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Bau- und Planungsrecht

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Baustreitigkeit und Konfliktlösung

Datum:
24.05.2016
Rubrik:
Berichte
Rechtsgebiet:
Bau- und Planungsrecht
Stichworte:
Mediation, Schiedsgerichtsbarkeit, Schlichtung, Zivilprozess
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Die verschiedenen Möglichkeiten des Konfliktmanagements

Ausgangslage

Baustellen sind Konfliktorte! Baustellen sind für Bauherren wie Unternehmer oft nicht nur im wörtlichen, sondern auch im übertragenen Sinne „Baustellen“.

Hauptursache bildet die Komplexität von Bauvorhaben: viele Baubeteiligte, verschiedene Gewerke, bautechnisches und zeitliches Ineinandergreifen der einzelnen Bauleistungen, Geologie und Witterung bzw. Feuchtigkeit sowie Zeit- und Kostendruck etc.

Kein Bau ohne Baukonflikte, so die stete Aussage aller am Bau Beteiligten. Dies gibt auch die Bauindustrie unumwunden zu. Dabei sind sich alle einig, dass Baukonflikte möglichst stressfrei, kurzfristig und kostengünstig in den Griff zu bekommen sind. Aber wie? Die folgende Auslegordnung soll einen Überblick über die verschiedenen Möglichkeiten bieten!

Wirtschaftliche Tragweite der Baumängel

Pro abgelieferte Wohneinheit werden durchschnittlich 15 Baumängel festgestellt. Hochgerechnet ergibt dies bei 45‘000 gebauten Wohnungen pro Jahr und Behebungskosten von kalkulatorisch durchschnittlich CHF 2‘500 einen Gesamtkostenaufwand von rund CHF 1,7 Mrd. oder 8 % der jährlichen Wohnbauinvestitionen.

Nicht minder wichtig ist der Imageschaden, den die Bauindustrie durch die Baumängel davonträgt.

ETH-Studie „Mängel im Hochbau“

Die Thematik ist dermassen wichtig, dass sich die Ausbildungsstätte der Architekten näher damit befasste. Die ETH Zürich, Institut für Technologie in der Architektur, hat sich kürzlich in einer Forschungsarbeit der Baumängel angenommen.

Untersucht wurden fast 10‘000 Baumängel aus Mängelprotokollen von Wohnbauten, mehr als 1‘000 Gutachten eingesehen und 107 Interviews mit Bauherren, Planern, Totalunternehmern, Generalunternehmern, Bauleitern, Ausführenden, Sachverständigen und Rechtsberatern über Erkenntnisse und Ursachen geführt.

Gebäudehülle und Einbauten standen im Fokus. Die Erkenntnisse waren dabei:

  • Oberflächenmängel sichtbar und über Nutzerempfindungen
    • Aussen-Gebäudeelemente
      • Gebäudehülle (eindringende Feuchtigkeit)
      • Aussenwände
        • Undichte Stellen in Verbindung mit Terrassen und Balkonen
      • Terrassen
      • Balkone
      • Fenster
      • Fensterstoren / Rollladen
    • Innen-Gebäudeelemente
      • Innenwände
      • Decken
      • Fussboden
      • Einbauelemente
      • Fenster
      • Türen
      • Küche
  • Fehlerquellen der Bauverantwortlichen
    • Bauherr
      • Verantwortung für sein Bauwerk
      • Auswahl der am Bau Beteiligten
      • Definition Raumprogramm mit qualitativen und quantitativen Vorgaben
      • Frühzeitige oder spontane, kurzfristige Entscheide, oft in direktem Zusammenhang mit der Ausführungsqualität stehend
      • Verantwortung für (vernachlässigbare) Nutzungsfehler und natürlichen Verschleiss
    • Ausführende
      • ungenügende Auswahl, Instruktion und Kontrolle des Personals
      • Materialfehler
    • Planer
      • Unvollständige Beschriebe und / oder Pläne (Fehlen wesentlicher Inhalte)
      • Nicht den Regeln der (Bau-)Technik entsprechende Arbeiten
      • Planungsfehler
      • menschliches Versagen
    • Bauleitung
      • ungenügende Überwachung
      • menschliches Versagen

Instruktiv ist das nachfolgende Schaubild, welches auch das im Baualltag empfundene Mängelaufkommen nach Gewerken bzw. Gebäudebauteilen wiedergibt.

