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Autorecht

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Rückruf des Fahrzeugs

Rechtsgebiet:
Autorecht
Stichworte:
Autorecht
Autor:
Bürgi Nägeli Rechtsanwälte
Herausgeber:
Verlag:
LAWMEDIA AG

Einleitung

Autos sind hoch komplexe technische Produkte. Trotz Hersteller-Sorgfalt können bei der Fahrzeugproduktion Mängel auftreten, die die Verkehrssicherheit gefährden oder hohe Kosten verursachen. Produktbeobachtung und Rückmeldungen von den Vertragshändlern bzw. deren Werkstätten können dazu führen, dass Fahrzeuge mit Fehlern oder mit Mängelanzeichen in die Markenvertretungen zurückgerufen werden müssen (= sog. „Fahrzeugrückruf“ oder „Autorückruf“).

Weiterführende Informationen

  • Exposé I vom 23.03.2001: Produkterückruf im schweizerischen Motorfahrzeughandel Dr. iur. Marc Kaeslin, Rechtsanwalt, Luzern
  • Exposé II vom November 2002: Rückruf von Personenwagen und Kostentragung Dr. iur. Vito Roberto, Professor an der Universität St. Gallen und Rechtsanwalt in Zürich

Für Produktionsfehler und Auto-Rückrufe ist folgendes zu beachten:

Rückrufinfos bei Auto-Schweiz

Die Vereinigung Schweizer Automobil-Importeure (auto schweiz / auto suisse) führt eine Datenbank über die auf freiwilliger Basis gemeldeten Rückrufaktionen der Autoimporteure:

  • Marke
  • Modell
  • Status
    • Aktuelle Rückrufe
    • Abgeschlossene Rückrufe

Rückruf-Auslöser

Rückruf durch Hersteller / Importeur

Im Regelfall ruft der Autohersteller oder sein Importeur die Fahrzeuge eines bestimmten, problembehafteten Autotyps in die Werkstätten zurück.

Die Rückrufe können bei der Vereinigung Schweizer Automobil-Importeure (Auto-Schweiz) nachgesehen werden:

Rückruf durch ASTRA

Das Bundesamt für Strassen (ASTRA) soll gemäss Medienmitteilung vom 08.01.2009 die Möglichkeit erhalten, aus eigener Initiative via Importeure Rückrufaktionen zu lancieren, wenn an einem Fahrzeugtyp sicherheits- und emissions-relevante Mängel auftreten.

Händler-Rückruf

Nachfolgend sollen die Grundlagen und die (Kosten-)Folgen der Händler-Aufforderung zum Garagenbesuch kurz beleuchtet werden:

  • Grundlagen
    • Sachgewährleistung (OR 197 ff.) mit den Optionen:
      • Fahrzeugrückgabe (Wandelung; OR 205 ff.)
      • Kaufpreisteilrückerstattung im Umfange des Minderwertes (Minderung, OR 205 ff.)
      • Ersatz bei Neuwagen durch ein anderes Fahrzeug (Nachlieferung, OR 206)
      • zusätzlich ggf.
        • Anspruch auf Schadenersatz (OR 208 Abs. 2 und 3 sowie OR 97)
    • Nachbesserung?
      • Sofern und soweit nicht vertraglich verabredet, hat der Käufer mangels gesetzlicher Grundlage keinen Mängelbehebungsanspruch (Nachbesserung)
  • Rückrufspflicht des Händlers?
    • Grundsatz
      • Das schweizerische Recht kennt keine „Rückrufspflicht“
    • Ausnahme
      • Meldepflicht als Ausfluss des allg. Gefahrensatzes
  • Kosten- und Schadenersatzpflicht des Händlers
    • Mängelbehebung durch Vertragshändler
      • Vorlage „Kundenbrief“ (Rückrufschreiben)
      • Mängelbehebung vor Erhalt des Kundenbriefes + Autokäufer musste die Mängel- und Instandsetzungskosten bezahlen
        • Importeur sollte dem Autokäufer gegen Vorlage von Kundenbrief und Rechnungs- bzw. Zahlungsbeleg die Kosten entschädigen
    • Mängelbehebung durch Werkstätte ohne Vertragshändlerstatus
      • Ziel
        • Gleichbehandlung Mängelbehebung bei Vertragshändler (siehe oben)
      • Aufarbeitung
        • Klarifizierung und Behebungskontrolle bei Markenhändler
    • Sicherheits- und emissionsrelevante Rückrufe
      • Sicherheits- und emissions-indizierte Mängelbehebungen und Instandsetzungen müssen zwingend ohne Kosten für den Autokonsumenten durchgeführt werden (im Falle eines Rückrufes nach TGV 26 hat der für die Typengenehmigung registrierte Importeur die Kosten zu tragen)
    • Mängelbehebungen und Instandsetzungen nach Ablauf der Garantiefrist
      • Hersteller oder Importeur können die Kosten einer rückrufbedingten Mängelbehebung nach Garantieablauf auf freiwilliger Basis übernehmen (= Kulanz)

Hersteller-Rückruf

Auch beim Direkt-Rückruf durch den Hersteller stellen sich die Fragen nach den Grundlagen und den (Kosten-)Folgen des „Rückrufs“:

  • Ausgangslage
    • Kein Hersteller-Autoverkauf
      • Hersteller, der das Fahrzeug nicht direkt an den Autokäufer verkaufte
    • Ausservertragliche Haftung (Deliktsrecht)
      • Ansprüche des Autokäufers nur aus ausservertraglicher Haftpflicht, ev. „Sippenhaftung“, zB infolge Täuschung
    • Sicherungspflicht des Herstellers
      • Sicherungspflicht, kraft Produktbeobachtung nach der Markteinführung, v.a. bei
        • Konstruktionsfehlern
        • Fabrikationsfehlern
        • Instruktionsfehlern
        • ev. Produktebeobachtungsfehlern
  • Grundlagen
    • OR 41 ff.
    • OR 55 (Produzentenhaftung betreffend)
    • Produktehaftungsgesetz (PrHG)
  • Rückrufspflicht des Herstellers
    • aus Produktehaftpflicht-Gründen
    • aus Produzentenhaftung-Gründen
  • Kosten- und Schadenersatzpflicht des Herstellers
    • Produktehaftung
      • Hersteller haftet nur für Schäden, die aus dem Produkt selbst entstehen (PrHG 1 Abs. 2)
    • Produzentenhaftung
      • Keine Haftung des Herstellers für die mit dem Rückruf verbundenen Kosten
      • Schadenersatzpflicht des Herstellers für die aufgrund eines mangelhaften Fahrzeugs entstandenen Personen- oder Sachschäden
  • Rückruf als Haftungsprävention
    • Zur Vermeidung der Schadenereignisse und der daraus resultierenden Schadenersatzfolgen veranlassen die Hersteller meistens unaufgefordert die Fahrzeugrückrufe (sog. „Rückrufaktionen“)

Weiterführende Informationen

  • EU-Recht
    • Produktehaftungsrichtlinie
    • Richtlinie über die allgemeine Produktesicherheit
    • Richtlinie zu Aspekten des Verbrauchergüterverkaufs

Rasche Behebung

Da mangelhafte Fahrzeuge die Verkehrssicherheit gefährden und / oder hohe Kosten verursachen können, sollten Fahrzeugbesitzer den Rückrufaktionen des Herstellers oder seines Importeurs baldmöglichst Folge leisten.

Meistens werden die Fahrzeugbesitzer vom Hersteller oder vom Importeur über die Konsequenzen im „Kundenschreiben“ informiert.

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