Begriff
- Schuldnerverzug = Es wird die noch mögliche Leistung vom Schuldner nicht rechtzeitig erbracht und wird der Schuldner vom Gläubiger gemahnt, kommt der Schuldner in Schuldnerverzug
Grundlagen
- OR 102 – 109
Verzug des Schuldners
- Durch Mahnung
- Erst durch Mahnung wird der Schuldner in Verzug gesetzt
- vgl. OR 102 Abs. 2
- Erst durch Mahnung wird der Schuldner in Verzug gesetzt
- Ohne Mahnung
- Bei einem Verfalltagsgeschäft gerät der Schuldner mit Ablauf eines bestimmten Datums automatisch in Verzug
- Dies setzt eine entsprechende Vereinbarung der Parteien voraus
- Wenn Nichtleistung des Schuldners offensichtlich ist
- Wenn Mahnung nicht zumutbar
- zB Schuldner verhindert Zustellung
- Bei einem Verfalltagsgeschäft gerät der Schuldner mit Ablauf eines bestimmten Datums automatisch in Verzug
Verzugsfolgen
- Schadenersatz und Haftung für Zufall
- Der Schuldner hat Schadenersatz wegen verspäteter Erfüllung zu leisten und haftet auch für den zufälligen Untergang der Sache
- vgl. OR 103
- Der Schuldner hat Schadenersatz wegen verspäteter Erfüllung zu leisten und haftet auch für den zufälligen Untergang der Sache
- Verzugszinsen
- Der Schuldner hat grundsätzlich Verzugszinsen in Höhe von 5% zu bezahlen
- Sind vertraglich höhere Zinsen vereinbart, können diese auch im Verzug gefordert werden
- Unter Kaufleuten gilt als Verzugszins der übliche Bankdiskonto am Zahlungsort, wenn er 5% übersteigt
- vgl. OR 104
- Gläubiger erhält Wahlrechte nach OR 107 – 109
- 1. Wahlrecht
- Der Gläubiger kann auf die Leistung des Schuldners verzichten oder daran festhalten
- 2. Wahlrecht
- Verzichtet der Gläubiger auf die Leistung, kann er entweder vom Vertrag zurücktreten und Ersatz für das negative Interesse fordern (als wäre der Vertrag nie zustande gekommen) oder am Vertrag festhalten und das positive Interesse fordern (als wäre der Vertrag ordentlich erfüllt worden)
- 3. Wahlrecht
- Hält der Gläubiger am Vertrag fest und fordert er das positive Interesse, hat er die Wahl, den Schaden nach der Austausch- oder nach der Differenztheorie zu berechnen
- 1. Wahlrecht
Nachfrist
- Grundsätzlich muss der Gläubiger dem Schuldner vor dem ersten Wahlrecht eine angemessene Nachfrist setzen
- vgl. OR 107 Abs. 1 (Verzug des Schuldners unter Fristansetzung)
- Ausnahmen
- Gemäss OR 108 (Verzug des Schuldners ohne Fristansetzung)
- wenn aus dem Verhalten des Schuldners hervorgeht, dass sie sich als unnütz erweisen würde
- wenn infolge Verzuges des Schuldners die Leistung für den Gläubiger nutzlos geworden ist
- wenn sich aus dem Vertrage die Absicht der Parteien ergibt, dass die Leistung genau zu einer bestimmten oder bis zu einer bestimmten Zeit erfolgen soll
- Gemäss OR 214 (Verzug des Schuldners im Kaufrecht)
- Rücktritt vom Vertrag ohne Fristenansetzung, wenn Käufer den Kaufpreis im Voraus zu bezahlen hat und mit dieser Zahlung in Verzug ist
- Setzt unverzügliche Meldung des Verkäufers voraus
- Gemäss OR 108 (Verzug des Schuldners ohne Fristansetzung)
Wahlrechte des Gläubigers gemäss allg. Verkaufsrecht (OR 107 – 109)
- 1. Wahlrecht:
- Gläubiger kann an der Leistung festhalten und Erfüllung verlangen
- Wirkung
- Gläubiger schuldet zusätzlich Verspätungsschaden und Verzugszinse (vgl. OR 103 Abs. 1)
- Gläubiger kann Schuldner neue Nachfrist setzen und erhält dann wieder das 1. Wahlrecht
- Dieser Ablauf kann beliebig wiederholt werden
- Wirkung
- Gläubiger kann auf Leistung verzichten
- Wirkung
- Schuldner darf nicht mehr leisten
- Gläubiger kann Erfüllung nicht mehr beanspruchen
- Es folgt 2. Wahlrecht
- Wirkung
- Gläubiger kann an der Leistung festhalten und Erfüllung verlangen
- 2. Wahlrecht:
- Der Gläubiger kann vom Vertrag zurücktreten und Schadenersatz geltend machen
- Wirkung
- Rücktritt vom Vertrag
- Schadenersatz
- Wirkung
- Gläubiger kann an Vertrag festhalten
- Wirkung
