Im Beweisverfahren werden Beweise erhoben über erhebliche strittige Tatsachen:
Beweis nur wo notwendig
- Beweis ist nur über bestritten gebliebene Behauptungen und Bestreitungen abzunehmen
- Beweis wird nur über erhebliche strittige Tatsachen, von denen der Ausgang des Bauprozesses abhängig ist, erhoben
Beweislast
- Aufgrund der „Verhandlungsmaxime“ ist es Sache der Streitparteien die für den Beweis der rechtserheblichen Tatsachen zu erbringen
- Für die Übersicht zur Anwendung der Beweislastregel in Bauprozessen, vgl. hiezu BÜHLER ALFRED, a.a.O., S. 304 ff.
- Massgebend ist grundsätzlich die Beweislastregel von ZGB 8:
- „Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet.“
Beweisbarkeit?
- Nicht jeder Beweis lässt sich erbringen
- Es ist deshalb festzulegen, wer die Folgen einer Beweislosigkeit (Beweislast) trägt
Beweisverfügung
- Das Gericht hält in der Beweisverfügung fest, welche Streitpartei für welche Tatsachenbehauptungen beweispflichtig ist und, welche der von den Parteien angebotenen Beweise abgenommen werden
Beweisabnahme
- Urkundenbeweise
- Zeugeneinvernahmen
- Augenschein
- Das Gericht führt in Anwesenheit der Streitparteien eine Besichtigung des Streitgegenstandes durch und protokolliert seine Feststellungen
- Gerichtsgutachten (auch: Gerichtsexpertise)
- Gerichtsgutachten werden an einen von Streitparteien genehmigten Gutachter in Auftrag gegeben und den Parteien nach der Expertisen-Erstattung Gelegenheit zu Ergänzungsfragen und zur Stellungnahme gegeben
- Beweisaussage
- etc.
Beweisergebnis
- Ist die Beweisaufnahme abgeschlossen, erhalten die Parteien Gelegenheit, zum Beweisergebnis Stellung zu nehmen
- Nach Abschluss der Stellungnahmen geht das Gericht zur Urteilsfindung über
Beweislosigkeit
- Was die beweisbelastete Partei nicht beweisen kann, darf dem Urteil nicht zugrunde gelegt werden
- Die Beweislosigkeit wirkt sich zuungunsten der beweisbelasteten Partei aus
Erbrachter Beweis
- Der Beweis gelingt als erbracht, wenn das Gericht nach entsprechender Beweiswürdigung vom Vorhandensein der behaupteten Tatsache überzeugt ist
- Gelingt dem Kläger der Beweis, ist in der Regel der Weg zum Obsiegen offen
Beweisschwierigkeiten
- Bei Bauprozessen treten Beweisschwierigkeiten akzentuiert auf
- Baufortschritt verunmöglicht oft die Feststellung erbrachter Leistungen bezüglich Quantität und Qualität
- Infolge der Vielzahl der am Bau Beteiligten ist im Nachhinein nicht feststellbar, wer in Bezug auf eine Mangelerscheinung welche Arbeiten ausgeführt oder unterlassen hat
- Vernachlässigte Aktenführung über Abmahnungen hinsichtlich festgestellter Unzulänglichkeiten u/o Programmänderungen u/o Abweichung von Vertragsgrundlagen
- Entscheidende Tatsachen lassen sich später selten durch Zeugenaussagen beweisen (Zeitenlauf, reduziertes Erinnerungsvermögen, Mangel-Befangenheit, zeugennähe zur Gegenpartei usw.)
- In solchen Fällen kommt vom Betroffenen der Ruf nach Beweiserleichterungen
Beweiserleichterungen
- Wahrscheinlichkeitsbeweis (keine Beweislastumkehr)
- Gegenstand
- Erfahrungssätze
- Natürliche Vermutungen (auch: Erfahrungsvermutung)
- Wirkung
- Anspruchsgegner muss nicht den Beweis des Gegenteils erbringen, aber den Gegenbeweis (Entkräftung der Vermutung)
- Anwendungsfall Regierapporte + Ausmassblätter
- Natürliche Vermutung von vorbehaltslos unterzeichneten Regierapporten, dass der Aufwand erbracht und notwendig
- Vermutung der Richtigkeit der verurkundeten Tatsachen
- Gegenpartei kann Gegenbeweis erbringen, zB durch Expertise über das tatsächliche Ausmass
- Regierapporte und Ausmassblätter befreien den Unternehmer nicht vom Hauptbeweis der Richtigkeit der dokumentierten Leistungen und somit seiner Anspruchsgrundlage
- Anwendungsfall Sachmängelhaftung
- Tatsächliche Vermutung, dass der Preis der Sache ihrem objektiven Wert und die Kosten der Mängelbeseitigung der Wertdifferenz zwischen mängelfreier und mangelhafter Sache entspricht (vgl. BGE 111 II 162)
- Gegenstand
- Beweislastumkehr
- = Ausnahmefall
- Ausnahme vom Rechtsgrundsatz, dass derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet
- Gegenstand
- Gesetzliche Vermutungen
- Wirkung
- Anspruchsgegner trifft die Beweislast
- = Ausnahmefall
Literatur
- BÜHLER ALFRED, Von der Beweislast im Bauprozess, in: Koller (Hrsg.), Aktuelle Probleme des privaten und öffentlichen Baurechts, St. Gallen 1994, S. 289 ff.
- SCHUMACHER RAINER, Beweisprobleme im Bauprozess, in: Festschrift Eichenberger, Aarau 1990, S. 169 ff.
Judikatur
Risiko der Beweislosigkeit des Unternehmers bei Regierapporten und Ausmassen
- ZR 89 (1990) Nr. 37
- BR 2/92, Anmerkung zu Nr. 91, S. 45
Sachmängelhaftung / Wertdifferenz
Weiterführende Informationen
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