Ausgangslage
Der Arbeitnehmer, der nach erfolgter Kündigung mit dem Kunden des Arbeitgebers für die laufenden Tagesgeschäfte Kontakt hat,
- bekommt so auch Gelegenheit über seinen Weggang und den Arbeitgeber informell und ohne Wissen seines aktuellen Arbeitgebers zu informieren
- muss je näher das Ende des Arbeitsverhältnisses kommt, desto eher Entscheide und Terminvereinbarungen mit dem Kunden treffen, welche ihm Gelegenheit geben, von seinem Weggang zu berichten; es ist eine Führungsaufgabe des Arbeitgebers, solche Situationen zu vermeiden; wird er vom Arbeitnehmer zu anstehenden Situationen, die seine Weggangsoffenbarung erfordern, belogen, empfiehlt sich seine Freistellung und höchstens bei sehr langen Kündigungsfristen die Verwarnung und im Wiederholungsfalle die fristlose Entlassung.
Erfahrungsgemäss beginnen die meisten Arbeitnehmer bereits während der Kündigungsfrist mit den Vorbereitungen für eine spätere Kundenabwerbung.
Unzulässige Kundenabwerbehandlungen
Grundlage
Grundsätzlich besteht auch während der Kündigungsfrist bzw. der Freistellungsdauer ein umfassendes Kundenabwerbeverbot, auch wenn Lehre und Rechtsprechung auf eine Lockerung der Treuepflicht tendieren; blosse Vorbereitungshandlungen für eine konkurrenzierende Tätigkeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses werden als zulässig betrachtet (vgl. BGE 117 II 72).
Persönliche Bindungen
Private und freundschaftliche Bindungen zwischen Arbeitnehmer und Kunde des Arbeitgebers rücken das Verhältnis weg vom Arbeitgeber und noch mehr hin zum Arbeitnehmer. Der Arbeitnehmer wird sich durch die Ausstrahlung der Kundenbeziehung in seinen privaten Lebensbereich im Rahmen der Interessenabwägung darauf berufen, dass die Treuepflicht von OR 321a an seinen überwiegenden und berechtigen Eigeninteressen ihre Grenze finde.
Abwerbehandlungen
Als Abwerbehandlung gilt:
- Jede Einflussnahme auf den Kunden, Lieferanten oder sonstigen Dritten, das Vertragsverhältnis mit dem Arbeitgeber zu lösen und mit dem künftigen Arbeitgeber einen neuen Vertrag zu begründen
- Der Kundenkontakt des Arbeitnehmers, der alleine darauf abzielt, den Kunden für sich oder seinen neuen Arbeitgeber zu gewinnen, zB durch Anpreisung
- Dienstleistungen des neuen Arbeitgebers
- Produkte des neuen Arbeitgebers bzw. des Konkurrenten
Die Weckung des Kundeninteresses erfolgt aber selten so plump. Meistens genügt und erfolgt bloss die Anzeige des Stellenwechsels zu einem neuen Arbeitgeber.
Mitteilung des Stellenwechsels
Die Frage, ob und wie der ausscheidende Arbeitnehmer die von ihm betreuten Kunden über seinen Stellenwechsel informieren darf, wird in Lehre und Rechtsprechung uneinheitlich beantwortet. Es macht sich – vorbehältlich entgegenstehender Parteivereinbarung (OR 321a) und vorbehältlich ausdrücklich anderslautender Arbeitgeberweisung (OR 321d) – eine Tendenz breit pro:
- zurückhaltende Information der persönlich betreuten Kunden
- passive Kundeninformation
- bei ohnehin stattfindendem Kundenkontakt
- auf Befragen des Kunden
- neuer Arbeitgeber nur, wenn der Kunde von sich aus nachhakt.
Es liegt am Arbeitgeber zu klären, ob er eine Kundeninformation
- dulden oder
- verbieten will:
- Abwerbeverbots-Vereinbarungen (im Arbeitsvertrag)
- Arbeitgeberweisung.
Zürcherische Praxis
- Zürcherische Gerichte betrachten ausdrücklich oder sinngemäss das aktive Vorgehen bei der Nennung des neuen Arbeitgebers als zulässig.
- Quellen:
- Arbeitsgericht Zürich vom 17.04.2003 in „Entscheide des Arbeitsgericht Zürich 2003“, Nr. 1
- Obergericht des Kantons Zürich in Urteil LA940064 vom 05.10.1995.