Dieser Artikel wurde in Zusammenarbeit mit RA Marc Peyer, Fachanwalt SAV Erbrecht, (Bürgi Nägeli Rechtsanwälte) verfasst.
1. Einleitung
Bei der verbreiteten Haustierhaltung stellt sich stets auch die Frage, wie nach dem Tod eines Tierhalters mit dessen Tieren umzugehen ist und was der Tierhalter zu Lebzeiten vorkehren kann, damit es seinen Tieren auch nach seinem Ableben gut geht.
2. Die Katze „Choupette“
Kurz nach dem Tod des deutschen Modeschöpfers Karl Lagerfeld am 19. Februar 2019 wurde in diversen Medien berichtet, dass der Erblasser seiner Birma-Katze „Choupette“ (in diesem Zeitpunkt bereits ein Internet-Star mit 170‘000 Follower bei Instagram) einen beträchtlichen Teil seines Vermögens hinterliess.
Die am 13. Mai 2019 verstorbene US-amerikanische Filmschauspielerin Doris Day hinterliess gemäss Medienberichten gar ihr gesamtes Vermögen ihren rund 40 Tieren (Hunde, Katzen, Pferde, Papageien), berichtgemäss zum Nachteil ihres Enkels.
Das sind zwei Extrembeispiele.
Auch in der Schweiz und in „normalen“ Verhältnissen dürfte es vielen Personen ein Anliegen sein, „Fluffi“ oder „Schneeflöckchen“ in die güterrechtliche und erbrechtliche Planung miteinzubeziehen. Viele Menschen leben bis ins hohe Alter mit einem Haustier zusammen und ein Wechsel ins Altersheim muss keine Aufgabe der Haustierhaltung bedeuten. Altersheime werben damit, dass es im Altersheim auch ein Plätzchen für den geliebten Vierbeiner gibt.
3. Die Stellung des Tieres im schweizerischen Recht: kein Rechtssubjekt, sondern Rechtsobjekt
Nach schweizerischem Recht fehlt es dem Tier an der Rechtsfähigkeit (ZGB 11), d.h. an der Fähigkeit, als Rechtssubjekt am Rechtsverkehr teilzunehmen.
Seit der Gesetzesrevision im Jahre 2002 (in Kraft seit 1.4.2003) gelten Tiere zwar nicht mehr als Sachen, jedoch werden die auf Sachen geltenden Vorschriften angewandt, sofern keine besonderen Regelungen bestehen (ZGB 641a Abs. 2). Ein Tier ist somit wie eine Sache Rechtsobjekt, d.h. Objekt für Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte.
4. Das Tier im Ehegüterrecht
4.1 Allgemeines
Für das Schicksal eines Tieres kann es eine Rolle spielen, ob der Tierhalter verheiratet war oder nicht. Eine Ehe wird primär durch Scheidung oder Tod aufgelöst.
4.2 Auflösung der Ehe durch Scheidung
Wird eine Ehe durch Scheidung aufgelöst, so erfolgt im Rahmen des Scheidungsverfahrens eine güterrechtliche Auseinandersetzung. Entweder regeln die Ehegatten in einer einvernehmlichen Scheidungskonvention, wer das Tier übernehmen soll, oder der Ehescheidungsrichter entscheidet darüber, wobei das Tier in der Regel dem Tierhalter-Ehegatten (Eigentümer) zugewiesen wird.
4.3 Auflösung der Ehe durch Tod
a) Güterrechtliche Auseinandersetzung vor der Erbteilung
Bei einer Auflösung der Ehe durch Tod wird zugleich der eheliche Güterstand aufgelöst und es kommt – noch vor der Erbteilung – zur güterrechtlichen Auseinandersetzung. Bei einer eingetragenen Partnerschaft kommt es dann zu einer güterrechtlichen Auseinandersetzung, wenn die eingetragenen Partner durch Vermögensvertrag die Errungenschaftsbeteiligung als partnerschaftlichen Güterstand vereinbart haben (PartG 25).
Bei der güterrechtlichen Planung sind die verschiedenen möglichen Sachverhalts-Szenarien zu berücksichtigen, wie z.B. die Absterbensreihenfolge (Tierhalter-Ehegatte stirbt vor dem anderen Ehegatten; Tierhalter-Ehegatte stirbt gleichzeitig mit dem anderen Ehegatten, Tierhalter-Ehegatte stirbt nach dem anderen Ehegatten), die Ehescheidung als möglicher Ehe- und Güterstands-Auflösungsrund oder eine allfällige Wiederverheiratung des überlebenden Ehegatten.
b) Errungenschaftsbeteiligung nach dispositivem Gesetzesrecht
Die meisten Eheleute in der Schweiz leben unter dem Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung (ZGB 196 ff.). Resultat der güterrechtlichen Auseinandersetzung (nach dispositivem Recht) ist ein rein obligatorischer Wertanspruch, nämlich der Anspruch jedes Ehegatten auf den hälftigen Wert der Errungenschaft des anderen Ehegatten (sog. Vorschlag; ZGB 215 Abs. 1).
