gefahr der Entwehrung, so hat der Verkäufer nur insofern Gewähr zu leisten, als er sich ausdrücklich dazu verpflichtet hat
- Kein Ausschluss der Haftung durch Freizeichnung
- Streitverkündung
- Erfolgt die Entwehrung auf dem Rechtsweg, ist der Käufer verpflichtet dem Verkäufer den Streit zu verkünden
- Erfolgt diese nicht, läuft der Käufer Gefahr, dass der Verkäufer von der Verpflichtung zur Gewährleistung befreit wird, wenn er beweisen kann, dass bei rechtzeitig erfolgter Streitverkündung ein günstigeres Ergebnis des Prozesses zu erreichen gewesen wäre
- Vgl. OR 193 Abs. 2
- Streitverkündung | streitverkuendung.ch
Entwehrung
- Begriff
- Entwehrung = Dritter macht Kaufgegenstand aufgrund eines eigenen subjektiven Rechts dem Käufer streitig
- Mögliche Rechte des Dritten
- Dritter kann folgende Rechte geltend machen
- Eigentum
- Beschränkt dingliche Rechte
- zB Pfandrecht an der Sache
- Realobligatorische Rechte
- zB Vormerkung persönlicher Rechte
- Obligatorische Rechte
- zB Mietvertrag, Pachtvertrag
- Immaterialgüterrechte
- zB Urheberrechte
- Dritter kann folgende Rechte geltend machen
- Umfang der Entwehrung
- Vollständige Entwehrung
- Käufer verliert Kaufgegenstand und Berechtigung daran vollständig
- Teilweise Entwehrung
- Recht des Dritten besteht nur für ein Teil der Kaufsache
- Vollständige Entwehrung
Wegbedingung der Gewährleistung
- Gewährleistung kann vertraglich beschränkt werden
- Beschränkung ist ungültig, wenn der Verkäufer das Recht des Dritten absichtlich verschwiegen hat
- vgl. OR 192 Abs. 3
- Beschränkung ist ungültig, wenn der Verkäufer das Recht des Dritten absichtlich verschwiegen hat
- Gewährleistung kann durch AGB wegbedungen werden
- Führen AGB Klauseln zu einem erheblichen und ungerechtfertigten Missverhältnis zwischen den vertraglichen Rechten und Pflichten zum Nachteil einer Vertragspartei, sind diese anfechtbar (UWG 8)
Wegfall der Rechtsmängelhaftung
- bei gutgläubigem Erwerb durch den Käufer
- ZGB 714 Abs. 2, ZGB 933-935, 973
- durch Ersitzung
- ZGB 661 f und ZGB 728
Wirkung der Rechtsmängelhaftung
- Vollständige Entwehrung (OR 195 Abs. 1)
- Ist die Entwehrung eine vollständige, so ist der Kaufvertrag als aufgehoben zu betrachten
- Käufer kann Rückerstattung des bezahlten Kaufpreise zuzüglich Zinsen, Verwendungsersatz, Kostenersatz für den Eviktionsprozess und mittelbaren sowie unmittelbaren Schadenersatz fordern
- Ist die Entwehrung eine vollständige, so ist der Kaufvertrag als aufgehoben zu betrachten
- Teilweise Entwehrung (OR 196 Abs. 1)
- Bei teilweiser Entwehrung kann der Käufer nicht die Aufhebung, sondern nur Schadenersatz verlangen
Verjährung
- Nach Entdeckung des Rechtsmangels läuft eine 10-jährige Verjährungsfrist für die Klage auf Rechtsgewährleistung
- Vgl. OR 127 und OR 196a
- Ausnahme bei Kulturgüter
- Relative Verjährungsfrist von 1 Jahr
- Absolute Verjährungsfrist von 30 Jahren
Gesetzestexte
OR 192 B. Verpflichtungen des Verkäufers / II. Gewährleistung des veräusserten Rechtes / 1. Verpflichtung zur Gewährleistung
II. Gewährleistung des veräusserten Rechtes
1. Verpflichtung zur Gewährleistung
1 Der Verkäufer hat dafür Gewähr zu leisten, dass nicht ein Dritter aus Rechtsgründen, die schon zur Zeit des Vertragsabschlusses bestanden haben, den Kaufgegenstand dem Käufer ganz oder teilweise entziehe.
2 Kannte der Käufer zur Zeit des Vertragsabschlusses die Gefahr der Entwehrung, so hat der Verkäufer nur insofern Gewähr zu leisten, als er sich ausdrücklich dazu verpflichtet hat.
3 Eine Vereinbarung über Aufhebung oder Beschränkung der Gewährspflicht ist ungültig, wenn der Verkäufer das Recht des Dritten absichtlich verschwiegen hat.
OR 195 B. Verpflichtungen des Verkäufers / II. Gewährleistung des veräusserten Rechtes / 3. Ansprüche des Käufers / a. Bei vollständiger Entwehrung
3. Ansprüche des Käufers
a. Bei vollständiger Entwehrung
1 Ist die Entwehrung eine vollständige, so ist der Kaufvertrag als aufgehoben zu betrachten und der Käufer zu fordern berechtigt:
- Rückerstattung des bezahlten Preises samt Zinsen unter Abrechnung der von ihm gewonnenen oder versäumten Früchte und sonstigen Nutzungen;
- Ersatz der für die Sache gemachten Verwendungen, soweit er nicht von dem berechtigten Dritten erhältlich ist;
- Ersatz aller durch den Prozess veranlassten gerichtlichen und aussergerichtlichen Kosten, mit Ausnahme derjenigen, die durch Streitverkündung vermieden worden wären;
- Ersatz des sonstigen durch die Entwehrung unmittelbar verursachten Schadens.
2 Der Verkäufer ist verpflichtet, auch den weitern Schaden zu ersetzen, sofern er nicht beweist, dass ihm keinerlei Verschulden zur Last falle.
OR 196 B. Verpflichtungen des Verkäufers / II. Gewährleistung des veräusserten Rechtes / 3. Ansprüche des Käufers / b. Bei teilweiser Entwehrung
b. Bei teilweiser Entwehrung
1 Wenn dem Käufer nur ein Teil des Kaufgegenstandes entzogen wird, oder wenn die verkaufte Sache mit einer dinglichen Last beschwert ist, für die der Verkäufer einzustehen hat, so kann der Käufer nicht die Aufhebung des Vertrages, sondern nur Ersatz des Schadens verlangen, der ihm durch die Entwehrung verursacht wird.
2 Ist jedoch nach Massgabe der Umstände anzunehmen, dass der Käufer den Vertrag nicht geschlossen haben würde, wenn er die teilweise Entwehrung vorausgesehen hätte, so ist er befugt, die Aufhebung des Vertrages zu verlangen.
3 In diesem Falle muss er den Kaufgegenstand, soweit er nicht entwehrt worden ist, nebst dem inzwischen bezogenen Nutzen dem Verkäufer zurückgeben.
Judikatur
- Zur Anfechtung des Vertrages über den Grundlagenirrtum, wenn trotz besserem Recht eines Dritten, keine Eviktion stattfindet
- BGE 109 II 319 E. 2
Weiterführende Link
- Zur Auslegung von AGB und Art. 8 UWG