Die Testamentsvollstreckung ist kein unentgeltliches Ehrenamt. Die Leistungen des Testamentsvollstreckers sind von Gesetzes wegen entschädigungspflichtig.
Entschädigungsanspruch und Höhe
Der Testamentsvollstrecker hat für seine Tätigkeit Anspruch auf eine „angemessene Entschädigung (vgl. ZGB 517 Abs. 3).
Der Bundesgesetzgeber äussert sich nicht über die Bemessungsart. Vereinzelt gibt es kantonale Erlasse, die mittelbar oder unmittelbar Honorarbestimmungen enthalten.
Verbandstarife sind seit Inkrafttreten des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) nicht mehr zulässig.
Art. 517 Abs. 3
Sie haben Anspruch auf angemessene Vergütung für ihre Tätigkeit.
Honorierungs-Varianten
Grundsätzlich sind 4 Bemessungssysteme bekannt:
- Honorierung ausschliesslich nach Zeitaufwand
- Berücksichtigung des Nachlassaktiven durch
- einen abgestuften Honorarrahmen
- Zuschläge (Quelle: ehem. Honoraransätze des Zürcher Anwaltsverbandes, Ausgabe Januar 1998; siehe auch Box)
- Besondere Schwierigkeiten
- Fremdsprachige Akten und Verhandlungen
- Internationale Tatbestände und Rechtsfragen
- Beanspruchung von Spezialkenntnissen
- Besondere Dringlichkeit
- Beanspruchung ausserhalb der Bürozeiten
- Besondere Wichtigkeit für den Erblasser
- Besondere Schwierigkeiten
- Berücksichtigung des Nachlassaktiven durch
- Honorierung nach Zeitaufwand verbunden mit einem Prozent-Zuschlag
- Prozentsatz nach dem Wert der Nachlassaktiven
- zB bis 2 % der Bruttoaktiven (Quelle: Praxis)
- zB „Stundenansatz von CHF 180 – CHF 280 mit einem einmaligen Zuschlag von höchstens 2 % des Wertes der Bruttoaktiven“ (Quelle: ehem. Honoraransätze des Zürcher Anwaltsverbandes, Ausgabe Januar 1998)
- Prozentsatz nach dem Wert der Nachlassaktiven
- Honorierung mit Prozentsatz nach dem Wert der Nachlassaktiven
- zB 1 -3 % der Bruttoaktiven (Quelle: Praxis)
- Honorierung mit Prozentsatz nach dem Wert der Nachlassaktiven, mindestens aber des Zeitaufwands
- zB 2 % des vollstreckten Nachlassvermögens + festzulegender Stundensatz
Anhaltspunkt
Der wegen des Kartellgesetzes (KG; siehe vorn) nicht mehr in Kraft befindliche Tarif des Zürcher Anwaltsverbandes (ZAV), Ausgabe Januar 1998, enthielt zwei Honorierungs-Varianten:
- ausschliessliche Zeitaufwandhonorierung
- Kombination von Zeitaufwand und Prozent-Zuschlag
Die ehem. Tarifdetails können nachgesehen werden unter anwaltshonorare.ch: Honorarempfehlungen:
» Art. 5: Besondere Fälle (Willensvollstreckungen und Liquidation)
» Art. 3: Ordentliche Stundenansätze
» Art. 4: Ausserordentliche Ansätze
Rechtsprechung
In BGE 129 I 330 hat das Bundesgericht einige Prinzipien klargestellt:
- Vorrang des Bundesrechts
- Nicht Berufsqualifikation als solche, sondern die damit verbundenen Spezialkenntnisse, Erfahrungen und die besondere Vertrauensstellung sind entscheidend
- Honorierung unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls
- Komplexität
- Umfang des Auftrages
- Dauer des Auftrages
- Verantwortung
- Zeitaufwand
- Ermessensspielraum des Testamentsvollstreckers bei Honorarfestsetzung (vgl. auch OR 394 Abs. 3).
Ehemalige Tarife als Richtlinien
Für die Überprüfung der Angemessenheit des Honorar-Quantitativs wird oft auf die nicht mehr fortgeschriebenen Tarife als Leitplanken abgestellt:
» anwaltshonorare.ch: Honorarempfehlungen
Honorar-Vereinbarung Erblasser / TV
Zulässigkeit
Selbstverständlich kann der Erblasser
- zu Lebzeiten mit dem TV eine Honorar-Vereinbarung schliessen
- die Honorar-Konditionen im Testament festlegen, mit dem Risiko, dass der TV die Mandatsannahme ablehnt.
Wirkung
Diese Honorarklauseln sind zwar zulässig, vermögen jedoch die unter dem Navigationspunkt „Rechtsprechung“ wiedergegebenen Honorarbestimmungs-Schwierigkeiten nicht zu beheben. – Die faire Honorarfestsetzung ist eben auch Vertrauenssache.
Bewusst höhere als angemessene Honoraransätze
Will der Erblasser den Willensvollstrecker über seinen angemessenen Honoraranspruch gemäss ZGB 517 Abs. 3 hinaus begünstigen, müsste er dies als separates Vermächtnis tun.
Weiterführende Informationen
Honorar-Vereinbarung Erben / Testamentsvollstrecker
Zulässigkeit
Honorarvereinbarungen zwischen Erben und Testamentsvollstrecker gelten als zulässig:
- zB Einigung über Stundenansatz
- zB Einigung über die Höhe des Prozentsatzes der Bruttoaktiven.
Problematik
Setzen Erben nach Eintritt des Erbfalls auf eine Honorarabrede können zusätzliche Schwierigkeiten entstehen:
- Gilt das beschränkende Kriterium der „Angemessenheit“ immer noch oder gelten die allgemeinen Mandats-Honorierungsregeln von OR 394 Abs. 3?
- Kollision von neuem Honorierungsmodell gemäss Erben-Honorarabsprache und dem Grundsatz der Angemessenheit von ZGB 517 Abs. 3, wenn der Grundsatz weiter gilt?
Weiterführende Informationen
Testamentsvollstrecker-Honorar als Erbgangsschuld
Testamentsvollstrecker-Honorare sind nach herrschender Lehre und Rechtsprechung
- Erbgangsschulden nach ZGB 474 Abs. 2
- Solidarhaft der Erben nach ZGB 603
- Ausnahme: Dauer-Willensvollstreckungen mit separater Verwaltung wie bestimmter Erbteil, ein Vermächtnis, Vor-/Nacherbeneinsetzungen usw. > individuelle Kostentragung
Retentionsrecht
Der Willensvollstrecker hat ein kaufmännisches Retentionsrecht nach ZGB 895 an allen in seinem Besitz befindlichen Erbschaftsgegenständen für
- seine Honorarforderung
- eine allfällige Prozessentschädigung.
Das Schadloshaltungsrecht steht im auch nach der Forderungsverjährung zu (» BGE 86 II 358, Erw. 2 = Pra 50 (1961) Nr. 31, S. 85)