Die Errungenschaftsbeteiligung hat grundsätzlich keinen Einfluss auf die sachenrechtliche Zuordnung des Tieres, d.h. auf die Eigentumsverhältnisse am Tier. Eigentümer des Tieres ist derjenige Ehegatte, welcher das Tier durch Verpflichtungsgeschäft (Kauf oder Schenkung) und entsprechendes Verfügungsgeschäft (Besitzübergabe) zu Eigentum erworben hat. Ist in der güterrechtlichen Auseinandersetzung das Eigentum am Tier strittig, so hat derjenige, welcher behauptet, Alleineigentum des Tieres zu sein, dies zu beweisen (ZGB 200 Abs. 1). Gelingt ihm der Beweis nicht, so wird vom Gesetz Miteigentum beider Ehegatten vermutet (ZGB 200 Abs. 2).
c) Ehevertraglich modifizierte Errungenschaftsbeteiligung
Den Eheleuten steht es frei, durch Ehevertrag (ZGB 182) den Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung in bestimmten, vom Gesetz abschliessend aufgeführten Punkten, zu modifizieren.
So kann z.B. eine andere Beteiligung am Vorschlag vereinbart werden (ZGB 216 Abs. 1), wobei aber die Pflichtteilsansprüche der nichtgemeinsamen Nachkommen zu wahren sind.
Unstrittig ist, dass die Ehegatten (statt oder nebst einer Abänderung der Beteiligungswertquote) im Sinne von güterrechtlichen Teilungsregeln, konkrete Zuweisungen von Vermögensobjekten des einen Ehegatten (aus dessen Eigengut oder Errungenschaft) zu Alleineigentum des anderen Ehegatten – unter Anrechnung an den güterrechtlichen Anspruch – vereinbaren können. Dies kann als Pflicht oder Recht ausgestaltet werden.
Ist zum Beispiel der Ehemann Tierhalter bzw. Alleineigentümer des Tieres, könnte durch eine solche güterrechtliche Eigentums-Zuweisungsregel die überlebende Ehegattin als Alleineigentümerin des Tieres (in Anrechnung an ihren güterrechtlichen Anspruch) vorgesehen werden. Stirbt der Ehemann vor der Ehefrau, so hat die Ehefrau kraft Güterrecht einen obligatorischen Anspruch gegenüber den Erben des Ehemannes auf Zuweisung des Tieres zu Alleineigentum (unter Anrechnung auf ihren güterrechtlichen Anspruch). Ist die Absterbensreihenfolge umgekehrt, d.h. verstirbt die Ehefrau vor dem Ehemann, so verbleibt das Alleineigentum am Tier beim Ehemann.
d) Gütergemeinschaft
Durch Ehevertrag (ZGB 182) können die Ehegatten den Güterstand der Gütergemeinschaft vereinbaren. Sie können dabei zwischen der allgemeinen Gütergemeinschaft (ZGB 222), der Errungenschaftsgemeinschaft (ZGB 223) und der Ausschlussgemeinschaft (ZGB 224) wählen.
Das dadurch begründete Gesamtgut gehört den Ehegatten ungeteilt (ZGB 222 Abs. 2). Es entsteht Gesamteigentum (ZGB 652). Die Ehegatten bilden eine Gemeinschaft zur gesamten Hand.
Bei Auflösung des Güterstandes durch Tod eines Ehegatten sieht das dispositive Gesetzesrecht vor, dass jedem Ehegatten (oder seinen Erben) die Hälfte am Gesamtgut zusteht (ZGB 241 Abs. 1). Der überlebende Ehegatte kann verlangen, dass ihm auf Anrechnung überlassen wird, was unter der Errungenschaftsbeteiligung sein Eigengut wäre (ZGB 243).
Überdies kann im Ehevertrag nebst einer Änderung der Gesamtgutsanteils-Quote (ZGB 242 Abs. 2) – welche die Pflichtteilsansprüche der (gemeinsamen und nichtgemeinsamen) Nachkommen nicht beeinträchtigen darf – als güterrechtliche Teilungsregel vereinbart werden, dass der überlebende Ehegatte unter Anrechnung an seinen güterrechtlichen Anspruch bestimmte Gegenstände des Gesamtgutes zu Alleineigentum übernimmt. Dies kann (wie bei der Errungenschaftsbeteiligung) als Pflicht oder als Recht ausgestaltet sein.