Baumaengel
Bild: © LawMedia AG 2016, Quelle: ETH Zürich, Institut für Technologie in der Architektur

Ohne Anspruch auf Vollständigkeit können – für beide Parteien – folgende Massnahmen zweckmässig sein:

  • Planungs- und Bauprogramm
    • Fundierte Erstellung
    • ständige Überprüfung
    • Überwachung der Einhalten des Planungs- und Bauprogramm
  • Nicht zu knappe Festlegung des Inbetriebnahme-Termins
    • weniger Vertragsverletzungen (Miet-, Kauf- und Übergabeverträge)
    • vorzeitige Ablieferung können auch Profit generieren
    • Vermeidung eines für die Baumängel ursächlichen ökonomischen Termindrucks
  • Wahrnehmung der Verantwortung durch alle am Bau Beteiligten (als nicht messbare Grösse)
    • Wesentlichkeit der persönlichen Erfahrung
    • Abschätzkompetenz in Bezug auf Handlungen und deren Folgen
  • Bauherrenbeiträge
    • Klare Auftragserteilung
    • Persönlicher Check künftiger am Bau Beteiligter durch den Bauherrn (wenn möglich keine Verantwortungsdelegation)
      • Bauherrenberater
        • Nötiges Fachwissen?
        • Genügende Erfahrung?
        • Unabhängigkeit?
        • Persönliche Standfestigkeit und Stabilität?
        • Loyalität? (ganz wichtig im Bau-Business!)
      • Ausführungs-Bewerber und Referenzen-Einholung zur Baumängel-Prävention (Gegenparteirisiken)
  • Planersorgfalt
    • Beachtung von Inhaltsverständlichkeit und Vollständigkeit der Ausschreibungen, Baubeschriebe und Pläne
    • Intensivere Berücksichtigung der Regeln der Baukunde
    • Sorgfalt des Bauzeichners
  • Unternehmer
    • Bessere Kommunikation auf der Baustelle
    • Ausführender weiss oft nicht, was der Planer voraussetzt
    • Wesentlichkeit des ersten Koordinationsgesprächs zwischen Planer, Unternehmer und Bauleiter
    • Förderung Berufsstolz, mit Blick auf das Handwerkswissen und die fachgerechte Umsetzung
  • Bauleiter
    • Wirkliche Wahrnehmung der Schlüsselfunktion, auch als Bindeglied zwischen Planung und Ausführung
    • Erfahrung aus der Baupraxis
    • Fundierte Kenntnisse über Baugattungen, Materialien und deren Verhalten

Stets ist der individuell konkrete Einzelfall massgebend.

Baukonfliktprogramm

Regelmässig gehören auf eine Themen- bzw. Traktandenliste von Baukonflikten:

  • Baubeteiligte
    • Rolle der Baubeteiligten zur Konfliktvermeidung und Konfliktlösung
      • Rügepflichtiger Bauherr / nachbesserungspflichtiger Unternehmer
      • Geschädigter / Schädiger
    • Funktion
      • Bauherr > Architekt > TU oder GU > Subunternehmer
  • Kommunikation und Verhandlungsführung
  • Konfliktdeeskalation
  • Konfliktursachen
    • Erforschung zur Lösungsfindung
  • Konfliktbehandlung
    • Streitvermeidung
    • Streitbeilegung
  • Verfahren zur alternativen Streitbeilegung
    • Baumediation
    • Bauschlichtung
    • Schiedsgutachten
  • Prozessverfahren
    • Staatliche Gerichte vs. Schiedsgericht
    • Kosten- und Nutzenanalyse
    • Vergleich von gerichtlicher Auseinandersetzung und alternativer Streitbeilegung

Nachfolgend werden die verschiedenen Konfliktlösungsarten, die im unten abgebildeten Raster „Konfliktlösungsmöglichkeiten“ wiedergegeben sind, dargestellt.

Baukonfliktprävention

Auch wenn Konflikte unvermeidlich sind, ist auch in Bausachen die Konfliktvermeidung erstrebenswert:

