Liquidations-Schlussbilanz
Die Liquidatoren haben nach beendeter Verwertung zu erstellen:
- Eine Liquidations-Schlussbilanz
- einen Liquidations-Schlussbericht.
Die Revisionsstelle prüft die Schlussbilanz.
Die Genehmigung der Liquidations-Schlussbilanz durch die GV ist Bedingung für eine rechtmässige Verteilung des Liquidationsergebnisses.
Die Liquidations-Schlussbilanz sollte enthalten
- nur noch liquide Aktiven
- greifbare Aktiven
- verrechenbare Forderungen gegenüber den Aktionären, die deren präsumtive Liquidationsanteile nicht übersteigen.
Gläubigerschutz
Die gesetzlichen Gläubigerschutzregeln, die die Organe der Gesellschaft bei der Liquidation zu beachten haben, sind:
- Schuldenruf (OR 742)
- Beachtung Sperrjahr (OR 745)
- Hinterlegung der Schuldbeträge bekannter Gläubiger, die ihre Forderungsanmeldung unterlassen haben
- Hinterlegung bei Gericht, Bestellung gleichwertiger Sicherheiten oder Aussetzung der Verteilung des Liquidationsergebnisses bis zur Erfüllung noch nicht fälliger oder bestrittener Forderungen (OR 744)
- Liquidatorenhaftung.
Der Gesetzgeber wollte verhindern, dass das Liquidationsergebnis an die Aktionäre verteilt wird, bevor die Gläubigerbefriedigung feststeht bzw. nicht doch noch eine Überschuldung bekannt wird.
Literatur
- HEINZMANN MICHEL, Die Herabsetzung des Aktienkapitals, Diss. Zürich 2004, N 325
Judikatur
- Kapitalherabsetzung während Liquidation (Gläubigerschutz kann Vorsorgliche Massnahmen rechtfertigen)
- ZR 116 (2017) Nr. 73, S. 241 ff.
Weiterführende Informationen
Sperrjahr und vorzeitige Verteilung
Das Sperrjahr, welches mit dem 3. Schuldenruf im SHAB beginnt,
- dient dem Gläubigerschutz
- erlaubt den Gläubigern, eine vorzeitige Erlösverteilung an die Aktionäre durch richterliche Verfügung verhindern zu lassen.
Die Liquidatoren haften bei Missachtung des Sperrjahres für den von ihnen verursachten Schaden.
Eine vorzeitige Verteilung, frühestens 3 Monate nach dem 3. Schuldenruf darf stattfinden, wenn ein zugelassener Revisionsexperte mit seiner Bestätigung dazu das Plazet gibt. Diese Bestätigung tritt nicht an die Stelle des normalen Testats, sondern ist als zusätzlicher Bericht gemeint.
Folgende Dokumente sind dem zugelassenen Revisionsexperten vorzulegen:
- Liquidations-Zwischenbilanz, die einen verteilbaren Liquidationsüberschuss aufzeigt
- Revisionsbericht mit Stellungnahme zu Gesetz- und Statutenkonformität des Verteilungsantrags
- Genehmigungsbeschluss der Aktionäre (GV)
- Die GV kann den VR im Voraus ermächtigen, bei Vorliegen der Bestätigung des zugelassenen Revisionsexperten die vorzeitige Verteilung zu veranlassen.
Bestätigung des zugelassenen Revisionsexperten: Text
„NN bestätigt, dass die Schulden getilgt sind und nach den Umständen angenommen werden kann, dass keine Interessen Dritter gefährdet werden.“
Verteilung und Modus
Anspruch auf Anteil am Liquidationserlös
Der Anspruch der Aktionäre und/oder Partizipationsschein-Inhaber wandelt sich mit rechtlich verbindlichem Abschlags- oder Schlussverteilungsplan von einem körperschaftlichen Vermögenswert in eine unbedingte und unentziehbare Geldforderung.
Verteilungsplan
Die Verteilung richtet sich nach
- den Statuten
- nach der genehmigten Liquidations-Schlussbilanz
- dem einbezahlten Betrag und nicht nach dem Nennwert
- allfälligen bei der Verteilung zu berücksichtigenden Privilegien wie
- Aktienkategorie
- Genussscheinen
- usw.
Abschlags- oder Schlusszahlungen
Die Leistung des Liquidationsanteils erfolgt in der Regel
- in bar
- in mehreren Abschlagszahlungen oder
- in einer Schlusszahlung
- hinsichtlich des den Nennwert übersteigenden Betrages unter Abzug der Verrechnungssteuer von 35 %
Die Sachausschüttung erfolgt
- bei Zustimmung GV und Aktionär
- unter Berücksichtigung der Vorschriften über den Rechenschaftsbericht und Prüfungsbestätigung bei Sacheinlagen
- unter Sicherstellung einer vorsichtigen Bewertung und zum Schutz der übrigen Aktionäre
- unter Einforderung von 35 % des den Nennwert übersteigenden Sachwertes in bar beim Empfänger und Weiterüberweisung an die EStV, alles durch die Liquidatoren
- Die Verrechnungssteuerüberwälzung ist gesetzliche Pflicht
- Im Falle der Nichtüberwälzung schuldet die Gesellschaft eine Verrechnungssteuer von 53,8 %.
Verrechnungssteuer
- Der Liquidationsanspruch im Umfange des Nennwertes ist verrechnungssteuerfrei.
- Dagegen haben die Liquidatoren von dem den Nennwert übersteigenden Betrag die Verrechnungssteuer von 35 % zugunsten der EStV abzuführen.
Substanzdividenden vor Auflösungsbeschluss
Oft schütten überkapitalisierte Gesellschaften ihren Aktionären noch vor dem Auflösungsbeschluss eine sog. „Substanzdividende“ aus. – Dies erfordert:
- Eine sichere Volldeckung der Schulden bei Bilanzierung zu Liquidationswerten.
- eine Revisionsstellen-Prüfung und –bestätigung.
Vorwegausschüttung im Liquidationsverfahren durch Kapitalherabsetzung
- Berücksichtigung des Finanzplans der Liquidatoren
- Anwendung der Kapitalherabsetzungsregeln nach OR 732
- Das Risiko ist gross, dass eine Vorwegausschüttung
- das Liquidationsverfahren stört
- die zu liquidierende Gesellschaft aus dem finanziellen Gleichgewicht bringt.