Wird ein Vertrag infolge einer Drohung abgeschlossen, ist er aufgrund des Willensmangels anfechtbar.
Begriff
- Furchterregung = Auslösung begründeter Furcht durch widerrechtliche Drohung gegen den Bedrohten oder eine diesem nahestehende natürliche Person
Grundlage
- OR 29 f.
Schutzzweck
- OR 29 f. schützt die freie Willensbildung
Wirkung der Furchterregung
- Wurde ein Vertrag aufgrund einer Furchterregung abgeschlossen, ist der Vertrag für den Bedrohten unverbindlich (vgl. OR 29 Abs. 1)
Kenntnis der Drohung ist unwichtig
- Der Vertrag ist auch anfechtbar, wenn der Vertragspartner die Drohung nicht kannte oder hätte kenne sollen
- In diesem Fall führt die Anfechtung aber zur Entschädigung der unwissenden Gegenpartei
- vgl. OR 29 Abs. 2
- In diesem Fall führt die Anfechtung aber zur Entschädigung der unwissenden Gegenpartei
Voraussetzungen
Drohung
- In Aussicht stellen eines künftigen Nachteils für den Vertragspartner oder einen ihr nahe verbundenen Person
- Nur die Ausübung von psychischem Zwang fällt unter die Drohung
- Ausübung von physischem Zwang fällt nicht unter OR 29 f.
- Anwendungsfall
- Führen der Hand bei der Unterzeichnung
- Anwendungsfall
- Ausübung von physischem Zwang fällt nicht unter OR 29 f.
Begründete Furcht
- Drohung muss eine gewisse Intensität erreichen.
- Es kommt nur auf das subjektive Urteilsvermögen des Bedrohten an
- Massgebend sind unter anderem folgende Indikatoren
- Alter
- Geschlecht
- Gesundheit
- Bildungsniveau
- Lebenserfahrung
- Wann die Furcht für jemanden begründet ist, vermutet OR 30 Abs. 1 bei folgender nichtabschliessenden Aufzählung
- Nahe und erhebliche Gefahr für Leib und Leben, Ehre und Vermögen
Kausalität
- Drohung und Vertragsschluss müssen in kausaler Beziehung zueinander stehen
- Der Bedrohte wird durch die Drohung zum Vertragsschluss gezwungen
Widerrechtlichkeit
- wenn der angedrohte Nachteil unerlaubt ist
- Verstoss gegen Gesetz oder Vertrag
- wenn die Mittel erlaubt sind, aber der verfolgte Zweck verboten ist
- führt zur Nichtigkeit des Vertrages gemäss OR 20
- wenn Mittel und Zweck zwar zulässig, aber sachlicher Zusammenhang zwischen Mittel und Zweck fehlen
Spezialfall
- Die Furcht vor der Geltendmachung eines Rechtes wird nur dann berücksichtigt, wenn die Notlage des Bedrohten benutzt worden ist, um ihm die Einräumung übermässiger Vorteile abzunötigen (OR 30 Abs. 2)
Gesetzestext
Art. 29 F. Mängel des Vertragsabschlusses / III. Furchterregung / 1. Abschluss des Vertrages
III. Furchterregung
1. Abschluss des Vertrages
1 Ist ein Vertragschliessender von dem anderen oder von einem Dritten widerrechtlich durch Erregung gegründeter Furcht zur Eingehung eines Vertrages bestimmt worden, so ist der Vertrag für den Bedrohten unverbindlich.
2 Ist die Drohung von einem Dritten ausgegangen, so hat, wo es der Billigkeit entspricht, der Bedrohte, der den Vertrag nicht halten will, dem anderen, wenn dieser die Drohung weder gekannt hat noch hätte kennen sollen, Entschädigung zu leisten.
Art. 30 F. Mängel des Vertragsabschlusses / III. Furchterregung / 2. Gegründete Furcht
2. Gegründete Furcht
1 Die Furcht ist für denjenigen eine gegründete, der nach den Umständen annehmen muss, dass er oder eine ihm nahe verbundene Person an Leib und Leben, Ehre oder Vermögen mit einer nahen und erheblichen Gefahr bedroht sei.
2 Die Furcht vor der Geltendmachung eines Rechtes wird nur dann berücksichtigt, wenn die Notlage des Bedrohten benutzt worden ist, um ihm die Einräumung übermässiger Vorteile abzunötigen