  • Definition
    • Baukonfliktprävention =   Vorbeugende Nutzung von Hilfsmitteln (Tools), Hinweisen und Informationen über potentielle Konflikte und Stresssituationen, zur Vermeidung eines Konflikts
  • Grundlagen
    • Sensorium für sich anbahnende Baumängel und ihrer Vermeidung
    • Sensorium für sich anbahnenden zwischenmenschliche Konflikte
  • Gegenstand
    • Erkennen der Situationen, die zu einem Konflikt führen könnte
    • Minderung der Spannungen
    • Vermeidung der Eskalation bestehender Spannungen (Deeskalation)
    • Beseitigung der Risikofaktoren vor Konfliktausbruch
  • Instrumente
    • Workflow-Programme
    • Frühwarnung
      • Frühwarn-Tool
      • „Interviews“
      • Beobachtungen
    • Vertrauensbildende Massnahmen
    • Sicherheitsbildende Massnahmen
    • Präventive Diplomatie
    • ursprüngliche
      • Architekturverträge bzw. Werkverträge mit Mediationsklausel
    • Nachträgliche
      • Mediationsvereinbarung
  • Voraussetzungen
    • Bereitschaft zur Zurverfügungstellung einer Fachperson während des Bauvorhabens, seitens des Bauherrn und/oder des Unternehmers, insbesondere bei grösseren Bauvorhaben
    • Keine Leugnung vorhandener Konflikte
  • Ziele / Zweckmässigkeit von Vorkehren
    • Vertragsgestaltung
    • Baubegleitende Klärung schwellender Konfliktpunkte
    • nach Bauwerksfertigstellung anzugehende Probleme
  • Präventions-Vorteile
    • Günstiger als die Konfliktaustragung
    • Keine Beschädigung einer (langjährigen) Geschäftsbeziehung
    • Frieden auf der Baustelle und zwischen den nicht vor Ort arbeitenden Baubeteiligten
  • Präventions-Nachteile
    • Gefahr einer Kontroll- und Misstrauenskultur
    • Risiko, dass alles und jedes thematisiert wird, obwohl potentielle Konfliktsituationen – ohne Zutun – bilateral bereinigt werden

Konfliktlösungsmanagement

Damit aus physischen Baustellen nicht emotionale, finanzielle oder gar rechtliche „Baustellen“ werden, sollten die Beteiligten gewisse Verhaltensweisen eingehalten werden:

  • Definition
    • Konfliktmanagement =   Handling eines manifesten Disputs
  • Grundlagen
    • Vertretung eigener Interessen zur einvernehmlichen Streitbeilegung
  • Gegenstand
    • Kontrolle, Bearbeitung und Entschärfung eines manifesten Konflikts
    • Suche nach Wegen zu einem konstruktivem Umgang mit einem Disput
    • Schadensbegrenzung
  • Voraussetzungen
    • Einbindung der Gegenpartei in den Konfliktlösungsprozess
    • Bereitschaft zu einem Kompromiss
  • Ziele / Nutzen
    • Annahme, dass sich eine Streitsache ohne Dritten und ohne Gerichte eindämmen oder lösen lässt
    • Lässt sich direkt unter den Parteien ein Weg zum konstruktiven Umgang mit einem Konflikt finden, ist dies besser als jede Streitschlichtung mit einem Dritten und jede gerichtliche Auseinandersetzung, da das (Geschäfts-)Beziehungsverhältnis so intakter bleibt
    • Entwicklung eines tragfähigen Systems für den Umgang mit zukünftigen Differenzen
  • Massnahmen
    • Problemsensitivität
      • Früherkennung möglicher Konflikte im Baualltag
    • Mut zur zeitnahen Problemansprache
      • Je früher die Problemansprache, desto grösser sind die Chancen für eine einvernehmliche Problembewältigung
    • Aussprache in Konflikten
      • Jede Partei sollte mehr auf „Empfangen“ statt „Senden“ gehen
        • Verifizierung
        • Wiederholen, zur Bestätigung
        • Nachfragen / Unklares klären
      • Empfindungsäusserung
        • Betroffenheit
        • verletzte Gefühle
      • Interessenerforschung
        • Abklärung der Interessen beider Parteien
        • Suche von Gemeinsamkeiten
      • Zielbeschreibung
        • Art
          • positiv (was man will), statt negativ (was man nicht will)
        • Inhalt
          • quantitativ
          • qualitativ
          • terminlich
    • Coaching des Bauherrn, Planers, Bauleiters oder Unternehmers
      • gecoachtes Verhandeln
        • zur Vermeidung einer Eskalation bzw. des Beizugs auch eines Anwalts (für gleich lange Spiesse) kann es sich zweckmässig erweisen, dass die betreffende Partei gecoacht wird bzw. ein Ghostwriting der Korrespondenzen erfolgt
        • Während des Verhandlungsverlaufs bzw. des Korrespondenzwechsels ist der richtige Zeitpunkt zu finden, in welchem der (Rechtsanwalts-)Coach als Vertreter nach aussen auftritt
      • Gecoachtes Einbringen der Fachmeinung
        • Beizug eines Baufachexperten, der im Hintergrund die erforderlichen Fragestellungen und Hinweise vorbereitet und die Partei durch die bautechnischen Konfliktpunkte führt
  • Konfliktmanagement-Vorteile
    • Vermeidung einer weiteren Eskalation
      • Optimale Konfliktlösung, weil sie ohne den Beizug Dritter erfolgen kann bzw. erfolgt
      • Chance, sich über das Handling bzw. die Vermeidung künftiger Probleme anzusprechen und zu finden
  • Konfliktmanagement-Nachteile
    • Kosten- und Zeit-Aufwand (wobei dieser Aufwand meistens so oder so anfällt, nur in einer anderen Form oder in anderem Zusammenhang (Schlichtung, Mediation, Gerichtsverfahren))

