NZZ vom 29.03.2011, Nr. 74, S. 19
BEZIRKSGERICHT ZÜRICH
3,5 Jahre Freiheitsstrafe für Unternehmer
Firma ausgehöhlt und Mitarbeiter, Lieferanten und Kunden in neues Unternehmen übernommen
Als angestellter Geschäftsführer einer Firma hat ein 54-Jähriger eine Konkurrenzfirma aufgebaut und Mitarbeiter, Lieferanten und Kunden in den neuen Betrieb übernommen. Dafür erhielt er 3,5 Jahre Freiheitsstrafe.
Er war jahrelang Geschäftsführer der florierenden Firma Gamecity GmbH, die in der Schweiz Video- und Computerspiele im grossen Stil vertrieb. Wichtigste Abnehmer waren Firmen wie Media-Markt, Manor und Interdiscount. Das Stammkapital der Gamecity GmbH wurde zu 90 Prozent von der Atari Deutschland GmbH und zu 10 Prozent vom Geschäftsführer gehalten. Laut Anklage war dieser – trotz einem Monatslohn von 25 000 Franken – mit seinem Gewinnanteil zunehmend unzufrieden und machte Atari im Jahr 2006 das Angebot, Gamecity vollständig aufzukaufen, was Atari aber ablehnte.
Der heute 54-jährige Unternehmer gründete im Folgenden die Firma Gametime AG. Laut Anklage in der Absicht, die Gamecity zu konkurrenzieren und aus dem Markt zu verdrängen. Noch während er bei Gamecity als Geschäftsführer tätig war, höhlte er diese – gemäss Anklage – bis zu seiner fristlosen Entlassung im Juli 2006 systematisch aus. Alle sieben Angestellten kündigten und wurden von Gametime eingestellt. Zudem übernahm er ihm anvertraute Lieferanten- und Kundendaten. Der dadurch der Firma Gamecity entgangene Gewinn für die Jahre 2006 bis 2008 wird in der Anklage mit 3,36 Millionen Franken beziffert. Auch die Räumlichkeiten wurden übernommen. Die ersten Geschäfte wurden aus dem Lager der Gamecity getätigt, und Mitarbeiter benutzten alte E-Mail-Adressen. All dies wurde Atari verheimlicht. Dokumentiert ist der Vorgang auch durch einen Kreditantrag bei der UBS für die Neugründung der Gametime AG. Darin wird explizit die Absicht der Übernahme von Kunden, Mitarbeitern und Lieferanten beschrieben. Auch steht, das Konkurrenzverbot werde mit einem Treuhänder umgangen und im «worst case» rechne der Beschuldigte mit einer Konventionalstrafe von maximal 6 Monatslöhnen, also 150 000 Franken. Der tatsächliche «worst case» sieht nun aber schlimmer aus: Vor Gericht erklärte sich der 54-Jährige nicht schuldig, machte grundsätzlich keine Aussagen, beantwortete wenige Detailfragen. Die Staatsanwältin forderte eine Freiheitsstrafe von vier Jahren und 10 000 Franken Busse für den Beschuldigten, der auch noch wegen grober Verletzung der Verkehrsregeln durch Rechtsüberholen auf der Autobahn zur Rechenschaft gezogen wurde. Der Verteidiger anerkannte nur das Verkehrsdelikt und beantragte eine bedingte Geldstrafe von 60 Tagessätzen à 100 Franken und 2500 Franken Busse.
In einzelnen Anklagepunkten kam das Gericht zwar zu Freisprüchen, mehrheitlich folgte es aber der Staatsanwältin und verurteilte den Beschuldigten wegen mehrfacher ungetreuer Geschäftsbesorgung, mehrfacher unlauterer Werbe- und Verkaufsmethoden (UWG), Verwertung fremder Leistungen (UWG) sowie der Verkehrsdelikte zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 3,5 Jahren und einer Busse von 2500 Franken. Das Urteil liegt erst im Dispositiv noch ohne Begründung vor.
Urteil DG100167 vom 24. 3. 11, noch nicht rechtskräftig.