Art. 494 ZGB
H. Erbverträge
I. Erbeinsetzungs- und Vermächtnisvertrag
1 Der Erblasser kann sich durch Erbvertrag einem andern gegenüber verpflichten, ihm oder einem Dritten seine Erbschaft oder ein Vermächtnis zu hinterlassen.
2 Er kann über sein Vermögen frei verfügen.
3 Verfügungen von Todes wegen oder Schenkungen, die mit seinen Verpflichtungen aus dem Erbvertrag nicht vereinbar sind, unterliegen jedoch der Anfechtung.
Vertragspartner
Gesetzlich explizit geregelt ist der sog. Erbeinsetzungsvertrag, womit der Erblasser einen oder mehrere Vertragspartner als Erben einsetzt (ZGB 494 I).
Als eingesetzte Erben (und damit als Vertragspartner des Erblassers) kommen grundsätzlich in Betracht:
- Natürliche Personen
- Juristische Personen (z.B. Verein, Stiftung, Aktiengesellschaft, GmbH)
- Personenmehrheit ohne eigene Rechtspersönlichkeit (z.B. Einfache Gesellschaft [OR 530 ff.], Kollektivgesellschaft [OR 522 ff.], Kommanditgesellschaft [OR 594 ff.]; Personen mit schuldvertraglichen Beziehungen, Personengruppen ohne vertraglichen Beziehungen
- Gemeinwesen
Die eingesetzten Erben bilden zusammen mit den gesetzlichen Erben eine sog. Erbengemeinschaft.
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» Weitere Informationen zur Erbengemeinschaft
Erbeinsetzung ohne Gegenleistung des Vertragspartners
Der Erbeinsetzungsvertrag kann dabei so ausgestaltet sein, dass der Vertragspartner als Erbe eingesetzt wird, ohne dass sich dieser gegenüber dem Erblasser zu einer Gegenleistung verpflichtet.
Erbeinsetzung mit Gegenleistung des Vertragspartners
Die Erbeinsetzung kann auch im Austausch zu einer Gegenleistung des Vertragspartners erfolgen. Die vereinbarte Gegenleistung kann sein:
- eine Leistung zu Lebzeiten des Vertragspartners;
- eine Leistung auf den Tod des Vertragspartners hin (= Verfügung von Todes wegen).
Spezialfall: Vor- und Nacherben-Einsetzung
Der Erblasser kann mittels Erbvertrag auch eine Vor- und Nacherben-Einsetzung vereinbaren. Der Erblasser weist dabei dem sog. Vorerben seinen Nachlass oder einen Teil davon zu, welcher von diesem zu einem späteren Zeitpunkt (i.d.R. beim Tod des Vorerben) dem sog. Nacherben weitergegeben wird. Die eingesetzten Vor- und Nacherben sind dinglich Berechtigte am Nachlass (dies im Gegensatz zum Vor- und Nachvermächtnisnehmer, welche lediglich einen obligatorischen Herausgabeanspruch gegenüber dem Vermächtnisbelasteten haben.
Hauptmotive für die Anordnung einer Vor- und Nacherben-Einsetzung sind:
- Verhinderung einer Weitervererbung der Erbschaft bzw. Erbschaftsteile an die Erben des Vorerben;
- Verringerung der Gefahr einer «Verschleuderung» des Nachlassvermögens (Sicherstellungs- und Auslieferungspflicht des Vorerben).
» Informationen zur Einsetzung von Vor- und Nacherben
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Spezialfall: Ersatzerben-Einsetzung
Mittels Erbvertrag kann auch eine Ersatzerben-Einsetzung vereinbart werden. Der Erblasser weist dabei seinen Nachlass oder einen Teil davon zwei Personen alternativ als Erbschaft zu, wobei der Ersatzberufene das Erbe erhält, für den Fall, dass der Hauptberufene als Erbe ausfällt. Im Gegensatz zum (Haupt-)Vermächtnisnehmer, bzw. Ersatzvermächtnisnehmer, welche beide bloss einen obligatorischen Herausgabeanspruch gegenüber dem Vermächtnisbelasteten erhalten, ist der (Haupt-)Erbe bzw. Ersatzerbe am Nachlass-Gegenstand dinglich berechtigt.
Ersatzverfügungs-Gründe sind insbesondere:
- Vorversterben (ZGB 487)
- Ausschlagung (ZGB 487)
- Ungültigkeit der Einsetzung des Erstberufenen (Lehre / Rechtsprechung)
- Widerruf der Einsetzung des Erstberufenen (Lehre /Rechtsprechung)
- Erbverzicht (Lehre / Rechtsprechung)
- Erbunwürdigkeit (Lehre / Rechtsprechung)
» Informationen zur Einsetzung von Ersatzerben