Baumediation

  • Definition
    • Baumediation =   Möglichkeit zur Baustreitbeilegung, alternativ zur gerichtlichen Auseinandersetzung
  • Grundlagen
    • ursprünglich
      • Mediationsklausel im Architekturvertrag bzw. im Werkvertrag
    • nachträglich
      • Mediationsvertrag
  • Gegenstand
    • Verhandlungsprozess-Begleitung durch den Baumediator und neutralitätswahrender Versuch, den streitenden Parteien bei der Kommunikation Lösungssuche zu helfen
  • Voraussetzungen
    • Freiwilligkeit, am Mediationsverfahren teilzunehmen
    • Selbstbestimmung der Parteien
      • Ablauf Mediationsprozess
      • Verhandlungsergebnis
    • Mediatoranforderungen
      • Mediationserfahrung
      • Baufachkenntnisse
      • Rechtskenntnisse

Mediation

* Tiziano Winiger

Der Mediator sollte sehr fachkompetent und geschult sein, die Kommunikationsstörungen herzustellen und die Einigungshindernisse zwischen den Parteien zu beseitigen. In erster Linie sollte er die Kommunikation unter den Parteien fördern, damit für die Parteien eine akzeptable Win-win-Lösung des Konfliktes erarbeitet werden kann.
Warum sollten die Parteien zur Mediation schreiten, wenn andere Konfliktlösungsmethoden zur Verfügung stehen? Gerichts- und Schiedsgerichtsentscheide sind mit einem Prozessrisiko behaftet, welches nicht immer leicht zu prognostizieren ist. Zudem erfolgt bei der Mediation kein Autoritätsspruch durch Dritte, und die Parteien bestimmen den Konfliktaustragungszeitpunkt und den Konfliktinhalt selber. Um an der Mediation eine Win-win-Situation zu erzielen, dürfen die Parteien Aspekte miteinbeziehen, welche im Prozess- und Urteilsfalle nicht berücksichtigt werden könnten. Das enge Korsett des Verfahrensrechts entfällt und setzt der Kreativität keine Grenzen. Es können rasche und kostensparende Lösungen gefunden werden. Ein Mediationsverfahren kann daher in der Regel schneller als herkömmliche Gerichtsverfahren abgeschlossen werden und ist erst noch kostengünstiger. Führt ein Mediationsverfahren zu keiner Einigung, so steht das Gerichtsverfahren immer noch offen.
Nicht alle Streitigkeiten können mit der Mediation beigelegt werden. Zwingende Voraussetzung eines Mediationsverfahrens ist nämlich, dass die Parteien es freiwillig wollen. Präzedenzurteile können durch Mediation natürlich nicht bewirkt werden. Ungünstig erscheint die Mediation sodann, wenn zwischen den Parteien ein krasses Machtgefälle besteht. Eine Hürde kann bei der Mediation schliesslich die Finanzierung darstellen.
Wie kommt eine Mediation zu Stande? Die Parteien können in einem Vertrag eine Mediationsklausel vereinbaren. Haben sie das nicht getan, können sie sich ad hoc darauf einigen, vor Anrufung eines Gerichtes den Streit mit Hilfe eines Mediators beizulegen. In beiden Fällen suchen die Parteien einen Mediator auf. Anlässlich einer ersten Sitzung wird dieser die Parteien über das Mediationsverfahren aufklären und eine Mediationsvereinbarung ausarbeiten. Danach kann ohne Zwang nach Optionen gesucht werden, um den Konflikt zu lösen und durch eine Vereinbarung aus der Welt zu schaffen. Diese kann und soll durch die Anwälte auf Fairness geprüft, und durch die Parteien unterzeichnet werden. Rechtsanwälte sollen bei der Mediation durchaus an der Seite der Parteien teilnehmen können.
Obwohl die Mediation nicht die ultimative Lösung aller Probleme dieser Welt ist, sollte sie als alternative Konfliktbewältigungsmethode in Betracht gezogen werden. Mit ihr lässt sich der grösstmögliche Konsens der Parteien erreichen und Konflikte durch Dialog und Kooperation statt Konfrontation lösen.
Weitere Informationen über Mediation können auch beim schweizerischen Verband für Mediation, Handlaubstrasse 49, 8006 Zürich oder bei der Schweizer Kammer für Wirtschaftsmediation, Postfach, Bollwerk 21, 3001 Bern sowie beim Hauseigentümerverband Zürich, Albisstrasse 28, 8038 Zürich angefordert werden.

