Die Strafantragsberechtigung des Vermieters hängt von der konkreten Konstellation ab:
- Bestehendes Mietverhältnis
- Im Rahmen eines Mietverhältnisses und fraglicher Anwesenheitsberechtigung einer Drittperson ist ausschliesslich der Mieter strafantragsberechtigt.
- Subsidiaritätsgrundsatz
- Der „Grundsatz der Subsidiarität des Strafrechts“ gemäss (präzisierter) bundesgerichtlicher Rechtsprechung findet einzig im Verhältnis zwischen Vermietern und deren aktuellen oder früheren Mietern Anwendung, gegenüber Dritten ohne ein vom originären Mietverhältnis gedecktes Gebrauchsrecht hingegen nicht (vgl. BGE 146 IV 320, Erw. 2.4, Abs. 3).
- Dies gilt unabhängig davon, ob die geschützten Räume nach einem beendeten Mietverhältnis geräumt werden.
- Nicht geräumtes Mietobjekt
- Die unterbliebene Räumung des Mietobjekts trotz Beendigung des Mietverhältnisses steht dem Strafantragsrecht der Eigentümerin nicht entgegen.
- Ein Eigentümer kann seine Verfügungsgewalt über die geschützten Räume als Vermieter im Rahmen der Vertragsfreiheit und zweiseitigen Rechtsbeziehung mit einem Mieter zwar vertraglich beschränken; er tut dies jedoch bloss diesem gegenüber.
- Dingliche Rechte des Eigentümers
- Der Eigentümer hat nicht bloss obligatorische Rechte gegenüber bestimmten Personen, sondern ein dingliches Recht, das als absolutes Recht gegenüber jedermann wirkt (vgl. ZGB 641).
- Wirkungseinschränkung des Strafantragsrechts zum Hausfriedensbruch
- Der Tatbestand des Hausfriedensbruchs soll lediglich die Durchsetzung der zivilrechtlichen Ansprüche eines Vermieters nicht erleichtern.
- Kein bestehendes Mietverhältnis
- Gegenüber Drittpersonen stehen einem geschädigten Vermieter vertragliche Ansprüche gerade nicht zur Verfügung, weshalb es ihm auf diese bezogen unbenommen bleibt, nach Beendigung des Mietverhältnisses und bei fehlender Räumung der Mietsache durch den früheren Mieter – welcher die Mietsache physisch bereits verlassen hat – gegenüber dem Dritten auf die Strafbestimmung gemäss StGB 186 zurückzugreifen.
Hausfriedensbruch
Art. 186 StGB
Wer gegen den Willen des Berechtigten in ein Haus, in eine Wohnung, in einen abgeschlossenen Raum eines Hauses oder in einen unmittelbar zu einem Hause gehörenden umfriedeten Platz, Hof oder Garten oder in einen Werkplatz unrechtmässig eindringt oder, trotz der Aufforderung eines Berechtigten, sich zu entfernen, darin verweilt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
8. Strafantrag.
Antragsrecht
Art. 30 StGB
1 Ist eine Tat nur auf Antrag strafbar, so kann jede Person, die durch sie verletzt worden ist, die Bestrafung des Täters beantragen.
2 Ist die verletzte Person handlungsunfähig, so ist ihr gesetzlicher Vertreter zum Antrag berechtigt. Steht sie unter Vormundschaft oder unter umfassender Beistandschaft, so steht das Antragsrecht auch der Erwachsenenschutzbehörde zu.20
3 Ist die verletzte Person minderjährig oder steht sie unter umfassender Beistandschaft, so ist auch sie zum Antrag berechtigt, wenn sie urteilsfähig ist.21
4 Stirbt die verletzte Person, ohne dass sie den Strafantrag gestellt oder auf den Strafantrag ausdrücklich verzichtet hat, so steht das Antragsrecht jedem Angehörigen zu.
5 Hat eine antragsberechtigte Person ausdrücklich auf den Antrag verzichtet, so ist ihr Verzicht endgültig.
20 Fassung des zweiten Satzes gemäss Anhang Ziff. 14 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Personenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 (AS 2011 725; BBl 2006 7001).
21 Fassung gemäss Anhang Ziff. 14 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Personenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 (AS 2011 725; BBl 2006 7001).
Literatur
- DELNON / RÜDI, in: Basler Kommentar, Strafrecht, Bd. II, 4. Aufl. 2019, N. 6 zu Art. 186 StGB
Judikatur
- BGE 146 IV 320 ff.
- BGE 146 IV 320, Erw. 2.4, Abs. 3 (Präzisierung des Subsidiaritätsgrundsatzes)
- BGE 118 IV 167, Erw. 3b