Ausgangslage
Aus den vorstehenden Ausführungen ist zusammenzufassen:
- Ferienbestimmungsrecht des Arbeitgebers
- Der Arbeitgeber hat das Recht und die Verantwortung den Ferienbezug festzulegen und dafür Sorge zu tragen, dass der Arbeitnehmer (im laufenden Dienstjahr) die Ferien bezieht.
- Vgl. Ferien-Zeitpunkt: Ferienbestimmungsrecht bei Arbeitgeber
- Rücksichtnahme des Arbeitgebers auf die Wünsche und Bedürfnisse des Arbeitnehmers
- Rechtsmissbrauch durch den Arbeitgeber (ZGB 2)?
Nichteinigung über den Ferienbezug
Arbeitgeber
Der Arbeitgeber hat seine Ablehnung des Feriengesuchs dem Arbeitnehmer rechtzeitig und unmissverständlich mitzuteilen. Die Herstellung eines Mitteilungsnachweises ist zu empfehlen.
Lässt der Arbeitnehmer erkennen, dass er eine berechtigte Ferienverweigerung nicht akzeptieren und dennoch Ferien machen will, hat ihn der Arbeitgeber unverzüglich abzumahnen und ihm für den Widerhandlungsfall die fristlose Entlassung anzudrohen.
Für den Fall des eigenmächtigen Ferienbezugs durch den Arbeitnehmer sollte der Arbeitgeber berücksichtigen:
- Grundsatz
- Eine eigenmächtiger Ferienbezug durch den Arbeitnehmer trotz abschlägigen Arbeitgeberentscheids macht in der Regel eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar und rechtfertigt eine fristlose Kündigung, sofern und soweit „keine besonderen Umstände“ vorliegen (siehe nachfolgend)
- Keine besonderen Umstände
- Definition
- Keine besonderen Umstände = Arbeitgeber begeht bei der Handhabung der Ferienrechte der Arbeitnehmer keine oder nur geringe Versäumnisse
- Folgen von „besonderen Umständen“
- Eine fristlose Kündigung ist nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nur dann zulässig, wenn „keine besonderen Umstände“ vorliegen, die die Vertrauensbeeinträchtigung durch den unerlaubten Ferienbezug als nicht oder nicht schwerwiegend erscheinen lassen
- Beispiele für „besondere Umstände“
- Rechtzeitig angefragter Arbeitgeber trägt den legitimen Ferienwünschen des Arbeitnehmers, obwohl dadurch die Betriebsinteressen kaum beeinträchtigt werden, keine Rechnung (fristlose Kündigung nicht gerechtfertigt)
- Versäumnisse des Arbeitgebers im Umgang mit den Ferienrechten des Arbeitnehmers
- Fehlende Ferienkontrolle und Usanz, dass Arbeitnehmer angetretene Ferien informell verlängern konnten
- Unklares Feriengewährungsverhalten des Arbeitgebers (Bewilligung, zweimalige zeitliche Umplatzierung etc.) mit Folgen für den Arbeitnehmer (ohne Stornokosten hätten gebuchte Ferien nicht rückgängig gemacht werden können)
- Eigenmächtiger Ferienbezug aus gesundheitlichen Gründen, unter glaubhafter Mitteilung an den Arbeitgeber (Arbeitgeber hätte den Arbeitnehmer zur Vorlage eines Arztzeugnisses auffordern und im Unterlassungsfalle die sofortige Kündigung androhen sollen)
- Vorankündigung des eigenmächtigen Ferienbezugs, ohne dass Arbeitgeber reagierte
- Lange dauerndes, störungsfreies Arbeitsverhältnis
- Geschätzter Mitarbeiter
- Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse
- Oft ziehen die Arbeitsgerichte die konkreten Verhältnisse zwischen den Mitarbeitern und dem Arbeitgeber heran, um „besondere Umstände“ beurteilen zu können
- Definition
- Anwendung einer milderen Massnahme
- Emotionen wegnehmen und nicht übermässig, sondern verhältnismässig reagieren
- Die Anwendung der fristlosen Kündigung als ultima ratio dürfte – weil der Mitarbeiter, der sich ohnehin im Recht sieht, „Gerechtigkeit erreichen will“ – aller Voraussicht zu einer nicht erstrebenswerten Arbeitsstreitigkeit führen (ev. Einbezug von Arbeitskollegen, Publizität und Anwendung anderer Druckmittel)
