Wie unter «Besteuerung der Erbengemeinschaft?» erläutert, ist jeder einzelne Erbe nach Massgabe seiner Erbquote anteilsmässig steuerpflichtig, und zwar sowohl in Bezug auf Einkommenssteuern als auch hinsichtlich der Vermögenssteuer:
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Tod eines Selbständigerwerbenden
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Geschäftsvermögen
- Mit dem Tod des selbständigerwerbenden Unternehmers endet zwar seine Steuerpflicht
- Übergang des Unternehmens infolge Universalsukzession mit Aktiven und Passiven auf die Erben
- Es erfolgt aber keine automatische Liquidation des Geschäftsvermögens, und zwar
- nicht eine echte Liquidation,
- noch eine steuersystematische Realisation
- Also: Kein Realisierungstatbestand
- Vgl. RICHNER FELIX / FREI WALTER / KAUFMANN STEFAN / MEUTER HANS ULRICH, a.a.O., Rz 56 ff. zu Art. 18 DBG
- Sofern die Erben das bisherige Geschäftsvermögen übernehmen, werden sie zu Selbständigerwerbenden und es endet die vom Erblasser begonnene selbständige Erwerbstätigkeit erst mit der Geschäftsaufgabe der Erben (Erfordernis des Willensaktes der Erben zur Geschäftsliquidation)
- Vgl. RICHNER FELIX / FREI WALTER / KAUFMANN STEFAN / MEUTER HANS ULRICH, a.a.O., Rz 55 ff. zu Art. 18 DBG, Rz 31 + Rz 31 zu Art. 18a DBG sowie Rz 57 zu Art. 41 DBG
- Mit dem Tod des selbständigerwerbenden Unternehmers endet zwar seine Steuerpflicht
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Erbteilung eines Geschäftsbetriebes
- Allgemeines
- Die Erben haben die Wahl, ob sie das geerbte Unternehmen gemeinsam oder durch einzelne Erben weiterführen wollen
- Mehrere Erben haben ein Einzelunternehmen übernommen und kommt es zu einer Erbteilung, realisieren die ausscheidenden Erben im Umfange ihres Erbanteils am Unternehmen stille Reserven
- Vgl. im Einzelnen RICHNER FELIX / FREI WALTER / KAUFMANN STEFAN / MEUTER HANS ULRICH, a.a.O., Rz 56 zu Art. 18 DBG)
- Steueraufschub nach DBG 18a Abs. 3
- Seit dem 01.01.2011 kann der übernehmende Erbe ein Gesuch um Steueraufschub stellen, damit die aus dem Unternehmen ausscheidenden Erben – unabhängig von der Höhe ihrer Abfindung – keine stillen Reserven realisieren und keine Unternehmenssteuerfolgen zu tragen haben
- Weiterführung bisheriger Einkommenssteuerwerte
- Steueraufschub bewirkt, dass der das Unternehmen weiterführende Erben auf den stillen Reserven eine latente Steuerlast übernimmt; Berücksichtigung der latenten Steuerlast bei Festsetzung des Teilungswerts (wie bei Immobilien, dort 50 : 50)
- Vgl. im Einzelnen RICHNER FELIX / FREI WALTER / KAUFMANN STEFAN / MEUTER HANS ULRICH, a.a.O., Rz 32 zu Art. 18a DBG
- Seit dem 01.01.2011 kann der übernehmende Erbe ein Gesuch um Steueraufschub stellen, damit die aus dem Unternehmen ausscheidenden Erben – unabhängig von der Höhe ihrer Abfindung – keine stillen Reserven realisieren und keine Unternehmenssteuerfolgen zu tragen haben
- Erbteilung mit Realisation stiller Reserven
- Der Austritt der übrigen Erben kann – je nach den Umständen des konkreten Einzelfalls – für den weiterführenden Erben und sein Unternehmen von Vorteil sein:
- Die Realisation stiller Reserven im Rahmen einer Erbteilung kann dazu führen, dass dem weiterhin tätigen Erben ein höheres Abschreibungspotential zur Verfügung steht
- Der Austritt der übrigen Erben kann – je nach den Umständen des konkreten Einzelfalls – für den weiterführenden Erben und sein Unternehmen von Vorteil sein:
