Gemäss der kaufrechtlicher Gewährleistung nach OR 197 ff. haftet der Verkäufer dem Käufer unter anderem für die zugesicherten Eigenschaften sowie dafür, dass die Sache keine körperlichen oder rechtlichen Mängel hat:
Begriff
- Sachgewährleistung = Einstehen für das Fehlen zugesicherter Eigenschaften, sowie für vorhandene Mängel der Kaufsache
Grundlage
- OR 197 ff.
Rechtsnatur
- Die Regeln zur Sachgewährleistung sind grundsätzlich dispositiver Natur
Haftungsart
- Die Sachmängelhaftung ist eine verschuldensunabhängige Kausalhaftung
Sachmangel
körperliche oder rechtliche Mängel
- Die Sache weist körperliche oder rechtliche Mängel (Fehler) auf, die den Wert oder die Tauglichkeit zum vorausgesetzten Gebrauch aufheben oder erheblich mindern
- Was unter „zum vorausgesetzten Gebrauch“ zu verstehen ist, muss im Einzelfall bestimmt werden
- Rechtliche Mängel
- Nicht zu verwechseln mit der Rechtsmängelhaftung
- Auch rechtliche Eigenschaften können Sachmangel sein
- Insbesondere bei Einschränkungen der Nutzung der Sache durch öffentlich-rechtliche Vorschriften
- zB Verkauf von Bauland, auf dem Bauverbot herrscht
Fehlen zugesicherter Eigenschaften
- Zugesicherte Eigenschaft
- Eigenschaft muss für Kaufentschluss des Käufers entscheidend und für den Verkäufer erkennbar gewesen sein
- Selbständige Garantien oder werbemässige Anpreisungen stellen keine zugesicherten Eigenschaften dar
- Vgl. BGE 88 II 410, 416
- Form der Zusicherung
- Die Zusicherung ist an keine Form gebunden
Qualitätsmangel
- Bei Gattungsware besteht die Pflicht zur Lieferung mittlerer Qualität
- Vgl. OR 71 Abs. 2
- Ware mit minderer Qualität gilt als mangelhaft
Wirtschaftlicher Mangel
- Grundsätzlich kein Sachmangel
- Kann allenfalls ein Fehlen von zugesicherten Eigenschaft darstellen
- zB zugesicherte Umsatzzahlen des übernommenen Betriebs können nicht erreicht werden
Mangelhafte Verpackung
- Nur Sachmangel, wenn Verpackung die Haltbarkeit oder Verwertbarkeit der Kaufsache beeinträchtigt
- Ansonsten stellt die mangelhafte Verpackung die Verletzung einer Nebenpflicht dar
Sondervorschrift beim Grundstückkauf
- Beim Fehlen des Grundbuches
- Haftung des Verkäufers für im Kaufvertrag angegebene Mass des Grundstückes
- OR 219 Abs. 1
- Haftung des Verkäufers für im Kaufvertrag angegebene Mass des Grundstückes
- Grundbuch vorhanden
- Haftung des Verkäufers nur, wenn Gewährleistung ausdrücklich übernommen wurde
- OR 219 Abs. 2
- Haftung des Verkäufers nur, wenn Gewährleistung ausdrücklich übernommen wurde
Zeitpunkt des Mangels
- Der Mangel muss im Zeitpunkt des Gefahrübergangs bereits vorhanden sein, wobei der Käufer dafür die Beweislast trägt (vgl. ZGB 8)
- Vgl. Gefahrtragung
Wegbedingung der Gewährleistung (Freizeichnung)
Grundsatz
- Sachgewährleistung kann ausdrücklich oder konkludent wegbedungen werden, da Regeln nach OR 197 ff. dispositiver Natur sind
Ausnahme
- Freizeichnung ist nichtig, wenn Mangel arglistig verschwiegen wird
- Arglistig verschwiegen bedeutet
- Vorspiegelung bestimmter Eigenschaften
- Verheimlichung von Mangel trotz Aufklärungspflicht
- Aufklärungspflicht aus Gesetz, Vertrag oder Treu und Glauben (BGer 4A_70/2011 E. 4.1)
- Exklusive Anwendung von OR 199, weshalb Ausschluss von grober Fahrlässigkeit im Gegensatz zu OR 100 zulässig
- Vgl. BGE 126 III 59 E. 4a
- Arglistig verschwiegen bedeutet
- Bei Haftung für Körperschäden
- Bei zugesicherten Eigenschaften
- Vgl. BGE 109 II 24 E. 4
- Vgl. BGer 4C.119/2005 E 2.3
Freizeichnungsklauseln
- Gewährleistung kann vertraglich beschränkt werden
- Beschränkung ist ungültig, wenn der Verkäufer das Recht des Dritten absichtlich verschwiegen hat
- vgl. OR 199
- Beschränkung ist ungültig, wenn der Verkäufer das Recht des Dritten absichtlich verschwiegen hat
- Gewährleistung kann durch AGB wegbedungen werden
- Führen AGB-Klauseln zur einem erheblichen und ungerechtfertigten Missverhältnis zwischen den vertraglichen Rechten und Pflichten zum Nachteil eines Konsumenten, sind diese anfechtbar (UWG 8)
- Vgl. BGE 119 II 443 E. 1c
- Vgl. Allgemeine Geschäftsbedingungen
- Führen AGB-Klauseln zur einem erheblichen und ungerechtfertigten Missverhältnis zwischen den vertraglichen Rechten und Pflichten zum Nachteil eines Konsumenten, sind diese anfechtbar (UWG 8)
