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Urkundendelikte / Urkundenfälschung

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Strafbarkeit von Unternehmen

Rechtsgebiet:
Urkundendelikte / Urkundenfälschung
Stichworte:
Urkundendelikte, Urkundenfälschung
Autor:
Bürgi Nägeli Rechtsanwälte
Herausgeber:
Verlag:
LAWMEDIA AG

Begriff

Nicht nur natürliche Personen, sondern auf Unternehmungen können strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. In der Wirtschaft wird dies kaum zur Kenntnis genommen, obwohl im Ernstfall massive Bussen drohen.

Gesetzliche Grundlage

Art. 102 StGB

Strafbarkeit

1 Wird in einem Unternehmen in Ausübung geschäftlicher Verrichtung im Rahmen des Unternehmenszwecks ein Verbrechen oder Vergehen begangen und kann diese Tat wegen mangelhafter Organisation des Unternehmens keiner bestimmten natürlichen Person zugerechnet werden, so wird das Verbrechen oder Vergehen dem Unternehmen zugerechnet. In diesem Fall wird das Unternehmen mit Busse bis zu 5 Millionen Franken bestraft.

2 Handelt es sich dabei um eine Straftat nach den Artikeln 260ter, 260quinquies, 305bis, 322ter, 322quinquies oder 322septies Absatz 1 oder um eine Straftat nach Artikel 4a Absatz 1 Buchstabe a des Bundesgesetzes vom 19. Dez. 1986 gegen den unlauteren Wettbewerb, so wird das Unternehmen unabhängig von der Strafbarkeit natürlicher Personen bestraft, wenn dem Unternehmen vorzuwerfen ist, dass es nicht alle erforderlichen und zumutbaren organisatorischen Vorkehren getroffen hat, um eine solche Straftat zu verhindern.

3 Das Gericht bemisst die Busse insbesondere nach der Schwere der Tat und der Schwere des Organisationsmangels und des angerichteten Schadens sowie nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Unternehmens.

4 Als Unternehmen im Sinne dieses Titels gelten:

a. juristische Personen des Privatrechts;

b. juristische Personen des öffentlichen Rechts mit Ausnahme der Gebietskörperschaften;

c. Gesellschaften;

d. Einzelfirmen.

Tatbestand

Unternehmensbegriff

Als Unternehmen im Sinne von StGB 102 gelten:

  • juristische Personen des Privatrechts (Aktiengesellschaften, Kommanditaktiengesellschaften, GmbHs und Genossenschaften)
  • juristische Personen des öffentlichen Rechts (mit Ausnahme der Gebietskörperschaften)
  • Personengesellschaften (Kollektiv- und Kommanditgesellschaft)
  • Einzelfirmen

Erfasst sind somit die unterschiedlichsten Rechtsformen. Die Grösse des Unternehmens ist irrelevant, sodass auch KMUs unter das Unternehmensstrafrecht fallen können.

Tatbestandvoraussetzungen

Die Voraussetzungen für die Strafbarkeit des Unternehmens sind:

  • Mitarbeiter begeht eine Straftat (Urkundendelikt)
  • Straftatbegehung in Ausführung einer geschäftlichen Verrichtung
  • Straftatbegehung im Rahmen des Unternehmenszwecks
  • Unmöglichkeit der Täterermittlung infolge mangelhafter Unternehmensorganisation

Der sich gegen das Unternehmen richtende Vorwurf besteht darin, dass aus mangelhafter Organisation keine verantwortliche Person ausfindig gemacht werden kann. Der Pflichtverstoss liegt in der Missachtung der Organisationspflichten, welche die Begehung der Straftat begünstigten.

Für die Strafbarkeit des Unternehmens spielt es keine Rolle, ob der fehlbare Mitarbeiter selbst ermittelt werden kann. Massgebend ist einzig, ob nachgewiesen werden kann, dass vom Unternehmen aus eine Straftat ausgegangen ist.

Sanktion

Dem Unternehmen droht eine Busse bis CHF 5 Mio. Die Höhe der Busse bemisst sich dabei nach:

  • Schwere der Straftat
  • Schwere des Organisationsmangels im Unternehmen
  • Höhe des durch die Straftat verursachten Schadens
  • wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Unternehmens

Strafverfahren

Das Unternehmen als künstliches, juristisches Gebilde kann nicht wie ein gewöhnlicher Beschuldigter einvernommen, verhaftet oder mit Zeugen konfrontiert werden. Für Strafverfahren gegen Unternehmen sind deshalb besondere Regeln vorgesehen. Im Strafverfahren wird das Unternehmen wird von einer Person vertreten, die uneingeschränkt zur Vertretung in zivilrechtlichen Angelegenheiten befugt ist (StPO 112).

Bestellt das Unternehmen nicht innert einer angemessenen Frist einen Vertreter, bestimmt ihn die Untersuchungsbehörde oder das Strafgericht. Dem Vertreter stehen dabei dieselben Rechte und Pflichten wie einem Beschuldigten zu.

Prävention

Die mit einem Strafverfahren drohenden Risiken (Busse, Imageschaden) sind für ein Unternehmen nicht unerheblich. Unternehmen müssen deshalb geeignete organisatorische Vorkehrungen treffen, um Straftaten ihrer Angestellten zu verhindern. Was genau und mit welcher Intensität gefordert ist, hängt von der Grösse sowie vom Tätigkeitsgebiet des Unternehmens ab.

Einer gut organisierten Compliance-Struktur innerhalb eines Unternehmens kommt im heutigen Wirtschaftsleben deshalb immer grössere Bedeutung zu.

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