Gesetzliche Grundlagen
- OR 127 – OR 142
Gesetzestexte
Art. 127 OR
G. Verjährung
I. Fristen
1. Zehn Jahre
Mit Ablauf von zehn Jahren verjähren alle Forderungen, für die das Bundeszivilrecht nicht etwas anderes bestimmt.
Art. 128 OR
Mit Ablauf von fünf Jahren verjähren die Forderungen:
1.
für Miet-, Pacht- und Kapitalzinse sowie für andere periodische Leistungen;
2.
aus Lieferung von Lebensmitteln, für Beköstigung und für Wirtsschulden;
3.
aus Handwerksarbeit, Kleinverkauf von Waren, ärztlicher Besorgung, Berufsarbeiten von Anwälten, Rechtsagenten, Prokuratoren und Notaren sowie aus dem Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern.
Art. 128a OR
2a. Zwanzig Jahre
Forderungen auf Schadenersatz oder Genugtuung aus vertragswidriger Körperverletzung oder Tötung eines Menschen verjähren mit Ablauf von drei Jahren vom Tage an gerechnet, an welchem der Geschädigte Kenntnis vom Schaden erlangt hat, jedenfalls aber mit Ablauf von zwanzig Jahren, vom Tage an gerechnet, an welchem das schädigende Verhalten erfolgte oder aufhörte.
Art. 129 OR
3. Unabänderlichkeit der Fristen
Die in diesem Titel aufgestellten Verjährungsfristen können durch Verfügung der Beteiligten nicht abgeändert werden.
Art. 130 OR
4. Beginn der Verjährung
a. Im Allgemeinen
1 Die Verjährung beginnt mit der Fälligkeit der Forderung.
2 Ist eine Forderung auf Kündigung gestellt, so beginnt die Verjährung mit dem Tag, auf den die Kündigung zulässig ist.
Art. 131 OR
b. Bei periodischen Leistungen
1 Bei Leibrenten und ähnlichen periodischen Leistungen beginnt die Verjährung für das Forderungsrecht im Ganzen mit dem Zeitpunkte, in dem die erste rückständige Leistung fällig war.
2 Ist das Forderungsrecht im Ganzen verjährt, so sind es auch die einzelnen Leistungen.
Art. 132 OR
5. Berechnung der Fristen
1 Bei der Berechnung der Frist ist der Tag, von dem an die Verjährung läuft, nicht mitzurechnen und die Verjährung erst dann als beendigt zu betrachten, wenn der letzte Tag unbenützt verstrichen ist.
2 Im Übrigen gelten die Vorschriften für die Fristberechnungen bei der Erfüllung auch für die Verjährung.
Art. 133 OR
II. Wirkung auf Nebenansprüche
Mit dem Hauptanspruche verjähren die aus ihm entspringenden Zinse und andere Nebenansprüche.
Art. 134 OR
III. Hinderung und Stillstand der Verjährung
1 Die Verjährung beginnt nicht und steht still, falls sie begonnen hat:
1.
für Forderungen der Kinder gegen die Eltern bis zur Volljährigkeit der Kinder;
2.
für Forderungen der urteilsunfähigen Person gegen die vorsorgebeauftragte Person, solange der Vorsorgeauftrag wirksam ist;
3.
für Forderungen der Ehegatten gegeneinander während der Dauer der Ehe;
3bis.
für Forderungen von eingetragenen Partnerinnen oder Partnern gegeneinander, während der Dauer ihrer eingetragenen Partnerschaft;
4.
für Forderungen der Arbeitnehmer, die mit dem Arbeitgeber in Hausgemeinschaft leben, gegen diesen während der Dauer des Arbeitsverhältnisses;
5.
solange dem Schuldner an der Forderung eine Nutzniessung zusteht;
6.
solange eine Forderung aus objektiven Gründen vor keinem Gericht geltend gemacht werden kann;
7.
für Forderungen des Erblassers oder gegen diesen, während der Dauer des öffentlichen Inventars;
8.
während der Dauer von Vergleichsgesprächen, eines Mediationsverfahrens oder anderer Verfahren zur aussergerichtlichen Streitbeilegung, sofern die Parteien dies schriftlich vereinbaren.
2 Nach Ablauf des Tages, an dem diese Verhältnisse zu Ende gehen, nimmt die Verjährung ihren Anfang oder, falls sie begonnen hatte, ihren Fortgang.