- Auslegung der Freizeichnungsklausel
- Bei der Auslegung von Freizeichnungsklauseln gilt „in dubio contra stipulatorem“
- Vgl. BGE 91 II 344 E. 1
- Bei der Auslegung von Freizeichnungsklauseln gilt „in dubio contra stipulatorem“
Vom Käufer gekannte Mängel
- Der Verkäufer haftet nicht für Mängel, die der Käufer zur Zeit des Kaufes gekannt hat
- vgl. OR 200 Abs. 1
- Für Mängel, die der Käufer bei Anwendung gewöhnlicher Aufmerksamkeit hätte kennen sollen, haftet der Verkäufer nur dann, wenn er deren Nichtvorhandensein zugesichert hat
- OR 200 Abs. 2
Verjährung
- Die Klagen auf Gewährleistung wegen Mängel der Sache verjähren mit Ablauf von zwei Jahren
- vgl. OR 210
- Verjährung von zwei Jahren gilt auch für später entdeckte Mängel
- Verjährungsfrist kann vertraglich verkürzt oder verlängert werden
- Keine Verkürzung bei Verträgen mit Konsumenten erlaubt
- OR 210 Abs. 4 OR
- Jedoch ist die vollständige Wegbedingung der Haftung auch bei Konsumentenverträgen zulässig
- Keine Verkürzung bei Verträgen mit Konsumenten erlaubt
Abgrenzung zur Produktehaftpflicht
- Die Verantwortlichkeit des Herstellers für Schäden, die durch ein mangelhaftes Produkt entstanden sind, richtet sich nach dem Bundesgesetz über die Produktehaftpflicht (PrHG; SR 221.112.944)
- Das PrHG befasst sich mit den Folgeschäden, verursacht durch ein mangelhaftes Produkt, nicht aber mit dem Mangel am Produkt selber
- Vgl. Produktehaftung | produkte-haftung.ch
Gesetzestexte
OR 2101B. Verpflichtungen des Verkäufers / III. Gewährleistung wegen Mängel der Kaufsache / 9. Verjährung
9. Verjährung
1 Die Klagen auf Gewährleistung wegen Mängel der Sache verjähren mit Ablauf von zwei Jahren nach deren Ablieferung an den Käufer, selbst wenn dieser die Mängel erst später entdeckt, es sei denn, dass der Verkäufer eine Haftung auf längere Zeit übernommen hat.
2 Die Frist beträgt fünf Jahre, soweit Mängel einer Sache, die bestimmungsgemäss in ein unbewegliches Werk integriert worden ist, die Mangelhaftigkeit des Werkes verursacht haben.
3 Für Kulturgüter im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 des Kulturgütertransfergesetzes vom 20. Juni 20032 verjährt die Klage ein Jahr, nachdem der Käufer den Mangel entdeckt hat, in jedem Fall jedoch 30 Jahre nach dem Vertragsabschluss.
4 Eine Vereinbarung über die Verkürzung der Verjährungsfrist ist ungültig, wenn:
- sie die Verjährungsfrist auf weniger als zwei Jahre, bei gebrauchten Sachen auf weniger als ein Jahr verkürzt;
- die Sache für den persönlichen oder familiären Gebrauch des Käufers bestimmt ist; und
- der Verkäufer im Rahmen seiner beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit handelt.
5 Die Einreden des Käufers wegen vorhandener Mängel bleiben bestehen, wenn innerhalb der Verjährungsfrist die vorgeschriebene Anzeige an den Verkäufer gemacht worden ist.
6 Der Verkäufer kann die Verjährung nicht geltend machen, wenn ihm eine absichtliche Täuschung des Käufers nachgewiesen wird. Dies gilt nicht für die 30-jährige Frist gemäss Absatz 3.
Literatur
- Furrer Rolf, Beitrag zur Lehre der Gewährleistung im Vertragsrecht, Diss. Zürich 1973, 86 S.
- Bähler Katja, Das Verhältnis von Sachgewährleistungs- und allgemeinem Leistungsstörungsrecht, Diss. Basel 2005, 167 S.
- Ginter Petra, Verhältnis der Sachgewährleistung nach Art. 197 ff. OR zu den Rechtsbehelfen in Art. 97 ff. OR, Diss. St. Gallen 2004, S. 156
Judikatur
- Zur Wegbedingung der Sachgewährleistung bei zugesicherten Eigenschaften
- BGE 109 II 24 E. 4
- BGer 4C.119/2005 E 2.3
- Keine zugesicherte Eigenschaften bei selbständige Garantien oder werbemässige Anpreisungen
- BGE 88 II 410, 416
- Zur Anfechtbarkeit von AGB Klauseln
- BGE 119 II 443 E. 1c
- Zur Auslegung von Freizeichnungsklauseln
- Zu rechtlichen Sachmängel
- BGE 98 II 197 E. 4.
- BGE 82 II 248
- Zur Aufklärungspflicht des Verkäufers
- BGer 4A_70/2011 E. 4.1
Weiterführende Informationen
- Zur Auslegung von Freizeichnungsklauseln in AGB
- Zur Gewährleistung beim Grundstückkauf
- Zur Gewährleistung beim Forderungskauf
- Zur Produktehaftung
- Produktehaftung | produkte-haftung.ch