Grundsätzliches
OR Werkvertrag
- Grundlagen
- Prüfungspflicht (Obliegenheiten des Bauherrn)
- Prüfung nach Werkablieferung, sobald es nach dem üblichen Geschäftsgang tunlich ist
- Anzeigepflicht (Obliegenheiten des Bauherrn)
- Mitteilung allfälliger Mängel an den Unternehmer (Mängelrüge), und zwar sofort (Sofortigkeitserfordernis):
- offene, schon im Zeitpunkt der Werkablieferung erkennbare Mängel
- bei Werkablieferung noch nicht erkennbare, später entdeckte (geheime) Mängel
- Inhalt
- Mängelrüge muss zu erkennen geben,
- dass der Bauherr das Werk nicht als vertragsgemäss anerkennen will
- dass der Bauherr den Unternehmer haftbar machen will
- Substantiierung der Mängel
- Eine bloss pauschale Mängelrüge ist nicht ausreichend
- Die Mängel sind genügend substantiiert zu bezeichnen
- Mängelrüge muss zu erkennen geben,
- Formfreiheit der Mängelrüge
- Mündlich, auch konkludent
- Keine Empfangsbedürftigkeit, keine Annahmebedürftigkeit
- De Mängelrüge ist weder empfangs-, noch annahmebedürftig; der Unternehmer trät das Verlust- und Verzögerungsrisiko, nach rechtzeitiger Absendung bzw. Postaufgabe durch den Bauherrn
- Aus Beweisgründen schriftlich/eingeschrieben empfehlenswert
- Rechtsfolge
- Grundsatz
- Eine unzureichende oder nicht rechtzeitige Mängelrüge hat die unwiderlegbare Vermutung der Werkgenehmigung (Fiktion) zur Folge (vgl. OR 370 Abs. 2 und 3)
- Ausnahme
- Keine Mängelrechte-Verwirkung bezüglich der absichtlich verschwiegenen Mängel (vgl. OR 370 Abs. 1)
- Grundsatz
- Mitteilung allfälliger Mängel an den Unternehmer (Mängelrüge), und zwar sofort (Sofortigkeitserfordernis):
SIA-Werkvertrag
- Grundlage
- Art. 172 ff. SIA-Norm 118
- Prüfungspflicht (Obliegenheit des Bauherrn)
- Prüfung des Werks
- Rügeordnung (Obliegenheit des Bauherrn)
- Garantiefrist von 2 Jahren, berechnet ab Werkabnahme
- Bauherr kann während dieser Garantiefrist Mängel aller Art rügen
- Mängelrüge muss – im Gegensatz zum OR-Werkvertrag – nicht sofort erfolgen
- Grundsatz
- Unternehmer-Haftung entfällt nur in folgenden Fällen:
- Bei gemeinsamer Prüfung erkannte bzw. offensichtlich, aber nicht gerügte Mängel (vgl. Art. 163 Abs. 1 und 2 SIA-Norm 118)
- Während der 2-jährigen Rügefrist erkannte, offensichtlich zutage getrennte oder erkennbare, aber nicht gerügte Mängel (vgl. Art. 178 Abs. 1 und 2 SIA-Norm 118; Art. 179 Abs. 3 und 4 SIA-Norm 118)
- Unternehmer-Haftung entfällt nur in folgenden Fällen:
- Ausnahme
- Vorbehalten bleiben während 2-jährige Rügefrist erkennbare, aber absichtlich verschwiegene Mängel (Art. 179 Abs. 3 und 4 SIA-Norm); für sie haftet der Unternehmer wie für die erst nach Ablauf der 2-jährigen Garantie entdeckten (verdeckten) Mängel
- Garantie nach Ablauf der 2-jährigen Rügefrist
- Grundsatz
- SIA-Rügeordnung identisch wie die gesetzliche Mängelrüge-Ordnung von OR 367 Abs. 1 bzw. OR 370 Abs. 3
- Sofortigkeit