- Gläubiger muss seine vertragliche Leistung weiterhin erbringen
- Leistungspflicht des Schuldners wird zur Schadenersatzpflicht (positives Vertragsinteresse)
- Der Verkäufer ist wirtschaftlich so zu stellen, wie wenn der Vertrag richtig erfüllt worden wäre
- Insbesondere Preisdifferenz für allfälligen Deckungskauf
- Es folgt 3. Wahlrecht
- Wirkung
- Der Gläubiger kann vom Vertrag zurücktreten und Schadenersatz geltend machen
- 3. Wahlrecht:
- Hält der Gläubiger im 2. Wahlrecht am Vertrag fest, muss er die eigene Leistung noch erbringen
- Der Gläubiger hat die Wahl zwischen Austausch- oder Differenztheorie
- Vgl. BGE 123 III 16 E. 4b
- Vgl. BGE 123 III 16 E. 4b
Leistungsverweigerungsrecht des Schuldners
Der Schuldner kann seine Inverzugsetzung durch folgende Einreden verhindern:
Einrede des nicht erfüllten Vertrages
- Grundlage
- OR 82
- Voraussetzung
- Leistungspflicht der Gegenpartei
- Leistungen sind grundsätzlich gleichzeitig „Zug um Zug“ zu erfüllen
- Leistungspflicht der Gegenpartei
- Wirkung
- Wer Erfüllung der vertraglich vereinbarten Leistung fordert, muss selber bereits erfüllt haben oder die Erfüllung anbieten
- Ansonsten Einrede des nichterfüllten Vertrages möglich (vgl. OR 82)
- Wer Erfüllung der vertraglich vereinbarten Leistung fordert, muss selber bereits erfüllt haben oder die Erfüllung anbieten
- Sonderfall
- Vorleistungspflicht einer Vertragspartei
- Grundlagen der Vorleistungspflicht
- Vertrag
- Gesetz
- zB Vorleistungspflicht des Mieters (vgl. OR 257c)
- zB Vorleistungspflicht des Arbeitnehmers (vgl. OR 323)
- zB Vorleistungspflicht des Unternehmens beim Werkvertrag (vgl. OR 372)
- Wirkung
- Zurückbehalten der Leistung ist möglich bis der Vorleistungspflichtige erfüllt oder seine Leistungen anbietet
- Grundlagen der Vorleistungspflicht
- Vorleistungspflicht einer Vertragspartei
Unsicherheitseinrede
- Grundlage
- OR 83
- Voraussetzung
- Zahlungsunfähigkeit der Gegenpartei
- = Verschlechterung der Vermögenslage einer Vertragspartei
- Grund für die Annahme der Zahlungsunfähigkeit
- Konkurs
- Fruchtlose Pfändung
- Zahlungseinstellung
- Beantragung der Stundung
- Verschlechterung darf sich erst nach Vertragsschluss einstellen
- Anspruch muss durch Verschlechterung der Vermögenslage gefährdet sein
- Zahlungsunfähigkeit der Gegenpartei
- Wirkung
- Grundsatz von „Zug um Zug“ der Leistungserfüllung fällt weg
- Leistung kann zurückbehalten werden, bis Gegenleistung sichergestellt wird
Überblick über die Späterfüllung
Gesetzestexte
OR 103 B. Verzug des Schuldners / II. Wirkung / 1. Haftung für Zufall
II. Wirkung
1. Haftung für Zufall
1 Befindet sich der Schuldner im Verzuge, so hat er Schadenersatz wegen verspäteter Erfüllung zu leisten und haftet auch für den Zufall.
2 Er kann sich von dieser Haftung durch den Nachweis befreien, dass der Verzug ohne jedes Verschulden von seiner Seite eingetreten ist oder dass der Zufall auch bei rechtzeitiger Erfüllung den Gegenstand der Leistung zum Nachteile des Gläubigers betroffen hätte.
OR 104 B. Verzug des Schuldners / II. Wirkung / 2. Verzugszinse / a. Im Allgemeinen
2. Verzugszinse
a. Im Allgemeinen
1 Ist der Schuldner mit der Zahlung einer Geldschuld in Verzug, so hat er Verzugszinse zu fünf vom Hundert für das Jahr zu bezahlen, selbst wenn die vertragsmässigen Zinse weniger betragen.
2 Sind durch Vertrag höhere Zinse als fünf vom Hundert, sei es direkt, sei es durch Verabredung einer periodischen Bankprovision, ausbedungen worden, so können sie auch während des Verzuges gefordert werden.
3 Unter Kaufleuten können für die Zeit, wo der übliche Bankdiskonto am Zahlungsorte fünf vom Hundert übersteigt, die Verzugszinse zu diesem höheren Zinsfusse berechnet werden.
Literatur
- Koller Alfred, Wirksamkeitserfordernisse einer Mahnung, AJP 2004, S. 609 f.
Judikatur
- Zur Wahl zwischen Austausch- oder Differenztheorie
- BGE 123 III 16 E. 4b