Der freiberufliche Notar oder beim Amtsnotariat der Staat haben für den Schaden einzustehen, der in Ausübung ihres Berufes bzw. Amtes entstanden ist:
Begriff
- = Haftung für den Schaden, der in Ausübung der Beurkundungstätigkeit einer Partei oder einem Dritten entstanden ist
Rechtsgrundlagen
Schweizerische Obligationenrecht (OR)
Staatshaftung
- Nach den massgebenden kantonalen Erlassen
Haftungsvoraussetzungen
- Widerrechtlichkeit
- Verschulden
- Schaden
- Kausalzusammenhang zwischen widerrechtlichen Handlung oder Unterlassung und Schaden
Schadenersatzberechtigte
- die an der Urkunde Beteiligten
- Vertragsparteien
- aus der Urkunde Berechtigten wie
- Erben / Vermächtnisnehmer / Auflagenberechtigte
- Dienstbarkeitsberechtigte
- Grundpfandgläubiger
- Bürgschaftsgläubiger
- Rechtsnachfolger
- usw.
Hilfspersonenhaftung (Haftung für Angestellte)
Haftung
- Der Notar haftet für den Schaden, den seine Mitarbeiter bei der Berufsausübung verursachen
Auswahl, Instruktion und Überwachung
- Der Notar hat zur Schadenfallvermeidung, seine Angestellten sorgfältig auszuwählen, zu instruieren und zu überwachen
Keine Partner-Haftung
- Dagegen haftet der Notar nicht für seine Partner (Associés); diese bleiben für sich persönlich haftbar
Exkulpationsgründe
Grundsatz
- Der Notar kann sich dadurch entlasten, dass er nachweist, er habe alle Sorgfaltspflichten erfüllt und die Standes- und Berufspflichten eingehalten
Einzelne Entlastungsgründe
- falsche Angaben der Beteiligten
- Formwahl entgegen den Notarenrat
- Missachtung Notarenbelehrung
Höhere Gewalt
- Keine Haftung für höhere Gewalt
Verjährung
Freiberufliches Notariat
- aus Vertrag
- 10 Jahre
- aus ausservertraglicher Haftung (unerlaubte Handlung)
- Relative Verjährungsfrist: 1 Jahr
- Absolute Verjährungsfrist: 5 Jahre
Amtsnotariat
- Gemäss jeweiligem kantonalen Staatshaftungsgesetz
Haftpflichtfälle / Kasuistik
Staatliche Interessenwahrung
- Fiskalrecht
- steuerrechtliche Haftung aus kantonalem Recht
- zB Solidarhaftung des Notars
Urkundspflicht
- Absenz von rechtmässigen Weigerungsgründen des Notars
- Missachtung der persönlichen, örtlichen oder sachlichen Zuständigkeit
Wahrheitspflicht
- Unzulängliche Erforschung und Wiedergabe des Parteiwillens
- Nichtigkeit des Vertrages wegen unrichtiger Wiedergabe des Parteiwillens
- Wahl einer unzweckmässigen Form
- Nichtbeachtung der erforderlichen Form
- Unvollständige Urkundenredaktion
- Wahl eines schwer verständlichen Begriffs, der vom Gericht rechtskräftig als ungenügend erklärt eingestuft wurde (Beurkundung nicht mit der erforderlichen Klarheit)
- Textstreichungen in partei-redigierten Verträgen, die zu Wiedersprüchen oder zur Nichtwiedergabe des wirklichen Parteiwillens führen
- Einschränkungen
- Notar ist zu nicht mehr als zur Belehrung, Urkundengestaltung und Urkundenredaktion verpflichtet
- Keine Interessewahrungspflicht zu Gunsten der einen oder anderen Partei hinsichtlich weiterer notwendiger Verträge oder Rechtsakte
Belehrungspflicht
- Allgemeines
- Haftung wegen unrichtiger Belehrung bzw. Aufklärung
- Haftung wegen unrichtiger Auskunft in amtlicher Eigenschaft
- Massgeblichkeit des individuell konkreten Einzelfalls
- Voraussetzungen
- Belehrungshaftung nur bei schuldhafter Verletzung der Berufspflicht
- Aufklärungsfragen nur bei einer Vertragspartei
- Annahme die Belehrungspflicht sei wegen Drittberatung dahingefallen
- Vergewisserung in Lehre und Rechtsprechung, ob gewähltes Beurkundungsvorgehen herrschende Lehre bildet
- Keine Belehrungspflicht, wenn der Notar nach eingehender Verifizierung zur Überzeugung gelangt, der Gültigkeit des geplanten Rechtsgeschäftes stünden wegen der besonderen Umstände keine Bedenken entgegen
- Belehrung der Parteien über (gewichtige) Minderheitsmeinungen
- Haftung wegen der infolge ungenügender Sachverhaltsabklärung unterbliebenen Belehrung
- Haftung für unrichtige Steuerauskunft
- Belehrungspflicht hinsichtlich Erbschafts- und Grundsteuern, wenn die Parteien ein Form wählen, die von der gesetzlichen Regelung abweicht
- Belehrungspflicht, wenn die Rechtsgeschäftswahl der Parteien die Entstehung einer Steuer bewirkt und deren Höhe beeinflusst
- Belehrungshaftung hinsichtlich einer im Falle des Abschlusses oder des Nichtzustandekommens des Rechtsgeschäfts entstehenden Steuer
- Belehrungshaftung hinsichtlich
- Altlasten / belastete Standorte
- Grundpfandrechte
- Bauhandwerkerpfandrecht
- Öffentlich-rechtliche Verfügungsbeschränkungen
- Anspruch des Gemeinwesens auf Eintragung gesetzlicher Grundpfandrechte für nicht bezahlte Steuern
- Umstritten
- Belehrungspflicht hinsichtlich der wirtschaftlichen Gefahren des Rechtsgeschäfts und ihres Handelns (zB Kaufpreisvorauszahlung ohne Sicherheit)
- Belehrungshaftung nur bei schuldhafter Verletzung der Berufspflicht
- Keine Belehrungshaftung
- Keine Belehrungshaftung zu Kosten und Steuern, wenn die Parteien von ihm darüber keine Auskunft verlangen
- Ausnahme
- Belehrungshaftung des Notars bezüglich Beurkundungs- und Registerkosten sowie Steuern, wenn er den Parteien für den Geschäftsabschluss verschiedene Formen vorschlägt
- Ausnahme
- Keine Haftung für Gebührenauskunft, wenn der Notar annehmen durfte, die Steuerbehörde werde keine andere Auffassung über Rechtsnatur und Bewertungsgrundlage des zu beurkundenden Vertrages haben
- Keine Belehrungshaftung zu Kosten und Steuern, wenn die Parteien von ihm darüber keine Auskunft verlangen
Schleppende Notarenhandlungen
- Amtshandlungen-Erledigung innert angemessener Frist
- im Zweifelsfall gilt ein pflichtgemässes Ermessen des Notars
- keine Tages- und Nachtzeitpräsenz des Notars erwartbar
- Notar muss aber Zeitpunkte seiner Geschäftslast anpassen oder rechtzeitigen einen „Weigerungsgrund“ mitteilen
- Erledigungsdifferenzierung nach eiligen und aufschiebbaren Geschäften
- Fristeneinhaltung (Grundbuchanmeldungen etc.)
- Wechselprotest-Präsentation
- Dringlichkeiten
- Nicht rechtzeitige Nottestament-Hinterlegung bei Gericht (ZGB 507)
Weiterführende Informationen
Freiberufliches Notariat
- OR 41 ff.
Amtsnotariat
Bürgi Nägeli Rechtsanwälte
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