Gehört das Tier zum Gesamtgut, so kann durch eine solche güterrechtliche Teilungsvorschrift dem überlebenden Ehegatten ein obligatorischer Anspruch auf Zuweisung des Tieres zu Alleineigentum eingeräumt werden. Dieser Anspruch ist gegenüber den Erben des verstorbenen Ehegatten geltend zu machen.
e) Gütertrennung
Die Ehegatten können durch Ehevertrag (ZGB 182) die Gütertrennung vereinbaren. Dabei handelt es sich genau genommen um einen „Nicht-Güterstand“. Die Ehe hat keine Wirkung auf das Vermögen der Ehegatten oder mit anderen Worten: Die Ehegatten werden in vermögensrechtlicher bzw. güterrechtlicher Hinsicht behandelt, wie wenn sie nicht verheiratet wären.
Im Falle einer Gütertrennung gibt es auch keine güterrechtlichen Teilungsregeln.
5. Das Tier im Erbrecht
5.1 Vorbemerkungen
Wie erwähnt, fehlt es Tieren an der Rechtsfähigkeit und es gelten für sie die auf Sachen anwendbaren Vorschriften, soweit keine besonderen Regelungen bestehen (ZGB 641a Abs. 2). In erbrechtlicher Hinsicht bedeutet dies, dass Tieren die aktive Erbfähigkeit (ZGB 539 Abs. 1) fehlt und damit nicht als Erben eingesetzt oder als Vermächtnisnehmer begünstigt werden können, sondern grundsätzlich Teil des Nachlassvermögens (ZGB 560) bilden, d.h. Nachlassobjekte sind.
Weil es aber in der Praxis häufig vorkommt, dass Erblasser dennoch mittels Verfügungen von Todes wegen ihre (Haus-)Tiere begünstigen, und es (im Sinne des im Erbrecht geltenden favor testamenti) stossend wäre, wenn solche Regelungen unbeachtlich (nichtig oder anfechtbar) wären, sieht ZGB 482 Abs. 4 als lex specialis („Besondere Regelung“ im Sinne von ZGB 641a Abs. 2) vor, dass eine Zuwendung von Todes wegen an ein Tier als Auflage, für das Tier tiergerecht zu sorgen, umzudeuten ist.
Wie bei der güterrechtlichen Planung sind auch (und vor allem) bei der erbrechtlichen Planung die verschiedenen Sachverhalts-Szenarien zu beachten, v.a. die unterschiedlich möglichen Absterbensreihenfolgen.
5.2 Keine Verfügung von Todes wegen: Erben entscheiden
Hat der Tierhalter keine Verfügung von Todes wegen (Testament / Erbvertrag) errichtet, kommt es bei seinem Tod zur gesetzlichen Erbfolge (ZGB 457 ff.).
Gibt es einen Alleinerben (Universalerben), erwirbt dieser im Zeitpunkt des Erbgangs Alleineigentum an den Nachlassobjekten und mithin am Tier (allfällige güterrechtliche Teilungsvorschriften vorbehalten).
Gibt es dagegen (wie oftmals der Fall) mehrere gesetzliche Erben, so erwerben diese das Haustier im Zeitpunkt des Erbganges zur Gesamten Hand und bilden bis zur Erbteilung eine Erbengemeinschaft (ZGB 602). In der Erbteilung hat sodann jeder gesetzliche Erbe den gleichen Anspruch auf Zuweisung des Haustieres (ZGB 610; Allfällige güterrechtliche Teilungsvorschriften vorbehalten).
Es obliegt den Erben, im Rahmen einer einvernehmlichen Erbteilung (Erbteilungsvertrag), sich über das Schicksal des Tieres zu einigen (z.B. durch Zuweisung des Tieres an einen Erben zu Alleineigentum oder Platzierung bei einer geeigneten privaten Drittperson oder Institution). Können sich die Erben über die Erbteilung nicht einigen, entscheidet auf Erbteilungsklage (mindestens eines Erben) das Erbteilungsgericht (ZGB 604).
5.3 Erbrechtliche Planungsmittel: Der Erblasser bestimmt
a) Erbeinsetzung mit Teilungsvorschrift
Die Erbeinsetzung ist das erbrechtliche Instrument, womit ein Erblasser durch Verfügung von Todes wegen (Testament oder Erbeinsetzungsvertrag) eine Person als Erben und damit als Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers in dessen Nachlassaktiven und -passiven und sämtlichen übertragbaren Rechten und Pflichten bestimmt. Der eingesetzte Erbe wird Teil der Erbengemeinschaft.
Mit erblasserischen Teilungsvorschriften gibt der Erblasser in seiner Verfügung von Todes wegen konkrete Anweisungen über die Teilung des Nachlasses (z.B. die Zuweisung von Nachlassobjekten an bestimmte Erben oder Anordnungen zum Wertbestimmungs-Verfahren, etc.)
