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Erbrecht

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Verfügungen über Erbteile

Rechtsgebiet:
Erbrecht
Stichworte:
Erbrecht
Autor:
Bürgi Nägeli Rechtsanwälte
Herausgeber:
Verlag:
LAWMEDIA AG

Verfügungen über Erbteile vor dem Erbgang

Gemäss ZGB 636 I sind Verträge, die ein Erbe über eine noch nicht angefallene Erbschaft, ohne Mitwirkung und Zustimmung des Erblassers, mit einem Miterben oder einem Dritten abschliesst, unverbindlich. Lehre und Rechtsprechung nehmen folgenden Umkehrschluss vor: Bei Mitwirkung und Zustimmung des Erblassers kommt ein Vertrag über eine noch nicht angefallene Erbschaft gültig zustande.

Begründung Bundesgericht

Das Einverständnis des Erblassers nimmt solchen Verträgen den anstössigen Charakter, der ihnen wegen einer damit verbundenen Spekulation auf seinen Tod anhaften kann, und bietet unter Umständen dem Erben, der seine künftigen Erbansprüche ganz oder teilweise einem Miterben oder einem Dritten abtritt, einen gewissen Schutz vor wucherischer Ausbeutung (vgl. BGE 98 II 281, 282)

Vertragsgegenstand

Gegenstand des Vertrages ist eine «noch nicht angefallene Erbschaft», d.h. eine Erbanwartschaft. Der Gesetzestext nennt allgemein «Verträge», somit fallen alle möglichen Verträge über eine Erbanwartschaft unter die Bestimmung wie z.B. Verkauf, Schenkung, Tausch, Verpfändung.

Form

Gemäss Lehre und Rechtsprechung wird analog zu ZGB 635 (Bestimmung betr. Verträge über angefallene Erbschaft) Schriftform verlangt (vgl. BGE 98 II 281 ff.).

Vertragsparteien

Auf der Seite des Verfügenden ist stets ein (gesetzlicher oder eingesetzter) Erbe Vertragspartei, nicht aber ein präsumtiver Vermächtnisnehmer. Auf der Seite des Empfängers kann eine beliebige natürliche oder juristische Person auftreten (Miterbe oder Nichterbe).

Zustimmung des künftigen Erblassers als Gültigkeitserfordernis

Notwendig ist die Zustimmung des Erblassers zum Vertrag, eine weitergehende Mitwirkung beim Vertragsabschluss wird (entgegen dem Gesetzeswortlaut von ZGb 636 I) nicht vorausgesetzt.

Achtung
  • Mit der Zustimmung geht der Erblasser selbst keine Verpflichtung ein und wird nicht Vertragspartei (siehe auch Wirkung des Vertrages)
  • Die Zustimmung des Erblassers unterliegt keinem Formerfordernis, d.h. sie kann auch durch konkludentes Handeln erfolgen (vgl. BGE 98 II 281, 286 f.)

Wirkung des Vertrages

Bei Vorliegen der Zustimmung des Erblassers erhält der Dritte einen obligatorischen Anspruch gegen den veräussernden Erben auf das letzterem bei der Teilung zukommende Betreffnis (vgl. BGE 98 II 281, 284 f.). Durch seine Zustimmung zum Vertrag wird der Erblasser in seiner Verfügungsfreiheit nicht behindert. Es steht ihm frei, eine Verfügung von Todes wegen zu verfassen, die nicht im Einklang mit dem Vertrag steht (vgl. BGE 128 III 163 ff.).

Fehlt die Zustimmung des Erblassers, liegt ein anstössiges Rechtsgeschäft vor. Der Vertrag ist unverbindlich, d.h. nichtig (OR 20). Bereits erfolgte Leistungen können zurückgefordert werden und zwar mit der Eigentumsklage (ZGB 641) bei erfolgter Sachleistung bzw. mit Klage aus ungerechtfertigter Bereicherung (OR 62 ff.) bei erfolgter Geldleistung bzw. einer Sachleistung, wenn die Sache aufgrund Vermengung oder Vermischung bereits ins Eigentum des Empfängers übergegangen ist.

Verfügungen über Erbteile nach dem Erbgang

Regelungsgegenstand und Abgrenzung

Bis zum Abschluss der Erbteilung steht das Nachlassvermögen unter dem Prinzip der Gesamthandschaft (ZGB 602). ZGB 635 regelt als Ausnahme davon die Möglichkeit der Erben, über den auf sie quotenmässig entfallenden Erbschaftsteil bereits vor der Teilung und ohne Zustimmung der anderen zu verfügen. Geregelt wird insbesondere die Erbanteilsveräusserung an Mit- wie auch an Nichterben.

Veräusserungsvertrag

Die Erbanteilsveräusserung erfordert einen Veräusserungsvertrag zwischen dem veräussernden Erben und dem Empfänger (Mit- oder Nichterben). Auf den Veräusserungsvertrag sind die allgemeinen Bestimmungen des Obligationenrechts anwendbar (z.B. OR 1 ff. betreffend Zustandekommen des Vertrages; OR 18 betreffend Vertragsauslegung).

Form

ZGB 635 I bestimmt für den Vertrag zwischen Miterben ein Schriftformerfordernis. Obwohl nicht ausdrücklich genannt, gilt dieses auch für den Vertrag zwischen Erben und Nichterben.

Grundstücke

Selbst für Verträge, die Grundstücke betreffen, reicht die einfache Schriftform aus und es bedarf keiner öffentlichen Beurkundung (vgl. BGE 99 II 21 ff.).

Wirkung des Vertrages bei der Veräusserung an einen Miterben

Im Innenverhältnis bewirkt der Veräusserungsvertrag das Ausscheiden des veräussernden Erben aus der Erbengemeinschaft. Es liegt eine subjektiv partielle Erbteilung.

Im Aussenverhältnis ändert sich durch den Vertragsabschluss nichts, d.h. der austretende Erbe haftet weiterhin während fünf Jahren solidarisch gegenüber den Erbschaftsgläubigern (ZGB 603 I i.V.m. ZGB. 639 II); Ausnahme: die Erbschaftsgläubiger haben der Abtretung zugestimmt.

Wirkung des Vertrages bei der Veräusserung an Nichterben

Gegenstand des Veräusserungsvertrages zwischen einem Erben und einem Nichterben ist der Liquidationserlös, welcher auf den Erbanteil des veräussernden Erben entfällt (vgl. BGE 84 II 355). Der Veräusserungsvertrag gewährt dem Nichterben einen obligatorischen, suspensiv bedingten Anspruch gegen den Erben auf Herausgabe dieses Liquidationserlöses. Der Veräusserungsvertrag stellt je nach Gegenleistung einen Kaufvertrag (OR 184 ff.), eine Schenkung (OR 239 ff.), Tausch (OR 237 f.) oder einen gemischten Vertrag dar.

Der veräussernde Erbe scheidet aus der Erbengemeinschaft nicht aus.

Der Erwerber erhält kein Miterbenstellung (vgl. BGE 85 II 603, 606). Er kann jedoch die Mitwirkung der Behörde bei der Teilung verlangen (ZGB 609 I).

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