Da Bauprozesse sehr komplex, aufwändig und kostenintensiv sind sowie die Beweisergebnisse oft keine Klarheit erbringen, werden viele Streitigkeiten ohne Urteil durch Vergleich erledigt. Zu den vorlaufenden Vergleichsbemühungen ist zu erwähnen:
Zeitpunkt
- vorprozessual
- vor oder nach dem 2. Schriftenwechsel
- bei Handelsgerichten üblich nach dem ersten Schriftenwechsel
- gewisse Offenlegung von Schwächen eines Parteistandpunktes
- Möglichkeit zum Auskorrigieren im zweiten Schriftenwechsel
- gewisse Offenlegung von Schwächen eines Parteistandpunktes
- nach abgeschlossenem Schriftenwechsel
- nach Vorliegen des Gerichtsgutachtens (Expertise)
- bei Handelsgerichten üblich nach dem ersten Schriftenwechsel
- in weiteren Verfahrensstadien, bis zum Eintritt der Rechtskraft des Urteils
Vor- und Nachteile
- Vorteil
- Lösungsfindung vor Anfall weiterer Anwaltskosten bzw. bei meistens reduzierten Gerichtskosten
- Nachteil
- Gewisse Offenlegungen und Argumentationsweisen erlauben der Gegenpartei prozess-taktische Überlegung für den Fall einer Nichteinigung
Vorbereitung
- Sitzungsvorbereitung Parteien
- Vergleichschancen sind stark von der Sitzungsvorbereitung abhängig
- Je nach Situation keine Teilnahme von Entscheidungsträgern
- Vermeidung von Emotionen
- Kein Entscheidungszwang in der Sitzung (keine Übereilung)
- Festlegung, welche Punkte verhandelbar sind und welche nicht
- Festlegung des Zahlenmaterials
- worst case
- nice to have
- best case
- Festlegung allgemeine „Schmerzgrenze“
- Je nach Situation keine Teilnahme von Entscheidungsträgern
- Sitzungstaktisches Vorgehen
- Timeout-Planung
- zweite Sitzung nur unter den Baufachleuten
- dritte (Bereinigungs-)Sitzung Anwälte + Baufachleute
- o.ä.
- Vergleichschancen sind stark von der Sitzungsvorbereitung abhängig
- Sitzungsvorbereitung Richter / Gericht
- Ergänzungsfragen an die Parteien (richterliche Fragepflicht)
- Aktenkenntnis
- ev. Vertragsauslegung
- Kenntnis Parteibehauptungen und –standpunkte
- in tatsächlicher Hinsicht
- in rechtlicher Hinsicht
- bestrittene (relevante) Punkte (Beweisabnahme)
- unbestrittene Punkte (keine Beweisabnahme)
- Notwendigkeit eines Gerichtsgutachtens
- Vorstellung über die Prozessabwicklung
- Erstellung eines Referates für Prozesschancen-Einschätzung im Rahmen einer Referentenaudienz
- Entwicklung eines Vergleichsvorschlages
- Materieller Punkt
- Kosten- und Entschädigungsfolgen
- Höhe der Gerichtskosten bei Prozessabschreibung infolge Vergleichs
- etc.
- Entwicklung eines Vergleichsvorschlages
- Darlegungen durch den Richter für Vergleichsgespräche
- Präsentation von Vergleichsansätzen
- Zuordnung zu den jeweiligen Parteistandpunkten
- Parteien sollen in die Lage versetzt werden, die konkreten Vergleichsansätze zu beurteilen und selber für Vergleichslösungen weiter zu entwickeln
- Darlegung des Prozessfortgangs durch den Richter im Falle einer Nichteinigung
- Statement, ob Prozess entscheidungsreif oder nicht
- Milestones, auch bezüglich weiterer Kautionierungen / Gerichtskosten
- Textentwurf für eine Vergleichsvereinbarung durch Parteivertreter
- Scheitern einer materiellen Einigung
- Ernennung eines Schiedsgutachters
- Einleitung eines Mediationsverfahrens
- Suche nach Lösungen zu einem teil-gemeinsamen Vorgehen
- Festlegung der strittigen und nichtstrittigen Punkte
- Weiteres Vorgehen bei Scheitern der Vergleichsgespräche
- Mitteilung an das Gericht
- Widerruf der Prozesssistierung
- etc.
Vergleichsbereitschaft
- Darlegung Prozessstoffs durch den Richter
- Materiell-rechtliche Probleme
- Prozessuale Probleme
- Beizug Fachrichter
- bei Handelsgerichten (ZH, AG, BE, SG) üblich
- Positionen-Detaillierung als Lösungsweg
- Elementierung der Vergleichsvorschläge nach den eingeklagten einzelnen Ansprüche, die bei einer Urteilsfällung Teil einer Klagegutheissung bzw. Klageabweisung sind
- Detaillierung der Chancen und Risiken der Einzelsummen mit fortlaufender Einigung über Teilsummen soll zu einem Gesamtvergleich führen
- Zielsetzung in den Vergleichsbemühungen durch den Richter
- Klare Zielsetzung
- Aufforderung zu einer gewissen Beweglichkeit an die Parteien
- Kein Verfallen zu billigem Nachgeben gegenüber einer unerbittlich auftretenden Partei
- Achtung auf Ausgewogenheit und auf Relation zu den Prozesschancen/Prozessrisiken der Parteien
- Taktisches Gespür des Richters
- für Spannungen unter den Parteien
- Ausgleichende Argumentationsweise und Gesprächsführung
Vergleichsverhandlungen und Abschlussförderung
- Rollende Lösungssuche
- Parteien nicht vor einem Vergleich gehen lassen, ausser bei Aussichtslosigkeit, eine Einigung zu erzielen
- Gewährung von Rücksprache mit dem Entscheidungsträger im Rahmen eines Timeouts
- Vergleich unter Widerrufsvorbehalt
Weiterführende Informationen
- Prozessvergleich | prozessvergleich.ch
- Chicago Vergleich
Bürgi Nägeli Rechtsanwälte
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