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Bauprozess

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Beweisbedeutung

Rechtsgebiet:
Bauprozess
Stichworte:
Bauprozess, Bauzivilprozess
Autor:
Bürgi Nägeli Rechtsanwälte
Herausgeber:
Verlag:
LAWMEDIA AG

Im Beweisverfahren werden Beweise erhoben über erhebliche strittige Tatsachen:

Beweis nur wo notwendig

  • Beweis ist nur über bestritten gebliebene Behauptungen und Bestreitungen abzunehmen
  • Beweis wird nur über erhebliche strittige Tatsachen, von denen der Ausgang des Bauprozesses abhängig ist, erhoben

Beweislast

  • Aufgrund der „Verhandlungsmaxime“ ist es Sache der Streitparteien die für den Beweis der rechtserheblichen Tatsachen zu erbringen
    • Für die Übersicht zur Anwendung der Beweislastregel in Bauprozessen, vgl. hiezu BÜHLER ALFRED, a.a.O., S. 304 ff.
  • Massgebend ist grundsätzlich die Beweislastregel von ZGB 8:
    • „Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet.“

Beweisbarkeit?

  • Nicht jeder Beweis lässt sich erbringen
  • Es ist deshalb festzulegen, wer die Folgen einer Beweislosigkeit (Beweislast) trägt

Beweisverfügung

  • Das Gericht hält in der Beweisverfügung fest, welche Streitpartei für welche Tatsachenbehauptungen beweispflichtig ist und, welche der von den Parteien angebotenen Beweise abgenommen werden

Beweisabnahme

  • Urkundenbeweise
  • Zeugeneinvernahmen
  • Augenschein
    • Das Gericht führt in Anwesenheit der Streitparteien eine Besichtigung des Streitgegenstandes durch und protokolliert seine Feststellungen
  • Gerichtsgutachten (auch: Gerichtsexpertise)
    • Gerichtsgutachten werden an einen von Streitparteien genehmigten Gutachter in Auftrag gegeben und den Parteien nach der Expertisen-Erstattung Gelegenheit zu Ergänzungsfragen und zur Stellungnahme gegeben
  • Beweisaussage
  • etc.

Beweisergebnis

  • Ist die Beweisaufnahme abgeschlossen, erhalten die Parteien Gelegenheit, zum Beweisergebnis Stellung zu nehmen
  • Nach Abschluss der Stellungnahmen geht das Gericht zur Urteilsfindung über

Beweislosigkeit

  • Was die beweisbelastete Partei nicht beweisen kann, darf dem Urteil nicht zugrunde gelegt werden
  • Die Beweislosigkeit wirkt sich zuungunsten der beweisbelasteten Partei aus

Erbrachter Beweis

  • Der Beweis gelingt als erbracht, wenn das Gericht nach entsprechender Beweiswürdigung vom Vorhandensein der behaupteten Tatsache überzeugt ist
  • Gelingt dem Kläger der Beweis, ist in der Regel der Weg zum Obsiegen offen

Beweisschwierigkeiten

  • Bei Bauprozessen treten Beweisschwierigkeiten akzentuiert auf
    • Baufortschritt verunmöglicht oft die Feststellung erbrachter Leistungen bezüglich Quantität und Qualität
    • Infolge der Vielzahl der am Bau Beteiligten ist im Nachhinein nicht feststellbar, wer in Bezug auf eine Mangelerscheinung welche Arbeiten ausgeführt oder unterlassen hat
    • Vernachlässigte Aktenführung über Abmahnungen hinsichtlich festgestellter Unzulänglichkeiten u/o Programmänderungen u/o Abweichung von Vertragsgrundlagen
    • Entscheidende Tatsachen lassen sich später selten durch Zeugenaussagen beweisen (Zeitenlauf, reduziertes Erinnerungsvermögen, Mangel-Befangenheit, zeugennähe zur Gegenpartei usw.)
  • In solchen Fällen kommt vom Betroffenen der Ruf nach Beweiserleichterungen

Beweiserleichterungen

  • Wahrscheinlichkeitsbeweis (keine Beweislastumkehr)
    • Gegenstand
      • Erfahrungssätze
      • Natürliche Vermutungen (auch: Erfahrungsvermutung)
    • Wirkung
      • Anspruchsgegner muss nicht den Beweis des Gegenteils erbringen, aber den Gegenbeweis (Entkräftung der Vermutung)
    • Anwendungsfall Regierapporte + Ausmassblätter
      • Natürliche Vermutung von vorbehaltslos unterzeichneten Regierapporten, dass der Aufwand erbracht und notwendig
      • Vermutung der Richtigkeit der verurkundeten Tatsachen
      • Gegenpartei kann Gegenbeweis erbringen, zB durch Expertise über das tatsächliche Ausmass
      • Regierapporte und Ausmassblätter befreien den Unternehmer nicht vom Hauptbeweis der Richtigkeit der dokumentierten Leistungen und somit seiner Anspruchsgrundlage
    • Anwendungsfall Sachmängelhaftung
      • Tatsächliche Vermutung, dass der Preis der Sache ihrem objektiven Wert und die Kosten der Mängelbeseitigung der Wertdifferenz zwischen mängelfreier und mangelhafter Sache entspricht (vgl. BGE 111 II 162)
  • Beweislastumkehr
    • =   Ausnahmefall
      • Ausnahme vom Rechtsgrundsatz, dass derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet
    • Gegenstand
      • Gesetzliche Vermutungen
    • Wirkung
      • Anspruchsgegner trifft die Beweislast

Literatur

  • BÜHLER ALFRED, Von der Beweislast im Bauprozess, in: Koller (Hrsg.), Aktuelle Probleme des privaten und öffentlichen Baurechts, St. Gallen 1994, S. 289 ff.
  • SCHUMACHER RAINER, Beweisprobleme im Bauprozess, in: Festschrift Eichenberger, Aarau 1990, S. 169 ff.

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