Der Buchhaltung und deren Bestandeilen wird erhöhte Glaubwürdigkeit und deshalb Urkundencharakter zuerkannt, weil gesetzliche Vorschriften wie etwa die Bilanzvorschriften von OR 662a ff. und OR 958 ff. als allgemeingültige objektive Garantien die Wahrheit und damit erhöhte Glaubwürdigkeit der Erklärung gewährleisten.
Die Buchhaltung muss ein formell und materiell richtiges Bild der wirtschaftlichen Lage vermitteln. Die Bilanz hat die Vermögensverhältnisse eines Unternehmens aus einen bestimmten Stichtag hin formell und materiell korrekt wiederzugeben. Eine vorsätzlich falsche Verbuchung – oder eine vorsätzlich unterlassene Verbuchung – erfüllt daher regelmässig den Tatbestand der Falschbeurkundung.
Urkundencharakter bejaht:
- Bilanz
- Zwischenbilanzen
- Erfolgsrechnung
- Kaufmännische Buchhaltung und deren Bestandteile
- Belege
- Kassa- und Geschäftsbücher
- Lohnbücher und Lohnlisten
- Buchhaltungsauszüge über Einzelkonten
- Rechnungen, soweit sie Bestandteil der Buchhaltung bilden
- Revisions- und Kontrollstellenberichte
- Emissionsprospekt
- Vollständigkeitsbericht an die Revisionsstelle
Urkundencharakter verneint:
- Geschäftsbericht
- Geschäftskorrespondenz
- Rechnungen , die nicht Bestandteil der Buchhaltung sind (siehe auch unter: falsche Rechnungen)
- Quittungen
- „Milchbuchrechnungen“
- unsystematische Aufstellungen ohne lückenlose Belege
Praxisfälle
Falschbeurkundung
Falsche oder unterlassene Buchung (BGE 132 IV 12)
Eine falsche Buchung erfüllt den Tatbestand der Falschbeurkundung, wenn sie ein verfälschtes Bild der Buchhaltung vermittelt und dabei Buchungsvorschriften und –grundsätze wie über die aktienrechtliche ordnungsgemässe Rechnungslegung (OR 662a ff.) oder die Bilanzvorschriften (OR 958 ff.) verletzt.
Beispiele:
- Gänzliches Weglassen von Aktiven
- Betragsmässig unrichtige Aufnahme von Aktiven
- Verbuchung fiktiver Passiven
- Unterlassene Abschreibungen, Wertberichtigungen und Rückstellungen
- Im Bilanzanhang fehlende Gesamtbeträge der Bürgschaften , Garantieverpflichtungen und Pfandbestellungen
Datumsmässig unrichtige Erfassung des Geschäftsvorgangs (BGE 129 IV 130):
Falschbeurkundung durch Rückdatierung bejaht, weil die falsche Buchung gerade das Bild verfälscht, das die Buchführung zu vermitteln hat.
Eventualverpflichtungen (BGE 132 IV 12)
Falschbeurkundung bejaht bei in der Jahresrechnung bzw. deren Anhang nicht ausgewiesenen Eventualverpflichtungen, soweit die Jahresrechnung ein besseres Bild als in Wirklichkeit zeigt.
Revisions- und Kontrollstellenberichte (BGE 132 IV 12)
Bewusst unwahre Feststellung im Revisionsbericht, die Bücher seien ordnungsgemäss geführt, erfüllt den Tatbestand der Falschbeurkundung.
Gleiches gilt bei Aufnahme einer nicht werthaltigen Forderung gegen eine konkursite Person als Aktivum einer Übernahmebilanz zum vollen Wert mit der Vollständigkeits- und Richtigkeitsbestätigung im Gründungsbericht.
Keine Falschbeurkundung
- Unrichtige an die Revisionsstelle einer AG gerichtete Vollständigkeitserklärung, da sie gesetzlich nicht als Bestandteil der Buchhaltung vorgeschrieben ist (BGE 132 IV 12)
- Inhaltlich unrichtige Rechnung (BGE 121 IV 131)
Weitere Informationen siehe Exkurs: Falsche Rechnungen
- Unwahre Quittungen (BGE 121 IV 131): eine Quittung erbringt nur Beweis für die Erklärung, eine Leistung erhalten zu haben (jedoch kein Beweis für deren Wahrheit!)
- Nichtverbuchen eines Vertragsabschlusses, da die Buchhaltung an Verfügungen und nicht an Verpflichtungsgeschäften anknüpft
- Nichtverbuchung von Rückstellungen für allfällige Schadenersatzansprüche wegen eigenmächtigen Bezugs von Darlehen