Damit der Käufer seine Gewährleistungsrechte nicht verwirkt, hat er die Obliegenheit, die Beschaffenheit der erhaltenen Kaufsache sobald es nach dem üblichen Geschäftsgang möglich ist, zu prüfen und allfällige Mängel sofort anzuzeigen:
Begriffe
- Prüfungspflicht = Ware muss nach Empfang unmittelbar geprüft werden
- Rügepflicht = Allfällige Mängel sind dem Verkäufer, sobald als nach dem üblichen Geschäftsgang tunlich, zu melden
Grundlage
- OR 201
Rechtsnatur
- Es handelt sich um eine Obliegenheit und nicht um eine Rechtspflicht des Käufers
- D.h. die „Pflicht“ zur Annahme kann nicht selbständig eingeklagt werden
Prüfumfang
- Der Prüfumfang kann sehr unterschiedlich sein und kann sich wie folgt ergeben:
- Parteivereinbarung
- Verkehrssite
- Handelsbrauch
- Branchenübung
Kosten der Prüfung
- Die Kosten der Überprüfung hat der Käufer zu tragen
Prüfung zugesicherter Eigenschaften
- Die Bestimmungen von OR 201 betreffend die Prüfungs- und Rügepflicht des Käufers gelten auch für zugesicherte Eigenschaften
- vgl. BGE 81 II 56 E. 2 und BGE 107 II 419
Beim Kauf nach Muster
- Sowohl Muster wie gelieferte Ware muss geprüft werden
- Vgl. Kauf nach Muster
Verdeckte Mängel
- Später entdeckte Mängel sind sofort nach ihrer Entdeckung zu rügen
Prüfzeitpunkt / Frist
- Sobald nach dem üblichen Geschäftsgang möglich, wobei folgende Punkte massgebend sein können
- zB Umstände des Einzelfalles
- zB Branchenübung
- zB Art und Natur der Kaufsache
- zB Art des Mangels
Versäumung der Rügepflicht
- Verwirkung der Gewährleistungsansprüche
- Das Unterlassen der Rügepflicht hat die Verwirkung der Gewährleistungsansprüche derjenigen Mängel zur Folge, die der Käufer durch die Prüfung hätte feststellen können
- Genehmigung
- Die Kaufsache gilt nach unterlassener Rüge als genehmigt
- vgl. OR 201 Abs. 2
- Die Kaufsache gilt nach unterlassener Rüge als genehmigt
- Ansprüche nach OR 97 ff. verwirken
- Unterlassungs- und Schadenersatzansprüche nach OR 97 ff. verwirken aufgrund der Genehmigung der Kaufsache ebenfalls
- Ausnahmen bei absichtlicher Täuschung
- Keine Beschränkung der Gewährleistungsansprüche bei versäumter Anzeige im Fall absichtlicher Täuschung
- vgl. OR 203
- Keine Beschränkung der Gewährleistungsansprüche bei versäumter Anzeige im Fall absichtlicher Täuschung
Gesetzestexte
OR 201 OR B. Verpflichtungen des Verkäufers / III. Gewährleistung wegen Mängel der Kaufsache / 4. Mängelrüge / a. Im Allgemeinen
4. Mängelrüge
a. Im Allgemeinen
1 Der Käufer soll, sobald es nach dem üblichen Geschäftsgange tunlich ist, die Beschaffenheit der empfangenen Sache prüfen und, falls sich Mängel ergeben, für die der Verkäufer Gewähr zu leisten hat, diesem sofort Anzeige machen.
2 Versäumt dieses der Käufer, so gilt die gekaufte Sache als genehmigt, soweit es sich nicht um Mängel handelt, die bei der übungsgemässen Untersuchung nicht erkennbar waren.
3 Ergeben sich später solche Mängel, so muss die Anzeige sofort nach der Entdeckung erfolgen, widrigenfalls die Sache auch rücksichtlich dieser Mängel als genehmigt gilt.
OR 203 B. Verpflichtungen des Verkäufers / III. Gewährleistung wegen Mängel der Kaufsache / 5. Absichtliche Täuschung
5. Absichtliche Täuschung
Bei absichtlicher Täuschung des Käufers durch den Verkäufer findet eine Beschränkung der Gewährleistung wegen versäumter Anzeige nicht statt.
Literatur
- Bieger Alain, Die Mängelrüge im Vertragsrecht, Diss. Freiburg 2008, 184 S.
- Eugen Bucher, Der benachteiligte Käufer, in: Schweizerische Juristen Zeitung (SJZ), Bd. 67 (1971), S. 1 ff.
Judikatur
- Prüf- und Rügepflicht bei zugesicherten Eigenschaften
- BGE 81 II 56 E. 2 und BGE 107 II 419