Sind die nachgenannten Voraussetzungen für eine notwendige Verteidigung gegeben, hat die Verfahrensleitung eine unverzüglich eine amtliche Verteidigung zu bestellen (vgl. StPO 131 Abs. 1).
Der Anspruch besteht für jedes staatliche Verfahren,
- in welches der Beschuldigte einbezogen wird
- welches zur Wahrung seiner Rechte notwendig ist (vgl. BGE 128 I 225, Erw. 2.3)
In der Regel werden vorausgesetzt:
- Erfordernis zur Wahrung der Interessen des Beschuldigten durch eine wirksame Verteidigung
- Strafandrohung einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr oder eine freiheitsentziehende Massnahme
- Beschuldigter verfügt nicht über die erforderlichen Mittel
- Subvoraussetzungen
- Erstellte Erfolgsaussichten (keine Aussichtslosigkeit)
- Unverschuldete, glaubhaft gemachte Bedürftigkeit (keine Rechtsschutzversicherung)
- Subvoraussetzungen
Kein Anspruch auf eine amtliche Verteidigung besteht in Bagatellfällen, für die eine geringfügige Strafe vorgesehen ist.
Vgl. ferner:
- Amtliche Verteidigung; Verteidigerbestellung
- Amtliche Verteidigung Verfahren; Verteidigerbestellung
- Bestellung amtlicher Verteidiger
Literatur
- OBERHOLZER NIKLAUS, Grundzüge des Strafprozessrechts, 4. Auflage, Bern 2020, S. 143, Rz 434
- LIEBER VIKTOR, in: DONATSCH / HANSJAKOB / LIEBER, Art. 130, N 13 + Art. 130 N 22
- Leitfaden „Amtliche Mandate“ der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich und der Oberjugendanwaltschaft des Kantons Zürich, 1.1.2016 (Ziff. E. 1.3. geändert am 23.10.2020), Version: 2.1 Auflage
- SCHILLER KASPAR, Schweizerisches Anwaltsrecht – Grundlagen und Kernbereich, Zürich / Basel / Genf 2009
- FELLMANN WALTER / ZINDEL GAUDENZ, Kommentar zum Anwaltsgesetz – Bundesgesetz über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte (Anwaltsgesetz, BGFA), 2. Auflage, Zürich / Basel / Genf 2011, N 144 zu Art. 12 BGFA und N 6 f zu Art. 27 BGFA
- FELLMANN WALTER, Grundriss Anwaltsrecht, 2. Auflage, Bern 2017
Judikatur
- BGE 120 Ia 43
- BGE 134 IV 241
- BGE 129 I 281
- BGer vom 15.08.2012
- BGer 1B_332/2012, Erw. 2.4
Links
Art. 131 StPO Sicherstellung der notwendigen Verteidigung
1 Liegt ein Fall notwendiger Verteidigung vor, so achtet die Verfahrensleitung darauf, dass unverzüglich eine Verteidigung bestellt wird.
2 Sind die Voraussetzungen notwendiger Verteidigung bei Einleitung des Vorverfahrens erfüllt, so ist die Verteidigung nach der ersten Einvernahme durch die Staatsanwaltschaft, jedenfalls aber vor Eröffnung der Untersuchung, sicherzustellen.
3 Wurden in Fällen, in denen die Verteidigung erkennbar notwendig gewesen wäre, Beweise erhoben, bevor eine Verteidigerin oder ein Verteidiger bestellt worden ist, so ist die Beweiserhebung nur gültig, wenn die beschuldigte Person auf ihre Wiederholung verzichtet.
Art. 133 StPO Bestellung der amtlichen Verteidigung
1 Die amtliche Verteidigung wird von der im jeweiligen Verfahrensstadium zuständigen Verfahrensleitung bestellt.
2 Die Verfahrensleitung berücksichtigt bei der Bestellung der amtlichen Verteidigung nach Möglichkeit die Wünsche der beschuldigten Person.