- Allgemeines
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Veräusserung des Geschäfts an einen Dritten
- Bei einer Veräusserung des Unternehmens an einen Dritten wird jeder Erbe für den dabei erzielten Liquidationsgewinn nach Massgabe seines Erbanteils steuerpflichtig
- Vgl. im Einzelnen RICHNER FELIX / FREI WALTER / KAUFMANN STEFAN / MEUTER HANS ULRICH, a.a.O., Rz 57 ff. zu Art. 41 DBG
- Bei einer Veräusserung des Unternehmens an einen Dritten wird jeder Erbe für den dabei erzielten Liquidationsgewinn nach Massgabe seines Erbanteils steuerpflichtig
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Erbschaft / Erbenstellung
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Erbfolge
- Vermögensanfälle infolge Erbschaft an Erben (ZGB 560) sind einkommenssteuerfrei (vgl. DBG 24)
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Weitere Vermögensanfälle mit Rechtsgrund im Erbrecht
- Einkommenssteuerfrei bleiben weitere Vermögensanfälle, nämlich:
- Entgeltlicher Erbverzicht (ZGB 495)
- Erbvertrag (ZGB 512)
- Erbvorbezug (ZGB 534)
- Schenkung auf den Todesfall
- Errichtung einer Stiftung auf den Todesfall
- Vor- und Nacherbschaft
- Grundlage / Rechtsnatur / Gemeinsamkeiten
- Erwerber hat für den Vermögensanfall keine Leistung erbracht
- Der Erwerb ist nicht aus einem andern Rechtsgrund erfolgt
- Einkommenssteuerfrei bleiben weitere Vermögensanfälle, nämlich:
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Vermächtnis
- Vermögensanfälle infolge Erbschaft an Vermächtnisnehmer (ZGB 562) sind einkommenssteuerfrei (vgl. DBG 24)
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Lebensversicherungen
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Versicherungsleistungen auf den Todesfall
- Allgemeines
- Die Sach- und Steuerlage bei Lebensversicherungen ist komplex und einzelfallabhängig
- Von Relevanz ist, ob die Leistungen aus dem Vermögen des Erblassers stammen:
- Gehörte das Kapital selbst zu dessen Vermögen?
- Hatte der Erblasser einen festen Anspruch auf die Leistungen?
- Leistungen an den Versicherungsnehmer:
- Es ist zu unterscheiden in Kapitalleistungen aus:
- rückkaufsfähigen Kapitalversicherungen (steuerfrei/DBG 24 lit. a) +
- nicht rückkaufsfähige Kapitalversicherungen (Erlebensfallversicherungen ohne Rückgewähr/ steuerbar/DBG 16 Abs. 1)
- Es ist zu unterscheiden in Kapitalleistungen aus:
- Leistungen an einen Dritten
- Entscheidend ist nach der hier vertretenen Auffassung, ob die Drittperson die Leistung gestützt auf eine Begünstigung erhält oder nicht
- «Erwirbt die Drittperson die Versicherungsleistung gestützt auf eine Begünstigung, richtet sich die Besteuerung des Vermögensanfalls nach den gleichen Grundsätzen wie bei Leistungen an den Versicherungsnehmer, da in diesem Fall der Begünstigte einen direkten Anspruch gegen den Versicherer hat (VVG 78; …)». (RICHNER FELIX / FREI WALTER / KAUFMANN STEFAN / MEUTER HANS ULRICH, a.a.O., Rz 99a zu Art. 22 DBG)
- Entscheidend ist nach der hier vertretenen Auffassung, ob die Drittperson die Leistung gestützt auf eine Begünstigung erhält oder nicht
- Abgrenzung zu DBG 23 lit. b
- Umstritten ist, ob die Leistungen aus dem Vermögen des Erblassers entstammen müssen oder nicht
