Im Falle des Missbrauchs der Parteirechte können gegenüber den jeweiligen Personen verschiedene Optionen bestehen:
-
Einschränkung gegenüber Parteien
- Die Strafuntersuchungsbehörden können die Verfahrensrechte und damit das rechtliche Gehör einschränken, wenn begründeter Verdacht besteht, dass
- eine Partei ihre Rechte missbraucht
- die Sicherheit von Personen gefährdet
- öffentliche oder private Geheimhaltungsinteressen verletzt werden
- Die Strafuntersuchungsbehörden können die Verfahrensrechte und damit das rechtliche Gehör einschränken, wenn begründeter Verdacht besteht, dass
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Einschränkungen gegenüber Strafverteidigern
- Gegenüber Strafverteidigern sind Einschränkungen nur dann zulässig, wenn er selber Anlass für die Beschränkung gegeben hat (vgl. StPO 108 Abs. 2; siehe Box unten)
- Für den Entscheid über die Einschränkung des rechtlichen Gehörs entscheidet die Verfahrensleitung
- Denkbare Zugangsbeschränkungen
- Befristung der Einschränkung
- Beschränkung auf einzelne Verfahrenshandlungen
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Verfahrensleitung
- Der Verfahrensleitung darf zum Schutz einer Verfahrenspartei eingreifen und einen Strafverteidiger-Anwalt ausschliessen
- Gründe können sein:
- zB konkreter, aktueller Interessenkonflikt
- zB ungenügende Verteidigung des Beschuldigten
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Aufsichtsbehörde
- Siehe
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Sitzungspolizeiliche Massnahmen
- Die Verfahrensleitung hat für Sicherheit, Ruhe und Ordnung während der Verhandlung zu sorgen (vgl. StPO 63 Abs. 1)
- Sie hat verschiedene Möglichkeiten:
- Verwarnung von Personen, die den Verhandlungsgang stören oder die Anstandsregeln verletzen
- auch Ausschluss der beschuldigten Person möglich, sofern verhältnismässig und vorgängig angedroht (vgl. BGer 6B_893/2018, Erw. 3
- Wortentzug
- Aus dem Verhandlungsraum verweisen
- Bis zum Schluss der Verhandlung in polizeilichen Gewahrsam setzen
- Polizeiliche Räumung des Verhandlungssaals (vgl. StPO 63 Abs. 2 + 3; siehe Box unten)
- Ein völliger Ausschluss erscheint mit Blick auf EMRK 6 Ziffer 3 als problematisch
- Fortsetzung der Verfahrenshandlung ohne die ausgeschlossene Partei (vgl. StPO 63 Abs. 4; siehe Box unten)
- Ordnungsbusse bis CHF 1‘000 (vgl. StPO 64 Abs. 1 + 2; siehe Box unten)
- Reine Disziplinarmassnahmen fallen nicht unter den Anwendungsbereich von EMRK 6 Ziffer 1 (vgl. BGE 135 I 313, Erw. 2)
- Verwarnung von Personen, die den Verhandlungsgang stören oder die Anstandsregeln verletzen
- Eine adäquate Massnahme hat immer den individuell konkreten Einzelfall zu berücksichtigen
Literatur
- OBERHOLZER NIKLAUS, Grundzüge des Strafprozessrechts, 4. Auflage, Bern 2020, S. 170, Rz 531 ff.; S. 583 f., Rz 1896 ff.
Judikatur
- Verhandlungsausschluss
- BGer 6B_893/2018, Erw. 3
- BGer 6B_1269/2017, Erw. 1.3
- Ordnungsbusse
- BGer 1B_321/2015 Erw. 4 – 5
- BGE 135 I 313, Erw. 2
Links
Art. 63 StPO Sitzungspolizeiliche Massnahmen
1 Die Verfahrensleitung sorgt für Sicherheit, Ruhe und Ordnung während der Verhandlungen.
2 Sie kann Personen, die den Geschäftsgang stören oder Anstandsregeln verletzen, verwarnen. Im Wiederholungsfalle kann sie ihnen das Wort entziehen, sie aus dem Verhandlungsraum weisen und nötigenfalls bis zum Schluss der Verhandlung in polizeilichen Gewahrsam setzen lassen. Sie kann den Verhandlungsraum räumen lassen.
3 Sie kann die Unterstützung der am Orte der Verfahrenshandlung zuständigen Polizei verlangen.
4 Wird eine Partei ausgeschlossen, so wird die Verfahrenshandlung gleichwohl fortgesetzt.
Art. 64 StPO Disziplinarmassnahmen
1 Die Verfahrensleitung kann Personen, die den Geschäftsgang stören, den Anstand verletzen oder verfahrensleitende Anordnungen missachten, mit Ordnungsbusse bis zu 1000 Franken bestrafen.
2 Ordnungsbussen der Staatsanwaltschaft und der erstinstanzlichen Gerichte können innert 10 Tagen bei der Beschwerdeinstanz angefochten werden. Diese entscheidet endgültig.