- Für (verdeckte) Mängel, die der Bauherr erst nach Ablauf der 2-jährigen Garantiefrist entdeckt, haftet der Unternehmer lediglich, wenn diese vom Bauherrn sofort nach Entdeckung gerügt worden sind (Art. 179 Abs. 1 und 2 SIA-Norm 118)
- Grundsatz
- Garantiefrist von 2 Jahren, berechnet ab Werkabnahme
- Inhalt
- siehe oben
- Form
- siehe oben
- Empfang
- siehe oben
- Rechtsfolge
- siehe oben
Mängelrüge-Erklärung bzw. -Inhalt
Grundsätzliches
- Einrede(n)
- Für Erklärung, Inhalt und Substantiierung gilt die Dispositionsmaxime, d.h. wenn der Unternehmer nicht die entsprechende(n) Einrede(n) erhebt, hat das Gericht diese Voraussetzungen nicht von Amtes wegen zu beachten
Ausgangslage
- Streit darüber, ob, wie und gegenüber wem gerügt wurde bzw., ob die Substantiierung der Mängelrüge ausreichend ist
Beweislast für Erklärung und Inhalt
- Bauherr
Zugang der Mängelrüge
Grundsätzliches
- Bauherr trifft wie eingangs erwähnt, nur die Absendungs-/Aufgabe-Beweislast
Ausgangslage
- Streit über Zustellung bzw. Zugang der Mängelrüge
Beweislast für Absendung / Aufgabe
- Bauherr
Beweislast für Zustellung / Empfang
- Unternehmer
Rechtzeitigkeit der Mängelrüge
Grundsätzliches
- Rechtsprechung
- Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung hat der Unternehmer die Verspätungseinrede zu erheben; er trägt damit die Behauptungslast für die Werkgenehmigung infolge verspäteter Mängelrüge
- Laut BGer keine Berücksichtigung der Verwirkung von Amtes wegen
- Normalerweise trifft die Behauptungs- und Beweislast die gleiche Partei; hier wird – obwohl die Behauptungslast dem Unternehmer zugeordnet wird – die Beweislast über die Rechtzeitigkeit der Mängelrüge dem Bauherrn zu
- In der Lehre ist diese Rechtsprechung der Spaltung von Behauptungs- und Beweislast umstritten
- Der Bauherr muss u.E. die dem Beweisverfahren vorausgehenden Behauptungs- und Substantiierungs-Obliegenheiten ebenfalls erfüllen, damit er überhaupt zum Beweis zugelassen wird
- Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung hat der Unternehmer die Verspätungseinrede zu erheben; er trägt damit die Behauptungslast für die Werkgenehmigung infolge verspäteter Mängelrüge
- Einzelfallbeurteilung
- Es empfiehlt sich, die Opportunitäten aufgrund der aktuellen bzw. örtlichen Rechtsprechung im konkreten Einzelfall zu beurteilen
Ausgangslage
- Streit über die Rechtzeitigkeit der Mängelrüge
Beweislast
- Je nach Gegenstand und Behauptungspunkt der Unternehmer u/o der Bauherr
Literatur
- BÜHLER ALFRED, Von der Beweislast im Bauprozess, in: Aktuelle Probleme des privaten und öffentlichen Baurechts, Hrsg. KOLLER ALFRED, St. Gallen 1994, S. 321 ff.
Judikatur
Grundsätzliches
OR-Werkvertag
- BGE 118 II 148
- BGE 107 II 175 (Mängelrüge/Sofortigkeitserfordernis)
- SemJud 1992, S. 103 = BR 1992, Nr. 73, S. 38
SIA-Werkvertrag
- —
Mängelrüge-Erklärung bzw. -Inhalt
- BGE 107 II 176
- ZR 1975, Nr. 75, S. 231
Zugang der Mängelrüge
- —
Rechtzeitigkeit der Mängelrüge
- BGE 118 II 147
- BGE 107 II 54
- Rep 1991, S. 374 f. = BR 1993, Nr. 211, S. 101
- SemJud 1993, S. 266 = BR 1993, Nr. 212, S. 101