vgl. Monatsschrift HEV | hev-zuerich.ch

Bauschlichtung

Eine weitere Streitbeilegungsvariante ist die (private) Schlichtung unter Beizug einer Privatperson als Schlichter (nicht zu verwechseln mit dem Schlichtungsverfahren des staatlichen Friedensrichters bzw. Vermittler, als erste Stufe für ein Prozessverfahren vor einem staatlichen Gericht (vgl. schlichtungsverfahren.ch):

  • Definition
    • Bauschlichtung =   Konfliktlösungsmöglichkeit am Bau zur Prozessvermeidung
  • Grundlagen
    • ursprünglich
      • Schlichtungsklausel im Architekturvertrag bzw. im Werkvertrag
    • nachträglich
      • Schlichtungsvertrag
  • Gegenstand
    • Konfliktschlichtung durch neutralen bzw. unabhängigen Schlichter
  • Voraussetzungen
    • Freiwilligkeit, am Mediationsverfahren teilzunehmen
    • Keine Ausschliesslichkeit
    • Schlichteranforderungen
      • Unabhängigkeit / Neutralität
      • Schlichtungserfahrung
      • Baukunde-Kenntnisse
      • Rechts-Kenntnisse
  • Ziele / Nutzen
    • Aussergerichtliche Streitbeilegung
  • Schlichtungs-Vorteile
    • Effiziente und kostengünstige Einigungsmöglichkeit
    • Beziehungs- und Gesichtswahrung
    • Chancen zu weiterer Zusammenarbeit
  • Schlichtungs-Nachteile
    • zusätzlicher Aufwand im Falle eines Scheiterns
    • keine Anspruchsbeurteilung (falls dies für parteiinterne (Entscheidungs-)Prozesse notwendig sein sollte

Schiedsexpertise

Verbreitet bei Baukonflikten ist auch die Schiedsexpertise (auch: Schiedsgutachten)

  • Definition
    • Schiedsexpertise =   Beweismittel- und Beweiswürdigungsurkunde, welche in der Regel eine Tatsachenfeststellung (Ergebnis eines bautechnischen Disputs) und nicht eine Rechtsbeurteilung enthält
  • Grundlagen
    • Abrede zwischen Streitparteien und dem Schiedsexperten
  • Voraussetzungen
    • Einigung der Parteien auf die Person eines bestimmten Schiedsgutachter (Schiedsexperten)
    • Unterwerfung beider Parteien unter das vom Schiedsgutachter ermittelte Expertise-Ergebnis
  • Ziele / Nutzen
    • Eignung bei Streit einzig über die Mängelursache und Mängelurheberschaft
  • Schiedsexpertisen-Vorteile
    • Fachurteil
    • Kostengünstige Baumängelursachen-Ermittlung
    • Diskrete Behandlung des Konflikts (keine unerwünschten Reputationsschäden, im Gegensatz zu öffentlichem Gerichtsprozess)
    • Bei mehreren am Baumangel Beteiligten kann vom Schiedsexperten die (quotale) Schadensaufteilung verlangt werden
  • Schiedsexpertisen-Nachteile
    • Keine ganzheitliche Beurteilung
    • Keine Rechtsbeurteilung

Schiedsgericht

In der Baubranche sind die Meinungen zur Berufung eines Schiedsgerichts geteilt. In den SIA-Planer- und Werkverträgen ist meistens die Stufenfolge „Mediation > Schiedsgericht“ enthalten, sofern und soweit die Parteien sich diese Streitbeilegungsfolge unterworfen haben. Selbstverständlich kann auch im Nachhinein einvernehmlich auf diese Streiterledigungsfolge verzichtet und das staatliche Gericht von einer Partei angerufen werden.

