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Erwachsenenschutz

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Verwandtenunterstützung

Rechtsgebiet:
Erwachsenenschutz
Stichworte:
Erwachsenenschutz, Erwachsenenschutzrecht
Autor:
Bürgi Nägeli Rechtsanwälte
Herausgeber:
Verlag:
LAWMEDIA AG

Gesetzliche Grundlage

ZGB 328, 329

Ziele

Entlastung des Gemeinwesens

Da die Verwandtenunterstützungspflicht dem Sozialhilferecht vorgeht, kann die Sozialhilfe erst beansprucht werden, wenn die Geltendmachung des Anspruchs auf Verwandtenunterstützung fehlschlägt.

Abgrenzung

Unterhalt

= Verpflichtung, die Existenz eines anderen Menschen ganz oder teilweise zu sichern (persönliche und finanzielle Unterstützung)

  • Unterhaltsanspruch des Kindes gegenüber den Eltern, ZGB 276 ff.
  • Unterhalt der Familie durch die Ehegatten, ZGB 163 ff.
  • Unterhalt der Gemeinschaft durch eingetragenen Partnern, PartG 13
  • Nachehelicher Unterhalt, ZGB 125 ff.
  • Unterhalt nach Auflösung der eingetragenen Partnerschaft, PartG 34

Rechtsnatur

Unterstützungspflicht

Die Verwandtenunterstützung geht der Sozialhilfe vor.

Die Verwandtenunterstützung ist ihrerseits gegenüber der Geltendmachung der Unterhaltsansprüche subsidiär (ZGB 328 Abs. 2).

Der Berechtigte, aber auch die Sozialbehörde, kann den Anspruch auf Verwandtenunterstützung klageweise geltend machen; eine einseitige Verpflichtung der Verwandten zur Unterstützungsleistung mittels Verfügung der Sozialbehörde ist allerdings nicht möglich.

Voraussetzungen

Wer in günstigen Voraussetzungen lebt, ist gemäss ZGB 328 Abs. 1 verpflichtet, Verwandte in auf- und absteigender Linie zu unterstützen, die ohne diesen Beistand in Not geraten würden.

Voraussetzungen des Anspruchs auf Verwandtenunterstützung:

  • Pflichtige:
    • Verwandte in auf- und absteigender Linie
      • Kinder – Eltern – Grosseltern
      • Adoptivkinder – Adoptiveltern
      • NICHT:
        • Bruder / Schwester
        • Tante / Onkel
        • Neffe / Nichte
        • Cousin / Cousine
        • Schwiegereltern, Schwiegerkinder, Stiefeltern, Stiefkinder
    • Verwandtschaftsgrad unerheblich
    • Reihenfolge der Anspruchsgegner
      • = Reihenfolge der Erbberechtigung
        • Kinder
        • Eltern
        • Grosseltern
        • bei Verwandten gleichen Grades: anteilsmässige Verpflichtung
  • Notlage des Betroffenen
    • = „Wenn er sich das zum Lebensunterhalt Notwendige nicht mehr aus eigener Kraft verschaffen kann“ (BGE 106 II 287, E. 3a)
      • Arbeitsunfähigkeit
      • Mangelnde Erwerbsmöglichkeiten
      • Unzumutbarkeit der Erwerbstätigkeit
      • Nicht: böswilliges Unterlassen der Erwerbstätigkeit
    • Weitere Informationen, vgl. Notlage
  • Kein vorrangiger Unterhaltsanspruch gegen Eltern / Ehegatten / eingetragenen Partner
    • ZGB 328 Abs. 2
  • Günstige Verhältnisse des Pflichtigen
    • = aufgrund Einkommens- und Vermögenssituation Möglichkeit einer wohlhabenden Lebensführung
      • Massgebende Bemessungsgrundlage:
        • Anrechenbares Einkommen gemäss Bundessteuer zzgl. Vermögensverzehrs
        • Vgl. SKOS Richtlinien 2016:
          • Alleinstehende: mind. CHF 120‘000.-
          • Verheiratete: mind. CHF 180‘000.-
          • Zuschlag pro minderjähriges / in Ausbildung befindliches Kind: CHF 20‘000.-
    • Weitere Informationen, vgl. Günstige Verhältnisse der Verwandten

Umfang der Unterstützungspflicht

Die Verwandtenunterstützungspflicht gilt nicht unbeschränkt. Die Leistung muss zum Lebensunterhalt des Bedürftigen erforderlich und den Verhältnissen des Pflichtigen angemessen sein.

Folgende Grundsätze gelten bei der Bestimmung der Unterstützungsleistung:

  • Gesetzliche Grundlage
    • ZGB 329
  • Leistung für Lebensunterhalt des Betroffenen
  • Leistungsfähigkeit des Pflichtigen / Zumutbarkeit der Leistung für pflichtigen Verwandten
    • Üblicherweise erzielter Arbeitserwerb
    • üblicherweise erzielbarer Arbeitserwerb
    • Massgebende Bemessungsgrundlage SKOS-Richtlinien (Grundsatz):

Verwandtenunterstützung = ½ x (anrechenbares Einkommen – Pauschale gehobene Lebensführung)

    • Anrechenbares Einkommen
      • = Steuerbares Einkommen gemäss Bundessteuer abzgl. Vermögensfreibetrages und zzgl. jährlichen Vermögensverzehrs, s.o.
        • vgl. SKOS Richtlinien
    • Anrechenbare Pauschale für gehobene Lebensführung
      • 1-Personenhaushalt: CHF 10‘000.-/Monat
      • 2-Personenhaushalt: CHF 15‘000.-/Monat
      • Zuschlag pro Kind (minderj. oder in der Ausbildung) CHF 1‘700.-/Monat
      • vgl. SKOS Richtlinien, H.4
  • Grenzen der Unterstützungspflicht
    • Notbedarf des Berechtigten
      • SKOS Richtlinien
    • Gewährleistung der Existenzsicherung des pflichtigen Verwandten im Alter
    • Zeitliche Begrenzung
  • Weitere Informationen, vgl. Umfang der Verwandtenunterstützung | verwandtenunterstuetzung.ch

Literatur

  • Kälin Oliver, Das neue Erwachsenenschutzrecht – Pflegefall, Demenz und Vermögen, Dispute Resolution und ausgewählte Probleme, ST 2008, 1048 ff.

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