Grundsatz
Die Gerichte sind an ihre eigenen Entscheide gebunden, sobald sie den Parteien eröffnet worden sind.
Das Gericht kann auf einen einmal eröffneten Entscheid nicht zurückkommen, selbst wenn der Entscheid materiell oder formell fehlerhaft sein sollte (vgl. Beschluss des Obergerichts Zürich vom 17.10.2011; ZR 111 (2012) Nr. 43).
Den Parteien bleibt nichts anderes übrig, als gegen den Entscheid ein Rechtsmittel zu erheben.
Die Bindungswirkung tritt in allen Eröffnungsvarianten ein:
- mündliche Eröffnung
- schriftliche Eröffnung (begründet)
- schriftliche Eröffnung im Dispositiv (unbegründet)
Judikatur
- BGE 142 III 695 = BGer 5A_6/2016 vom 15.09.2016 (Möglichkeit eines separaten Versands des Entscheiddispositivs (ZPO 318 Abs. 2) mit Urteilseröffnungswirkung und Unabänderbarkeitsfolge
Weiterführende Informationen
Ausnahmen
Berichtigung (Art. 334 ZPO)
Das Gericht kann auf Gesuch einer Partei oder von Amtes wegen eine Berichtigung vornehmen, wenn das Dispositiv unklar, widersprüchlich oder unvollständig ist oder Schreib oder Rechnungsfehler enthält.
Siehe im Übrigen: Weitere Rechtsmittel und Rechtsbehelfe
Freiwillige Gerichtsbarkeit
In den Fällen der freiwilligen Gerichtsbarkeit tritt keine materielle Rechtskraft ein, weshalb das Gericht bei Unrichtigkeit einer Anordnung oder geänderten Verhältnissen einen Entscheid anpassen kann (Art. 256 Abs. 2 ZPO).
Siehe im Übrigen: Summarisches Verfahren: Freiwillige Gerichtsbarkeit
Nichtige Entscheide, Nichtentscheide, wirkungslose Entscheide
Leidet ein Gerichtsentscheid an einem schweren (i.d.R. formellen) Mangel, welcher die Nichtigkeit des Entscheides zur Folge hat, ist weder das entscheidende Gericht noch irgendein anderes Gericht oder Behörde daran gebunden. Die Nichtigkeit wird allerdings nicht leicht angenommen.
Ist ein Urteil den Parteien nicht mitgeteilt worden, ist es nicht eröffnet, existiert es nicht und kann damit für die Parteien nie bindend werden. Bundesgericht hat solche Urteile als Nichturteile bezeichnet (BGE 122 I 99).
Wirkungslose Urteile treffen Anordnungen, welche im geltenden Recht nicht vorgesehen sind.
Das Gericht kann in diesen Fällen den Entscheid allerdings nicht von sich aus abändern. Die Parteien können ein Rechtsmittel ergreifen (Rechtssicherheit) oder darauf verzichten, da diese Entscheide keine Rechtskraftwirkung erzeugen können.