Die Mediationsabrede, insbesondere der Mediationsvertrag, beinhalten den Parteiversuch, einen (ausgebrochenen) Streit einvernehmlich beizulegen.
Dabei ergeben sich materiell- und prozessrechtliche Wirkungen:
Materiell-rechtliche Wirkung
- Allgemeines
- Positive Pflichten
- Mitwirkungspflicht
- Bezeichnung der Mediationsperson
- Bestimmung der Verfahrensordnung
- Leistung Kostenvorschuss
- Verhandlungspflicht
- Beibringung der für die Mediationsdurchführung erforderlichen Informationen
- Unterlagen-Rückgabepflicht
- Rückgabe erhaltener Unterlagen
- Pflicht zur Wahrung der Vertraulichkeit
- Pflicht, für die Dauer der Mediation keine Klage zu erheben
- Mitwirkungspflicht
- Negativ
- Mediationsabrede begründet keine Einigungspflicht
- Parteiabrede-Verletzung
- Gründe
- Nichtteilnahme an der vereinbarten Mediation, von Beginn an oder im Laufe des Verfahrens
- Verletzung der Leistungspflichten während des Verfahrens
- Folge
- Anderer Partei stehen Ansprüche aus Vertragsverletzung
- Gründe
- Positive Pflichten
- Vertrag, nicht zu fordern (Pactum de non petendo)
- Pactum de non petendo in tempus
- Vertragliche Pflicht, einen Anspruch für bestimmte Dauer nicht geltend zu machen
- Dilatorischer Klageverzicht bzw. temporäres Klageverbot
- Keine weiteren materiellen Wirkungen
- Verzugsfolgen treten ein
- Verrechnung bleibt weiterhin möglich
- Vertragliche Pflicht, einen Anspruch für bestimmte Dauer nicht geltend zu machen
- Abgrenzung von der Stundung
- Stundung = Nichtgeltendmachung des Anspruchs
- Im Nachhinein gewährter leistungs- bzw. Fälligkeitsaufschub
- Stundung = Nichtgeltendmachung des Anspruchs
- Pactum de non petendo in tempus
Prozess-rechtliche Wirkung
- Allgemeines
- Kein dauerhafter Ausschluss der staatlichen Gerichtsbarkeit bzw. des (privaten) Schiedsgerichtsbarkeit
- Parteiwille, die gerichtliche Beurteilung der Streitigkeit für eine bestimmte Dauer auszuschliessen
- Verletzung des Parteiwillens durch Anrufung des Gerichts während der Mediation
- Frage, ob die Klage als verfrüht anzusehen ist und das Gericht die Klage zurückweisen hat
- Praktische Bedeutung
- Prozessuale Rückweisung nur von geringer Bedeutung
- Verfrüht eingereichte Klage kommt konkludenten Abbruch der Mediation gleich
- Beachtung Mediationseinrede von Amtes wegen oder nach Prozesseinrede?
- Frage, ob die Mediationsabrede vom Gericht von Amtes wegen oder nur auf Prozesseinrede hin zu beachten ist?
- Beurteilung in Lehre und Rechtsprechung
- umstritten
- Pro Berücksichtigung der Mediationsabrede von Amtes wegen
- Fehlen der negativer Prozessvoraussetzung vom angerufenen Gericht von Amtes wegen zu berücksichtigen ist und eine Einrede nicht erforderlich ist (SCHÜTZ JÜRG GIAN, a.a.O., S. 186, Rz 480)
- Pro prozesshindernde Einrede
- BUCHER EUGEN, a.a.O., S. 97
- EIHOLER HEINER, a.a.O., S. 185
- Beachtung einer Mediationsklausel ist nicht Prozessvoraussetzung
- ZR 117 (2018) Nr. 10, S. 24 ff., Erw. 3.2 f.
- Beurteilung in Lehre und Rechtsprechung
- Weitere Detailinformationen
- https://law.ch/lawinfo/zivilprozess/prozessvoraussetzungen-und-fortfuehrungslast
- Frage, ob die Mediationsabrede vom Gericht von Amtes wegen oder nur auf Prozesseinrede hin zu beachten ist?
Literatur
- Allgemein
- SCHÜTZ JÜRG GIAN, Mediation und Schiedsgerichtsbarkeit in der Schweizerischen Zivilprozessordnung – Eine Untersuchung zur Streitbehandlungslehre: Verfahrensvergleich und –auswahl anhand gesetzlich geregelter Alternativen zum staatlichen Zivilprozess – Mediation, Schiedsgerichtsbarkeit und deren Hybridisierung, Bern 2009, S. 182 ff., Rz 472 ff.
- UNICTRAL Conciliation Rules
- Verletzung des temporären Klageverzichts
- BUCHER EUGEN, Was macht der Schiedsrichter?, „Grenzüberschreitungen», Festschrift für Peter Schlosser zum 70. Geburtstag, S. 97
- EIHOLZER HEINER, Die Streitbeilegungsabrede – Ein Beitrag zu alternativen Formen der Streitbeilegung, namentlich zur Mediation, Diss. Freiburg 1998, insbesondere S. 62 f., 180 ff., insbesondere S. 185
Judikatur
- Verletzung des temporären Klageverzichts
- ZR 99 (2000) Nr. 29
- ZR 117 (2018) Nr. 10, S. 24 ff., Erw. 3.2 f. (Beachtung einer Mediationsklausel ist keine Prozessvoraussetzung)