Begriff des sog. Eigenkapitalersatzes
Jede Gesellschafterleistung während der Gesellschafterkrise ist streng genommen Eigenkapitalersatz. In der Schweiz wird in der Lehre und nur vereinzelt in der Rechtsprechung das deutschstämmige Rechtskonstrukt des „Eigenkapitalersatzes“ angewandt. Im Schweizerischen Steuerrecht ist die Denkweise des „Kapitalersatzes“ schon länger verwurzelt.
Fehlende gesetzliche Grundlage
Die opportunistische Lehrmeinung über den „Kapitalersatz“ findet ihre Grundlage u.E. einzig in der Rechtsvergleichung deutschen Rechts.
Leistungen mit kapitalersetzender Wirkung
Der Darlehensgewährung in der Unternehmenskrise stehen, so zumindest die deutsche Kasuistik gleich:
- stehen gelassene Gesellschafterdarlehen
- Darlehensabsicherungen
- Forderungsstundungen
- Fälligkeitsvereinbarungen
- Sale and lease back
- Eigenkapitalersetzende Gebrauchsüberlassungen
Fällige Darlehen nicht stehen lassen!
Der Gesellschafter hat sein fälliges Darlehen mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln, so auch mit rechtlichen Schritten, einzutreiben. Lässt er das Darlehen „stehen“, kann es ebenfalls in Eigenkapital umgedeutet bzw. ein konkludenter Rangrücktritt angenommen werden.
Personenkreis
Die Umqualifikation in Kapitalersatz fokussiert natürlich auf den Gesellschafter.
Als Gesellschaftern gleichgestellt gelten (nach deutscher Kasuistik):
- Treuhänder
- Nutzniesser
- Pfandgläubiger
- Unterbeteiligte
- Stille Gesellschafter
- Familienangehörige
- Indirekte Stellvertretung
- Verbundene Unternehmen.
Stossende Folgen des Kapitalersatzes
Die Annahme des Kapitalersatzes zeitigt unverhältnismässige Konsequenzen:
- für den Darlehensgeber:
- Eintritt einer unbefristeten Eigenkapitalwirkung, auch für den Besserungsfall der schuldnerischen Unternehmung
- buchführungspflichtige Darlehensgeber müssen das Darlehen auf einen Erinnerungsfranken abschreiben
- buchführungspflichtige Darlehensgeber wissen nicht, wie sie im Besserungsfall den Kapitalersatz aufwerten können/sollen, da der Kapitalersatz ja unbefristet ist und mangels Aktienausgabe doch nicht als Eigenkapital verbucht werden kann
- für die Gesellschaft:
- ohne formale Berichtigung in der Bilanz besteht Fremdkapital mit Eigenkapital-Qualität
- eine Rückzahlung im Besserungsfall kann u.E. nur über eine Ausschüttung oder über eine Kapitalherabsetzung erfolgen.
Konkludenter Rangrücktritt als Lösung
Der sog. konkludente Rangrücktritt (Nachrangigkeit) wird dem Korrektur-Sinn und -Zweck besser gerecht und stuft den geltend gebenden Gesellschafter auch nicht auf die Stufe zB anderer Aktionäre zurück, die kein Kapital mehr in die Gesellschaft einschossen. – Der finanzierende Gesellschafter soll zwar schlechter gestellt werden als die Drittgläubiger, aber vor untätigen Mitaktionären befriedigt werden.
Bürgi Nägeli Rechtsanwälte
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