Sie befinden sich: Home » Rechtsgebiete » Einleitung zur Geschäftsraummiete / Ladenmiete » Geschäftsaufgabe ohne Kündigung » Übertragung der Miete auf einen Dritten (OR 263)
- Geschäftsraummieter kann das Mietverhältnis mit Zustimmung des Vermieters auf einen Dritten übertragen
- Voraussetzungen:
- Begehren des Mieters an den Vermieter
- Vereinbarung des Mieters mit dem Dritten (Übernahmevertrag)
- keine Verweigerung der Zustimmung aus wichtigem Grund
- Dritter hat die Sache gleich zu gebrauchen, wie der ausscheidende Mieter
- wichtige Gründe sind Umstände, welche den Eintritt des Dritten in den Mietvertrag für den Vermieter als objektiv oder subjektiv unzumutbar erscheinen lassen
- Prüfungsrecht des Vermieters:
- Grundsatz
- Zur Ausübung des Prüfungsrechts kann der Vermieter vom Mieter sämtliche sachdienlichen Auskünfte und Dokumente verlangen (Auskunfts- und Dokumentationsobliegenheit)
- Bei unzureichender Information hat der Vermieter eine angemessene Nachfrist zu setzen
- Dokumente
- Auszug aus dem Handelsregister
- Fähigkeitsausweise zum Nachweis beruflicher Eigenschaften
- Betriebsbewilligungen (soweit notwendig)
- Bilanzen und Erfolgsrechnungen der letzten Jahre, als Solvenznachweis
- Geschäfts- und Revisionsberichte sowie das aktuelle Budget
- Betreibungsregisterauszug
- etc.
- Geschäftsübernahmevertrag
- (Inhaltspreisgabe nur soweit der Inhalt für die Mietübertragung von Relevanz ist > Auszug)
- Frist zur Beantwortung des Übertragungsgesuchs
- OR 263 enthält keine Beantwortungsfrist
- Zeitdauer, welche für eine sorgfältige Gesuchsprüfung im konkreten Fall notwendig ist; in der Praxis wird von einer (Minimal-)Frist von 30 Tagen ausgegangen
- Zustimmung
- Form und Wirkung
- Erfolgt die schriftliche Zustimmung (resp. Gerichtsurteil), tritt der Dritte anstelle des Mieters in das Mietverhältnis ein, mit allen Rechten und Pflichten
- Solidarische Weiterhaftung des ursprünglichen Mieters
- Mieter haftet noch bis zum nächsten ordentlichen Kündigungstermin resp. maximal zwei Jahre lang solidarisch für sämtliche Forderungen aus dem Mietvertrag
- Übernahme der Sicherheiten (OR 257e)
- Auf den Zeitpunkt des Mieter-Parteiwechsels werden auch die vom ausscheidenden Mieter im Sinne von OR 257e geleisteten Sicherheiten übernommen (analog OR 178 Abs. 1)
- Eine Ausnahme besteht bezüglich der mit der Person des Mieters verbundenen Sicherheiten bzw. Drittpfänder sowie Bürgschaften Dritter, welche nicht von der Vertragsübernahme erfasst werden (analog OR 178); hier hat der Übernehmer neue Sicherheiten zu stellen
- Verweigerung
- Grundsatz
- Verweigert der Vermieter seine Zustimmung, hat der Mieter die Schlichtungsbehörde resp. Gericht anzurufen; erst danach erfolgt Parteiwechsel
- Verweigerungsvoraussetzung
- Vorliegen eines wichtigen Grundes (jeder objektiv und / oder subjektive Umstand, der die Eingehung einer vertraglichen Beziehung mit dem Dritten nach Treu und Glauben (ZGB 2 Abs. 1) für den Vermieter als unzumutbar erscheinen lässt)
- Verweigerungs-Fallgruppen
- Person des Dritten
- Schlechter Ruf (zweifelhafte Integrität, schlechte Zahlungsmoral)
- Fehlende Geschäftserfahrung / Eignung des Dritten
- Ursprünglich abgewiesener Mietinteressent
- Fehlende Betriebsbewilligung
- Konkurrenzierung des Vermieters oder von Mitmieter(n)
- Finanzielle Situation des Dritten
- Mangelnde Zahlungsfähigkeit
- Schwächere Solvenz des Dritten als Mieter
- Keine vergleichbaren Sicherheiten des Dritten
- Person des Vermieters
- Eigeninteresse des Vermieters an der Geschäftsübernahme
- im Hinblick auf Mieter abgeschlossener Mietvertrag
- Mietobjekt und seine künftige Verwendung
- Geschäftsübernahmevertrag
- missbräuchliche Konditionen
- unzumutbare Bedingungen
- Mit der Gesuchstellung zusammenhängende Gründe
- Verweigerungsfolgen
- Mietvertrag
- Kein Parteiwechsel mieterseits
- Geschäftsübernahmevertrag
- Ob und inwieweit sich die Zustimmungsverweigerung des Vermieters auf den Geschäftsübernahmevertrag auswirkt, ist durch dessen Auslegung zu vermitteln
- Optionen des Mieters
- Klage
- Klageart, Klagebegehren und Klagebegründung des Mieters sind im individuell konkreten Einzelfall festzulegen
- Schadenersatz
- Bei unberechtigter Verweigerung der Zustimmung macht sich der Vermieter nach OR 97 ff. schadenersatzpflichtig
- Alternativen des Mieters
- Neues Gesuch
- Untermiete (OR 262)
- Vorzeitige Rückgabe (OR 264)
- Ausserordentliche Kündigung aus wichtigen Gründen (OR 266g)
Weiterführende Literatur
- MINDER MATTHIAS, Die Übertragung des Mietvertrags bei Geschäftsräumen (Art. 263 OR), einschliesslich des Verhältnisses von Art. 263 OR zum Fusionsgesetz (FusG), Zürich 2010, S. 200 ff. und S. 241 ff.
Weiterführende Judikatur
- Zustimmung zur Mietvertragsübertragung
- BGE 4C.401/2005 vom 01.06.2005, Erw. 8.3.2
- Urteil des Appellationshofs des Kantons Bern, S-0477/II/2003 vom 19.12.2003, Erw. 11
- Entscheid des Obergerichts des Kantons Zürich, NL080080, vom 12.08.2008, Erw. II, 3.1.2
- Verweigerung der Zustimmung zur Mietvertragsübertragung
- Entscheid des Obergerichts des Kantons Zürich, NG970050, vom 04.12.1997, Erw. III, 1 (siehe auch ZMP 1/1998, Nr. S. 22 ff.)
- Entscheid des Mietgerichts Zürich, MD970010, Erw. III, 3.3
- Übertragung Mietverhältnis
- Tribunal cantonal Vaud, Cour d’appel civil, vom 05.06.2019 (XZ16.05812-190236307) (Vermieter darf Zustimmung zur Übertragung der Geschäftsraummiete nicht von der Bezahlung eines höheren als vereinbarten Mietzinses abhängig zu machen / Schadenersatzpflicht bei Vereitelung der Mietvertragsübertragung)
Weiterführende Links
- Geschäftsübernahmevertrag / -folge
- Übertragung Mietverhältnis
- Neue Sicherheiten anstelle der mit der Person des ausscheidenden Mieters verbundener Sicherheiten
- Schlichtungsverfahren
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