Für „verspätete Konkurseingaben“ sind folgende Regeln zu beachten:
Gesetzliche Grundlage
- SchKG 251
Anmeldefähigkeit
- Verspätete Forderungseingaben dürfen bis zum Konkursschluss eingereicht werden [vgl. SchKG 251 Abs. 1]
- Ausgangslage für die Verspätung ist die 1-monatige Eingabefrist
- In der Praxis werden alle Forderungseingaben bis zum Zeitpunkt der Kollokationsplan-Auflage berücksichtigt; entsprechend gelten als „verspätete Konkurseingaben“, so die Formulierung der Marginalie, nur Forderungseingaben die bei der Kollokationsplan-Auflagen noch nicht eingetroffen waren
- Voraussetzungen
- Erstmalig geltend gemachte Forderung
- Keine Abänderung früherer Eingaben
- Verspäteter Anspruch muss sich beziehen auf
- andere tatsächliche und rechtliche Vorgänge als frühere Forderungseingaben des nämlichen Gläubigers (andere Forderung)
- neue Tatsachen des Gläubigers, die e mit seiner ersten Eingabe noch nicht geltend machen konnte, für einen höheren Betrag oder einen vorteilhafteren Rang
- eine Forderung, deren Tilgung paulianisch gefochten wurde, und deren Forderung vor der Kollokationsplan-Auflage noch nicht geltend zu machen war
- vgl. BGE 106 III 40 ff.
- einen besseren Rang, wenn die rechtzeitige Geltendmachung des Rangverhältnisses nicht möglich war
- vgl. BGE 42 III 24
- nachträglich admassierte Gegenstände, auf die der Gläubiger sein Pfandrecht noch ausdehnen kann (zB zur Masse gezogenes besitzloses Retentionsgut)
- vgl. BGE 51 III 230
- nachträgliche Geltendmachung eines Pfandrechts für eine rechtskräftig unversichert kollozierte Forderung ist unstatthaft
- aus ursprünglicher Geltendmachung einer unversicherten Forderung ist auf einen Pfandrechtsverzicht anzunehmen, wenn eine Konkursdividende aus der unversicherten Kollokation entgegen genommen wird
- Argument für die Änderung des rechtskräftigen Kollokationsplans , der ursprünglichen Forderungseingabe liege ein Irrtum zu Grunde, ist unzulässig [vgl. AB OW, in: Amtsblatt des Kantons Obwalden 2002/2003, 117]
- Verspäteter Anspruch muss sich beziehen auf
Behandlung wie rechtzeitig angemeldete Forderungen
- Forderungserwahrung
- Forderungsbereinigung
- Entscheid über Kollokation
Kostentragungspflicht
- Der anmeldende Gläubiger hat die Kosten der verspäteten Kollozierung zu tragen
- Gebühren der Kollokationsplan-Ergänzung
- Publikationskosten der Neuauflage
- Sollte der Verteilungsplan bereits entworfen sein, so hat der nachträglich anmeldende Gläubiger auch diese Änderungskosten zu tragen.
Anfechtung der nachträglichen Kollokation
- Gemäss SchKG 251 Abs. 5 ist SchKG 250 anwendbar [vgl. BGE 41 III 287]
- Der nachträglich anmeldende Gläubiger kann demgegenüber die früher zugelassene Forderung seiner Mitgläubiger nicht mehr anfechten.
Ablehnung der nachträglichen Kollokation
- Keine Neuauflage und Publikation [SchKG 251 Abs. 4 e contrario]
- Blosse Anzeige (Spezialanzeige = Kollokationsverfügung) genügt
- Eine Publikation entfällt [vgl. KOV 69, 2. Satz]
- Gemäss SchKG 251 Abs. 5 ist SchKG 250 anwendbar
Wirkungen der Verspätung
- Der nachträglich anmeldende Gläubiger hat
- früher ergangene Gläubigerversammlungs-Beschlüsse gegen sich gelten zu lassen
- keine Möglichkeit die in Rechtskraft erwachsenen Verfügungen der Konkursverwaltung anzufechten
- kein Recht auf Wegweisung früher zugelassener Gläubiger
- keinen Anspruch auf Dividenden aus vorangegangenen Abschlagsverteilungen im Sinne von SchKG 266
- darf – bei geprüfter Forderungseingabe – an einer bevorstehenden Gläubigerversammlung teilnehmen
- Sofern der ganze Verwertungserlös im Zulassungszeitpunkt verteilt sein sollte, erhält der Gläubiger nichts.
Berücksichtigung bis zum Verteilungsstadium
- Nachträgliche Forderungsanmeldungen sind bis zum Verteilungsstadium anmeldefähig, d.h. bis zur Auflage der Verteilungsliste
- Vgl. SJZ 1945 S. 27 f.
- Ausnahme
- Gläubigeranspruch auf ein Treffnis bei weiteren Verteilungen (Nachkonkurs [SchKG 267])
Weiterführende Informationen
- Wirkungen der erfolgreichen paulianischen Anfechtung
- Der Gläubigerwechsel erfordert keine nachträgliche Forderungseingabe; eine Notifikation des Zessionars (unter Zessionsnachweis) genügt.
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