3 Vorbehalten bleiben die besondern Vorschriften des Schuldbetreibungs- und Konkursrechtes.
Art. 135 OR
IV. Unterbrechung der Verjährung
1. Unterbrechungsgründe
Die Verjährung wird unterbrochen:
1.
durch Anerkennung der Forderung von seiten des Schuldners, namentlich auch durch Zins- und Abschlagszahlungen, Pfand- und Bürgschaftsbestellung;
2.
durch Schuldbetreibung, durch Schlichtungsgesuch, durch Klage oder Einrede vor einem staatlichen Gericht oder einem Schiedsgericht sowie durch Eingabe im Konkurs.
Art. 136 OR
2. Wirkung der Unterbrechung unter Mitverpflichteten
1 Die Unterbrechung der Verjährung gegen einen Solidarschuldner oder den Mitschuldner einer unteilbaren Leistung wirkt auch gegen die übrigen Mitschuldner, sofern sie auf einer Handlung des Gläubigers beruht.
2 Ist die Verjährung gegen den Hauptschuldner unterbrochen, so ist sie es auch gegen den Bürgen, sofern die Unterbrechung auf einer Handlung des Gläubigers beruht.
3 Dagegen wirkt die gegen den Bürgen eingetretene Unterbrechung nicht gegen den Hauptschuldner.
4 Die Unterbrechung gegenüber dem Versicherer wirkt auch gegenüber dem Schuldner und umgekehrt, sofern ein direktes Forderungsrecht gegen den Versicherer besteht.
Art. 137 OR
3. Beginn einer neuen Frist
a. Bei Anerkennung und Urteil
1 Mit der Unterbrechung beginnt die Verjährung von neuem.
2 Wird die Forderung durch Ausstellung einer Urkunde anerkannt oder durch Urteil des Richters festgestellt, so ist die neue Verjährungsfrist stets die zehnjährige.
Art. 138 OR
b. Bei Handlungen des Gläubigers
1 Wird die Verjährung durch Schlichtungsgesuch, Klage oder Einrede unterbrochen, so beginnt die Verjährung von Neuem zu laufen, wenn der Rechtsstreit vor der befassten Instanz abgeschlossen ist.
2 Erfolgt die Unterbrechung durch Schuldbetreibung, so beginnt mit jedem Betreibungsakt die Verjährung von neuem.
3 Geschieht die Unterbrechung durch Eingabe im Konkurse, so beginnt die neue Verjährung mit dem Zeitpunkte, in dem die Forderung nach dem Konkursrechte wieder geltend gemacht werden kann.
Art. 139 OR
V. Verjährung des Regressanspruchs
Haften mehrere Schuldner solidarisch, so verjährt der Regressanspruch jenes Schuldners, der den Gläubiger befriedigt hat, mit Ablauf von drei Jahren vom Tage an gerechnet, an welchem er den Gläubiger befriedigt hat und den Mitschuldner kennt.
Art. 140 OR
VI. Verjährung bei Fahrnispfandrecht
Durch das Bestehen eines Fahrnispfandrechtes wird die Verjährung einer Forderung nicht ausgeschlossen, ihr Eintritt verhindert jedoch den Gläubiger nicht an der Geltendmachung des Pfandrechtes.
Art. 141 OR
VII. Verzicht auf die Verjährungseinrede
1 Der Schuldner kann ab Beginn der Verjährung jeweils für höchstens zehn Jahre auf die Erhebung der Verjährungseinrede verzichten.
1bis Der Verzicht muss in schriftlicher Form erfolgen. In allgemeinen Geschäftsbedingungen kann lediglich der Verwender auf die Erhebung der Verjährungseinrede verzichten.
2 Der Verzicht eines Solidarschuldners kann den übrigen Solidarschuldnern nicht entgegengehalten werden.
3 Dasselbe gilt unter mehreren Schuldnern einer unteilbaren Leistung und für den Bürgen beim Verzicht des Hauptschuldners.
4 Der Verzicht durch den Schuldner kann dem Versicherer entgegengehalten werden und umgekehrt, sofern ein direktes Forderungsrecht gegenüber dem Versicherer besteht.
Art. 142 OR
VIII. Geltendmachung
Der Richter darf die Verjährung nicht von Amtes wegen berücksichtigen.