- Es ist der Ball tief zu halten und nicht unbedingt diesen einzelnen Fall für die drakonische Massnahme einzusetzen
- Bei einem Mitarbeiter, der sich zu einem eigenmächtigen Ferienbezug (statt einfach später die Stelle zu wechseln) hinreisen lässt, wird eh das Vertrauensverhältnis zum Arbeitgeber gestört sein und die Absicht bestehen, seinen Arbeitgeber vor den Kollegen bloss zu stellen
- Die Anwendung der fristlosen Kündigung als ultima ratio dürfte – weil der Mitarbeiter, der sich ohnehin im Recht sieht, „Gerechtigkeit erreichen will“ – aller Voraussicht zu einer nicht erstrebenswerten Arbeitsstreitigkeit führen (ev. Einbezug von Arbeitskollegen, Publizität und Anwendung anderer Druckmittel)
- Verwarnung des Arbeitnehmers
- Ordentliche Kündigung (mit oder ohne Freistellung)
- Vorteile einer milderen Massnahme
- Vorteile der Anwendung einer milderen Massnahme sind, dass weitere, zeitnahe Arbeitspflichtverletzungen und das Gesamtverhalten des Arbeitnehmers als Kündigungsbegründung miteinbezogen werden können
- Emotionen wegnehmen und nicht übermässig, sondern verhältnismässig reagieren
Arbeitnehmer
Bei Nichteinigung über den Ferienbezug hat der Arbeitnehmer folgende Möglichkeiten:
- Ablehnung des Ferienbezugs
- Ferienfestlegung ohne gegebene Voraussetzungen
- Unzumutbar kurzfristige Ferien-Bekanntgabe
- Viele nur tageweise Ferien-Bezüge
- Nicht damit einverstandener Arbeitnehmer kann wie folgt vorgehen:
- Arbeitsangebot an den Arbeitgeber
- Arbeitgeber nimmt Arbeitsangebot an
- Thema Ferien ist bis zum nächsten Ferien-Antrag erledigt
- Arbeitgeber lehnt Arbeitsangebot ab
- Annahmeverzug des Arbeitgebers
- Individuelle Arbeitgeber-Reaktion (nicht im Voraus absehbar [Akzept, Verwarnung, ordentliche Kündigung oder fristlose Kündigung etc.])
- Ferienanspruch bleibt erhalten
- Ferienfestlegung ohne gegebene Voraussetzungen
- Eigenmächtiger Ferienbezug
- Generell
- Arbeitgeber unterlässt es überhaupt, Ferien festzulegen
- Fristansetzung an den Arbeitgeber durch den Arbeitnehmer
- Zulässigkeit der Anrufung des Richters
- Im Einzelfall
- Arbeitgeber weigert sich
- trotz ausdrücklicher Aufforderung Ferien zu gewähren
- obwohl er trotz betrieblicher Interessen das Feriengesuch gutheissen könnte
- Ferien in der gesetzlich vorgesehenen Form zu gewähren
- Nicht damit einverstandener Arbeitnehmer
- Fristansetzung an den Arbeitgeber durch den Arbeitnehmer
- Zulässigkeit der Anrufung des Richters
- Rechtzeitige Ankündigung des eigenmächtigen Ferienbezugs, durch den Arbeitnehmer an den Arbeitgeber
- Fristansetzung an den Arbeitgeber durch den Arbeitnehmer
- Risiko für den Arbeitnehmer
- Eigenmächtiger Ferienbezug
- wird als grober Verstoss gegen die vertraglichen Pflichten des Arbeitnehmers gewertet
- bildet Grund für eine fristlose Kündigung
- Fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber
- Schadenersatzpflicht des Arbeitnehmers
- Eigenmächtiger Ferienbezug
- Arbeitgeber weigert sich
- Generell
Weiterführende Informationen
- Fristlose Kündigung
- Schadenersatzpflicht
- vgl. SAE 2003, 93 (AGer Locarno)
- Eigenmächtiger Ferienbezug / Auseinandersetzung
-
- In der Regel wird erst beim Streit über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Anrufung des Richters bekannt, ob der Arbeitgeber die Feriengewährung zu Recht verweigern durfte nicht.
- Von einem eigenmächtigen Ferienbezug ist jedem Arbeitnehmer abzuraten.
- Gerichtspraxis
- Schutz des eigenmächtigen Ferienbezugs
- BGE in JAR 2001, 222
- Verneinung des Rechts zum eigenmächtigen Ferienbezug
- Schutz des eigenmächtigen Ferienbezugs