Das Schiedsgericht charakterisiert sich durch folgende Elemente:

  • Definition
    • Schiedsgericht =   privates Gericht für einen konkreten Streitfall
  • Grundlagen
    • ursprünglich
      • Schiedsklausel im Architekturvertrag bzw. im Werkvertrag
    • nachträglich
      • Schiedsvertrag
  • Schiedsgerichtsarten
    • Ständige Schiedsgerichte (Schiedsgerichtsorganisation einer Kammer oder Berufsverbandes)
    • Ad hoc-Schiedsgericht (Konstituierung und Einberufung für den konkreten Streitfall)
  • Ziele / Nutzen
    • Fachgerichts-Nutzen
  • Vorteile des Schiedsgerichts
    • Fachwissen der gewählten Schiedsrichter
    • im Bauwesen oft kostengünstig
    • Diskretion
    • Ganzheitliche Streiterledigung
  • Nachteile des Schiedsgerichts
    • Intransparente Unabhängigkeits- und Unparteilichkeits-Frage
    • Keine Möglichkeit da zu handeln, wo Gewalt und Zwang notwendig sind (exklusive Zuständigkeit staatlicher Gerichte)
    • Beschränkte Rechtsmittel- bzw. Weiterzugs-Möglichkeiten

Staatliches Gericht

Für viele Streitbetroffene, insbesondere jene, die im Architekturvertrag bzw. Werkvertrag keine Schiedsabrede eingegangen sind, ist automatisch und ohne zu hinterfragen das staatliche Gericht zuständig. Gleichwohl ist ein kurzer Blick auf dessen Forum-Charakteristika zu werfen:

  • Definition
    • Staatliches Gericht =   Gerichtskörper, bei dem die Richter durch den Staat und die Gerichtsorganisation bestimmt wird (also im Gegensatz zum Schiedsgericht, wo die Parteien die Richter bestimmen)
  • Grundlage
    • Zivilprozessordnung (ZPO)
  • Voraussetzungen
    • Klage einer Partei des Architekturvertrags bzw. Werkvertrags
  • Zweckmässigkeit / Nutzen
    • Für alle Parteien, die dem schweizerischen Gerichtswesen vertrauen, auch wenn heute das eine oder andere Gerichte aus Effizienzgründen dazu übergegangen ist, statt Recht zu sprechen, ohne genaue Sachverhaltsabklärung die Parteien zu zwingen, für die eine oder andere Parteien einen ungerechten Vergleich zu schliessen oder gar die Klage zurückzuziehen
  • Vorteile des staatlichen Gerichts
    • Unerwünschte Prozessergebnisse können an die nächste Instanz weitergezogen werden
    • Ganzheitlicher Entscheid (Mängelursache + Recht)
    • Exklusive Zuständigkeit, wo Zwang und Gewalt notwendig ist (Schiedsgerichte können hier nicht handeln)
  • Nachteile des staatlichen Gerichts
    • oft keine Fachrichter im Einsatz
    • in unteren Instanzen junge, unerfahrene Gerichtspersonen
    • nicht selten längere Prozessdauer

Schlussbetrachtung

Jede gütliche Einigung ist besser als eine strittige Auseinandersetzung. Jedes alternative Streitbeilegungsverfahren ist, eine beiderseitige Einigungsbereitschaft vorausgesetzt, effizienter als das Prozessverfahren eines staatlichen Gerichts oder eines Schiedsgerichts. Je nach Streitgegenstand endet die strittige Auseinandersetzung mit einem Obsiegen oder Unterliegen; mit einem Verhandlungsergebnis können die Risiken begrenzt werden. Oft werden die Zeitkomponenten (Dauer von der Klage bis zum rechtskräftigen Urteil und die Beanspruchung der Entscheidungsträger für die Verfahrensmitwirkung) vernachlässigt. Bei den Kosten- und Finanzaspekten sind nicht nur die durch das Prozessverfahren gebundenen Mittel, sondern auch das spätere Eintreffen der Ergebnisse bzw. Erlöse zu berücksichtigen. Nicht selten ist eine Verhandlungslösung das bessere und schnellere Ergebnis, weil sich die Streitenden konstruktiveren zukünftigen (Betriebs-)Interessen zuwenden können.

Vorbehalt / Disclaimer

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