Vorrang des Betriebsinteresses
Ferien und Feiertage – Die Artikelfolge
- Arbeitsrecht – Ferien: Eigenmächtiger Ferienbezug durch Arbeitnehmer
- Arbeitsrecht – Ferien: Ferienlohn
- Arbeitsrecht – Feiertage: Feiertagsentschädigung
Einleitung
Bekanntlich hat der Arbeitnehmer Anspruch auf eine Auszeit von der Arbeit, um sich zu erholen. Der Arbeitgeber ist zur Lohnfortzahlung während dieser Zeit verpflichtet.
Viele Arbeitnehmer denken, dass ihr Ferien- und Erholungsanspruch ihnen auch das Recht zur Bestimmung des Bezugszeitpunkts vermittle. Dem ist nicht so. Der Arbeitgeber bestimmt laut Gesetz darüber, wann und wie viele Tage der Arbeitnehmer von seinem Ferienanspruch beziehen darf.
Zentrales Unternehmensinteresse
Grundsätzlich sind für den Arbeitgeber seine berechtigten Unternehmer-Interessen wegleitend.
Zu diesem Betriebsinteresse zählen die Sicherstellung der Betriebsabläufe, die Erfüllung entgegen genommener Aufträge und die Akquisition des Neugeschäfts etc.
Die Erhaltung guten Personals gehört ebenso zu den prioritären Unternehmerinteressen wie die Aufrechterhaltung des Betriebes. Deshalb wird jeder vernünftige Unternehmer die Ferien-Interessen seiner Mitarbeiter gebührend berücksichtigen.
Ferienbestimmungsrecht des Arbeitgebers, bei Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitnehmers
Der Arbeitgeber bestimmt – unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen seines Betriebes – den Ferienbezugszeitpunkt und die Dauer, unter Rücksichtnahme auf die Wünsche des Arbeitnehmers.
Dem Arbeitnehmer sind die Ferien in der Regel in dem Dienstjahr zu gewähren, in dem der Ferienanspruch entsteht. Um dem Arbeitnehmer eine ausreichende Erholung zu ermöglichen, sind ihm wenigstens zwei Ferienwochen am Stück zu ermöglichen.
Feriensperren und Betriebsferien
Von grundsätzlichem Einfluss auf die Feriengewährung sind die beiden folgenden Arbeitgeber-Vorgaben:
- Feriensperren
- Während Feriensperren dürfen alle oder Arbeitnehmer bestimmter Abteilungen keine Ferien beziehen:
- Sperrfrist-Anordnung
- Klare und eindeutige Anordnung, welche Arbeitnehmer betroffen sind
- Voranzeigefrist
- Zeitliche Feriensperren sollten vom Arbeitgeber möglichst anfangs Jahr den Arbeitnehmern kommuniziert werden
- Sperrfrist-Anordnung
- Während Feriensperren dürfen alle oder Arbeitnehmer bestimmter Abteilungen keine Ferien beziehen:
- Betriebsferien
- Für Betriebsferien, d.h. Ferien, in denen der gesamte Betrieb auf Wunsch der Unternehmensleitung nicht arbeitet, sollten gewisse Regeln beachtet werden:
- Betriebsferien-Anordnung
- Beschränkte Rücksichtnahme auf die Bedürfnisse der Belegschaft
- Grösserer Vorrang der betrieblichen Interessen als bei der Individual-Ferien-Gewährung an einzelne Arbeitnehmer
- Zeitpunkt der Betriebsferien
- Rücksichtnahme auf die Mehrheit der Belegschafts-Wünsche
- Arbeitnehmern soll die Urlaubsplanung gleichwohl ermöglicht werden
- Voranzeigefrist
- Usanz
- 3 Monate Voranzeigefrist
- Berücksichtigung der Ferienplanungsbedürfnisse bestimmter Arbeitnehmer
- Frühbucher
- Arbeitnehmer mit schulpflichtigen Kindern
- Kurzfristige Ferienzuweisung
- unzulässig (AGer, AN080135 vom 27.03.2008)
- Usanz
- Betriebsferien-Anordnung
- Für Betriebsferien, d.h. Ferien, in denen der gesamte Betrieb auf Wunsch der Unternehmensleitung nicht arbeitet, sollten gewisse Regeln beachtet werden:
Eigenmächtiger Ferienbezug des Arbeitnehmers
Gelegentlich ergibt es sich, dass ein Arbeitnehmer sich der Ablehnung des Feriengesuches durch den Arbeitgeber widersetzt und seine Ferien eigenmächtig bezieht.
Durch den eigenmächtigen Ferienbezug provoziert der Arbeitnehmer seine fristlose Entlassung.