Als Nachlassobjekt kann der Erblasser das Tier mittels Verfügung von Todes wegen (Testament oder Erbvertrag) und entsprechender Teilungsvorschrift (ZGB 608 Abs. 1) einem gesetzlichen (ZGB 457 ff.) oder einem eingesetzten (ZGB 483) Erben zuweisen. Zu beachten ist, dass die Erben aufgrund des geltenden Grundsatzes der freien privaten Erbteilung (ZGB 607 Abs. 2) bei Einstimmigkeit anders darüber befinden können.
b) Vermächtnis
Mit einem Vermächtnis (ZGB 484) kann der Erblasser eine Person erbrechtlich begünstigen, ohne dass diese dadurch Erbe und Gesamtrechtsnachfolger wird, sondern lediglich einen obligatorischen Anspruch auf Herausgabe des Vermächtnisses erhält.
Der Erblasser kann das Tier einer Person als Vermächtnis zuwenden – als sog. Vorausvermächtnis, falls der Vermächtnisempfänger zugleich Erbe ist. Insbesondere, wenn der Empfänger lediglich Vermächtnisnehmer (und nicht auch Erbe) ist, kann es sinnvoll sein, diesem nebst dem Tiervermächtnis ein Barvermächtnis zu entrichten.
c) Ersatzverfügungen
Empfehlenswert können allenfalls Ersatzverfügungen (ZGB 487) sein, für den Fall, dass die primär vorgesehene Person – aus welchen Gründen auch immer – als Erbin oder Vermächtnisnehmerin wegfällt (Ersatzerbe oder Ersatzvermächtnisnehmer).
d) Bedingungen, Auflagen und Wünsche
Die Erbeinsetzung, aber auch Vermächtnisse, können an Auflagen und/oder Bedingungen (ZGB 482) gebunden werden, z.B. mit der Auflage, für das Tier tiergerecht zu sorgen oder (beim kombinierten Barvermächtnis) das Geld für die üblichen Tier-Kosten (Futter, Tierarztbesuche, etc.) und für die ausserordentlichen Kosten zum Wohl des Tieres zu verwenden.
Während mit einer Bedingung die Gültigkeit einer Zuwendung von Todes wegen davon abhängig gemacht wird, ob die Bedingung eintritt (aufschiebende Bedingung) bzw. nicht eintritt (auflösende Bedingung), wird mittels einer Auflage der Begünstigte zu einem Tun oder Unterlassen verpflichtet, wobei die Nichtbeachtung zu keiner Ungültigkeit der Verfügung von Todes wegen führt; wer ein Interesse hat, kann den Vollzug der Auflage verlangen und gegebenenfalls gerichtlich durchsetzen.
Der Erblasser kann in seiner Verfügung von Todes wegen Wünsche über ein bestimmtes Tun oder Unterlassen anbringen und damit die Person, an welche sich der Wunsch richtet, nicht rechtlich verbindlich, sondern (in gewissem Sinne) moralisch verpflichten.
e) Willensvollstreckung
Ist aufgrund der konkreten Verhältnisse mit länger andauernden Erbengemeinschaften und/oder Erbstreitigkeiten zu rechnen, so kann die Einsetzung eines Willensvollstreckers (ZGB 517 f.) ratsam sein. Dieser hat sich bis zur Erbteilung bzw. Vermächtnisausrichtung um das Tier persönlich zu sorgen oder für die Tiersorge eine geeignete Person zu bestimmen. Der Willensvollstrecker ist durch Testament einzusetzen. Der Erblasser kann ihm sodann konkrete Weisungen erteilen.
f) Weitere Planungsmittel
Allenfalls kommen weitere Planungsmittel in Betracht. In sehr vermögenden Verhältnissen können dies allenfalls Stiftungen oder Trusts nach ausländischem Recht sein. Tiere können auch in diesem Rahmen in die erbrechtliche Planung miteinbezogen werden.
Fazit
Möchte ein Tierhalter, dass für seine Tiere auch nach seinem Tod in einer bestimmten Art und Weise gesorgt ist, sollte er sie in seine Nachlassplanung und gegebenenfalls bereits auch in seine güterrechtliche Planung miteinbeziehen, denn, auch wenn Tiere keine reinen Vermögensgegenstände darstellen, sind für sie als Rechtsobjekte die entsprechenden güterrechtlichen und erbrechtlichen Grundlagen zu beachten.
Eine optimale güterrechtliche und/oder erbrechtliche Regelung für das Tier beginnt damit, dass sich der Erblasser über den künftigen Tierhalter, die künftigen Lebensbedingungen für das Tier sowie über die weiteren konkreten Umstände Gedanken macht und sich erkundigt.
Autoren
RA Marc Peyer und RA Urs Bürgi