Wegen Willensmängeln
Eine einseitige Vertragsauflösung kommt bei Willensmängeln (OR 23 ff.) in Betracht.
- Ist ein Ehevertrag unter dem Einfluss eines Willensmangels zustande gekommen, kann er vom Ehegatten, bei dem dieser vorliegt, als für ihn unverbindlich angefochten werden.
- Mögliche Willensmängel sind:
- Irrtum (OR 23 – 26)
- Absichtliche Täuschung (OR 28)
- Furcht (Drohung) (OR 29 f.)
- Zu beachten ist, dass aufgrund Zeitablaufs eine Heilung des Willensmangels eintreten kann:
- Wenn der durch Irrtum, Täuschung oder Furcht beeinflusste Ehegatte binnen Jahresfrist weder dem andern Ehegatten eröffnet, den Vertrag nicht einzuhalten, noch eine bereits erbrachte Leistung zurückfordert, gilt der Vertrag als genehmigt (OR 31 Abs. 1).
- In den Fällen des Irrtums und der Täuschung beginne die Frist mit der Entdeckung, im Falle der Furcht mit deren Beseitigung (OR 31 Abs. 2).
- Sind die Voraussetzungen der Vertragsauflösung infolge Willensmangel gegeben und ist insbesondere die Jahresfrist eingehalten, so wirkt eine Vertragsauflösung rückwirkend (ex tunc), d.h. der Vertrag zeitigt keinerlei Wirkung und es gilt die vor Vertragsabschluss geltende Regelung.
- Da die Urkundsperson im Rahmen der öffentlichen Beurkundung des Ehevertrages sich vergewissern muss, dass die Vertragsparteien den Ehevertrag nach reiflicher Überlegung und in freiem Willen eingehen, dürfte der Nachweis eines Willensmangels in der Regel schwierig zu erbringen sein.
- Weil mit der Beendigung des Ehevertrages über die Modifikation der Errunschenschaftsbeteiligung kein Güterstandswechsel einhergeht, sondern lediglich die Errunschenschaftsbeteiligung gemäss gesetzlicher Ordnung zum Zuge kommt, ist im Zeitpunkt der Auflösung des Ehevertrages keine güterrechtliche Auseinandersetzung
Aufgrund clausula rebus sic stantibus
Eine einseitige Vertragsauflösung kann sich allenfalls aufgrund der sog. clausula rebus sic stantibus ergeben.
- Dies setzt voraus, dass sich eine für den Vertragsabschluss wesentliche Tatsache/Grundlage zwischenzeitlich bedeutend und dauernd verändert hat, sodass die Weitergeltung des Ehevertrages im bisherigen Umfang für einen der Ehepartner als unzumutbar
- Diese Vertragsauflösungsmöglichkeit wird nur sehr restriktiv angewandt, denn es gilt auch beim Ehevertragsrecht, dass Verträge grundsätzlich zu halten sind (pacta sunt servanda)
- Wird eine Vertragsauflösung gutgeheissen, so erfolgt eine Auflösung ab dem Zeitpunkt der Rechtskraft dieses Entscheides, d.h. ex nunc (für die Zukunft).
- Weil mit der Beendigung des Ehevertrages über die Modifikation der Errunschenschaftsbeteiligung kein Güterstandswechsel einhergeht, sondern lediglich die Errunschenschaftsbeteiligung gemäss gesetzlicher Ordnung zum Zuge kommt, ist im Zeitpunkt der Auflösung des Ehevertrages keine güterrechtliche Auseinandersetzung
Literatur
- SCHWANDER IVO, Eheverträge – zwischen „ewigen“ Verträgen und Inhaltskontrolle, AJP 5/2003, S. 572 ff.
Judikatur
- BGE vom 04.12.2003, 5C_2003/5C.114 (Willensmangel)
Wegen anfänglicher objektiver Unmöglichkeit
Ein Ehevertrag kann in an einer anfänglich objektiver Unmöglichkeit leiden (OR 20 Abs. 1).
- Kaum vorkommen dürfte zwar eine anfängliche objektive Unmöglichkeit des gesamten Ehevertrages, jedoch (wenn auch selten) einzelner Bestimmungen.
- Die anfänglich objektiv unmöglichen Bestimmungen gelten als nichtig unbeachtlich.
- Die Nichtigkeit kann jederzeit geltend gemacht werden und gilt gegenüber jedermann, nicht nur zwischen den Vertragsparteien.
- Zur anfänglichen objektiven Unmöglichkeit und insbesondere zur Abgrenzung zur anfänglichen oder nachträglichen subjektiven Unmöglichkeit, vgl. Schranken der Vertragsfreiheit: Unmöglichkeit.