Die fristlose Entlassung des Arbeitnehmers führt ebenso oft zu einer gerichtlichen Beurteilung der Ferienstreitigkeit, da bei berechtigter Entlassung für den Arbeitnehmer die Arbeitslosenansprüche entfallen und er ohne Einkommen dasteht.
Ferienstreitigkeiten bergen für Arbeitnehmer wie Arbeitgeber ein gewisses Prozessrisiko:
- Rechtfertigung einer fristlosen Entlassung
- Grundsatz
- Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung macht der eigenmächtige Ferienbezug trotz abschlägigen Bescheids zum Feriengesuch durch den Arbeitgeber eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar und rechtfertigt eine fristlose Kündigung
- Kündigungsvoraussetzung der Absenz besonderer Umstände
- Voraussetzung ist jedoch, dass keine besonderen Umstände vorliegen, welche die Vertrauensbeeinträchtigung durch den unerlaubten Ferienbezug weniger oder gar nicht als schwerwiegend erscheinen lassen
- Grundsatz
- Keine besonderen Umstände, welche das Vertrauensverhältnis beeinträchtigen
- Umstände auf Arbeitgeberseite
- Das Bundesgericht hat bereits erwogen, dass in folgenden Fällen keine „besonderen Umstände“ vorliegen, die zu einem Vertrauensverlust führen:
- Der rechtzeitig um Ferienbezug angefragte Arbeitgeber trägt den legitimen Ferienwünschen des Mitarbeiters keine Rechnung, obwohl die Betriebsinteressen kaum tangiert werden (> fristlose Entlassung nicht gerechtfertigt)
- Versäumnisse des Arbeitgebers im Umgang mit den Ferienrechten des Angestellten, die zu einer milderen Einschätzung des eigenmächtigen Ferienbezugs des Arbeitnehmers führen
- Kantonale Rechtsprechung
- Vorwurf an Arbeitgeber, Ferien bewilligt und diese von sich aus zweimal zeitlich umplatziert zu haben, sodass der Arbeitnehmer seine Ferienbuchung nicht mehr stornieren konnte
- Vorwurf an Arbeitgeber, keine Ferienkontrolle zu führen, keine Bindungswirkung für bewilligte Ferien und oft Ferienverlängerungen nach Ferienantritt zu bewilligen
- Einbezug konkreter Verhältnisse des Arbeitnehmers oder seines Arbeitsverhältnisses zum Arbeitgeber, wie
- Lange und störungsfreie Dauer bis zum eigenmächtigen Ferienbezug
- Geschätzter Mitarbeiter
- Eigenmächtiger Ferienbezug aus gesundheitlichen Gründen
- Arbeitgeber hätte den Arbeitnehmer vor einer fristlosen Entlassung zur Einreichung eines Arbeitszeugnisses auffordern und dem Arbeitnehmer für den Unterlassungsfall seine fristlose Entlassung androhen sollen
- Das Bundesgericht hat bereits erwogen, dass in folgenden Fällen keine „besonderen Umstände“ vorliegen, die zu einem Vertrauensverlust führen:
- Umstände auf Arbeitnehmerseite
- Für sich allein betrachtet, sind Umstände der hievor genannten Art bedeutungslos, wenn sich der Arbeitgeber im Umgang mit den Ferienrechten der Arbeitnehmer keine oder nur geringfügige Versäumnisse zuschulden kommen lässt.
- Umstände auf Arbeitgeberseite
Fazit
Der Arbeitgeber hat das Feriengesuch des Arbeitnehmers sorgfältig auf die Vereinbarkeit mit den Betriebsinteressen zu prüfen und ihm seine Ablehnung rechtzeitig und unmissverständlich mitzuteilen.
Lässt der Arbeitnehmer trotzdessen erkennen, dass er sich der Ferienverweigerung nicht beugen will, hat ihn der Arbeitgeber deswegen unverzüglich abzumahnen und ihm für den Widerhandlungsfall die fristlose Kündigung anzudrohen.
Dabei gilt im Softbereich folgendes zu beachten:
- Vorgehensentscheid nach Abbau der Emotionen
- Wer bereit zu einem eigenmächtigen Ferienbezug ist, der hat sich innerlich bis zu einem gewissen Grad ohnehin von Stelle und / oder Arbeitgeber „verabschiedet“
- Dieser Fatalismus legt den Schluss nahe, dass auch seine Bereitschaft zu einer strittigen Auseinandersetzung in der Ferien- und Kündigungssache vorhanden ist (Arbeitsstreitigkeit).
Daher:
Arbeitgebern in einer solchen Situation ist daher zur Vermeidung der „Umstände-Diskussion“ und zur Verhinderung des Vorwurfs einer missbräuchlichen fristlosen Kündigung mit ihrem finanziellen Risiko zu empfehlen, dem Mitarbeiter ordentlich zu kündigen und ihn ggf. freizustellen.
Quelle
LawMedia-Redaktionsteam