- Es ergeben sich Abgrenzungsfragen von DBG 24 lit. a (Zahlungen, welche ihren Rechtsgrund haben, sind von der Steuerpflicht ausgenommen) und DBG 23 lit. b (Einkommenssteuerpflicht auf einmaligen oder wiederkehrenden Zahlungen aufgrund des Todesfalls); beide Normen betreffen Einkünfte bei Todesfällen, wobei diese einmal der Einkommenssteuer unterliegen und das andere Mal nicht
- Vgl. hiezu im Einzelnen RICHNER FELIX / FREI WALTER / KAUFMANN STEFAN / MEUTER HANS ULRICH, a.a.O., Rz 99 ff. zu Art. 22 DBG, Rz 28 zu Art. 23 DBG + Rz 9a ff. zu Art. 24 DBG
- Allgemeines
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Renten
- Beginnen Renten mit dem Tod des Erblassers zu fliessen, sind steuerbare Einkünfte im Sinne DBG 22 Abs. 3 und nicht steuerbefreite Vermögensanfälle
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Erbrechtliche Leistungen im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis
- Solche Leistungen unterstehen nur subsidiär der Erbschaftssteuer, da sie annahmeweise ihren Rechtsgrund im Arbeitsverhältnis und nicht im Erbrecht haben
- Es ist eine Einzelfallbeurteilung erforderlich
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Integritätsentschädigungen
- Zahlungen, welche anlässlich des Todesfalls bezahlt werden, sind – abgesehen von Ausnahmen – steuerbar (vgl. DBG 23 lit. b)
- Auch bei solchen Todesfall-Leistungen besteht hievor wiederholt erwähnt Abgrenzungsstreitigkeit zwischen DBG 23 lit. b und DBG 24 lit. a (Rechtsgrund: Erbrecht oder anderes Rechtsverhältnis)
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Mehrheit von Steuerpflichtigen
- Im Falle einer Mehrheit von Steuerpflichtigen wie Erben bauchen Einsprachen (und weitere Prozesshandlungen) nicht von allen Personen gemeinsam vorgenommen werden; es genügt, wenn ein Beteiligter Einsprache erhebt
- Als Parteien sind aber alle Steuerpflichtigen einzubeziehen, auch im Rubrum
- Der Entscheid wirkt gegenüber allen Steuerpflichtigen gemeinsam (vgl. auch DBG 113 Abs. 3)
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Mitwirkungspflichten
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Allgemeines
- Da der Erblasser verstorben ist, sind die Veranlagungsbehörden auf die Mitwirkung Dritter angewiesen, namentlich
- Bescheinigungen
- Auskünfte
- Meldungen
- Die Mitwirkungspflicht setzt Partei- und Prozessfähigkeit voraus
- Bei Fehlen der Prozessfähigkeit sind die Inhaber der elterlichen Sorge, der Beistand uam mitwirkungspflichtig
- Da der Erblasser verstorben ist, sind die Veranlagungsbehörden auf die Mitwirkung Dritter angewiesen, namentlich
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Personenkreis der auskunftspflichtigen Steuernachfolger
- Mitwirkungspflichtig sind auch die Steuernachfolger bzw. die Vertreter wie
- Erben (ZGB 457 ff.)
- Erbschaftsverwalter (ZGB 554 f.)
- Erbenvertreter (ZGB 602 Abs. 3)
- Willensvollstrecker (ZGB 517 f.)
- Mitwirkungspflichtig sind auch die Steuernachfolger bzw. die Vertreter wie
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Literatur
- RICHNER FELIX / FREI WALTER / KAUFMANN STEFAN / MEUTER HANS ULRICH, Handkommentar zum DBG, Zürich 2016, Rz 6 ff. zu Art. 10 DBG, Rz 55 ff zu Art. 18 DBG + Rz 7 ff. zu Art. 24 DBG
- ZWEIFEL MARTIN / BEUSCH MICHAEL / HUNZIKER SILVIA, Erbschafts- und Schenkungssteuerrecht, Basel 2020
Judikatur
- BGE 130 I 205 (zur Abgrenzung von DBG 23 lit. b zu DBG 24 lit. a)
Links
- Allgemein
- Steuereinspracheverfahren
- Verrechnungssteuer