Ausgangslage
Der Erblasser mit schweizerischer Staatsbürgerschaft und letztem Wohnsitz/Aufenthalt in einem EU-Mitgliedstaat hinterlässt Nachlassvermögen einzig im Wohnsitzstaat. Der Erblasser hat weder eine Zuständigkeits- noch eine Rechtswahl getroffen.
Aus schweizerischer Sicht
Aus schweizerischer Sicht sind grundsätzlich die ausländischen Gerichte/Behörden zuständig, d.h. das schweizerische Internationale Privatrecht (IPRG) sieht im Grundsatz keine schweizerische Zuständigkeit vor.
Ausnahmsweise werden jedoch die schweizerischen Gerichte/Behörden am schweizerischen Heimatort des Erblassers zuständig, sofern und soweit sich die ausländischen Gerichte/Behörden mit dem ausländischen Nachlass nicht befassen (IPRG 87 Abs. 1). Diesfalls wenden sie schweizerisches (Heimat-)Erbrecht (Erbstatut) und schweizerisches Verfahrensrecht (Eröffnungsstatut) an (IPRG 91 Abs. 2). Auch hier wird eine allfällige Zuständigkeit der Gerichte/Behörden des EU-Mitgliedstaates für dort gelegene Grundstücke akzeptiert (IPRG 86 Abs. 2).
Aus EU-Sicht*
* Gilt nicht für Grossbritannien, Irland und Dänemark. Diese Staaten sind der Europäischen Erbrechtsverordnung nicht beigetreten und gelten daher aus international-erbrechtlicher Sicht der EU (wie die Schweiz) als Dritt- bzw. Non-EU-Staaten.
Aus EU-Sicht sind (für sämtliche Nachlässe ab 17.08.2015) für das ganze Vermögen im EU-Mitgliedstaat die Gerichte/Behörden des EU-Mitgliedstaates, in welchem der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte, zuständig (EuErbVO 4). Diese wenden ihr eigenes innerstaatliche Erbrecht (Erbstatut) und Verfahrensrecht (Eröffnungsstatut) an (EuErbVO 21).
Ergebnis
Es kommt in aller Regel zu keinem Kompetenzkonflikt. Dass sich sodann ein EU-Mitgliedstaat mit dem Nachlass des Auslandschweizers nicht befassen sollte, womit sich eine subsidiäre Zuständigkeit der schweizerischen Behörden/Gerichte ergeben würde, dürfte eine Ausnahme bilden. Dennoch kann im konkreten Fall eine Nachlassplanung angezeigt sein.