Ferien haben der Erholung des Arbeitnehmers zu dienen und dürfen von diesem nicht zweckentfremdet werden.
Feriendauer
Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer jährlich Ferien zu gewähren:
- Für Arbeitnehmer bis zum vollendeten 20. Altersjahr:
- 5 Wochen
- Für Arbeitnehmer ab dem vollendeten 20. Altersjahr:
- 4 Wochen
Für angebrochene, unvollständige Dienstjahre sind die Ferien zu gewähren:
- pro rata temporis (OR 329a Abs. 3)
- bei Beginn oder Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Rundungsregeln
Ergeben die pro rata Berechnungen Bruchteile von Ferientagen, sind diese nach den allgemeinen Rundungsregeln auf- oder abzurunden.
Krankheit, Unfall und Feiertage während der Ferien
Ist der Arbeitnehmer
- vor den Ferien erkrankt oder verunfallt
- hat er ein Verschiebungsrecht
- während der Ferien erkrankt oder verunfallt
- hat er wegen des Erholungszwecks Anspruch auf Nachgewährung der „Ferienunfähigkeitsdauer“.
Fallen Feiertage in die Ferienzeit, werden die Feiertage nicht als Ferientage gezählt.
Ferienkürzung
Kürzungsrecht
Der Arbeitgeber hat gemäss OR 329b ein Kürzungsrecht um einen Zwölftel für jeden vollen Monat, währenddessen der Arbeitnehmer verhindert war.
Kürzungsgründe
Kürzungsgründe sind:
- Verschuldete Arbeitsabwesenheit im Sinne von OR 324a
- Unverschuldete Arbeitsabwesenheit im Sinne von OR 324a
- Kürzungsausnahme (Schonfrist): 1 Monat p.a.
- Ungerechtfertigte Arbeitsweigerung des Arbeitnehmers
- Unbeschränkte Ferienkürzung
- Schwangerschaft
- Kürzungsausnahme (Schonfrist): 2 Monate p.a.
Weiterführende Informationen
Vertragliche Änderung der Kürzung
Abweichende Regelungen zu OR 329b?
- Abs. 1
- Abs. 1 ist dispositiver Natur
- Es ist eine Abrede zulässig, wonach der Arbeitgeber die Ferien bei einer verschuldeten Abwesenheit auch unter einem Monat proportional kürzen darf
- Abs. 2 und 3
- Abs. 2 und 3 sind einseitig zwingend (OR 361)
- Minimum der Gesetzesvorgabe darf nicht unterschritten, aber zugunsten des Arbeitnehmers verbessert werden
- In diesem Sinne kann an den Parametern Schonfrist und Ferienkürzung „geschraubt“ werden: längere Schonfrist – Kürzung um mehr als einen Zwölftel.
Art. 329b OR
b. Kürzung
1 Ist der Arbeitnehmer durch sein Verschulden während eines Dienstjahres insgesamt um mehr als einen Monat an der Arbeitsleistung verhindert, so kann der Arbeitgeber die Ferien für jeden vollen Monat der Verhinderung um einen Zwölftel kürzen.
2 Beträgt die Verhinderung insgesamt nicht mehr als einen Monat im Dienstjahr und ist sie durch Gründe, die in der Person des Arbeitnehmers liegen, wie Krankheit, Unfall, Erfüllung gesetzlicher Pflichten, Ausübung eines öffentlichen Amtes oder Jugendurlaub, ohne Verschulden des Arbeitnehmers verursacht, so dürfen die Ferien vom Arbeitgeber nicht gekürzt werden.
3 Die Ferien dürfen vom Arbeitgeber auch nicht gekürzt werden, wenn eine Arbeitnehmerin wegen Schwangerschaft bis zu zwei Monaten an der Arbeitsleistung verhindert ist oder weil sie die Mutterschaftsentschädigung im Sinne des Erwerbsersatzgesetzes vom 25. September 1952 (EOG) bezogen hat.
4 Durch Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag kann eine von den Absätzen 2 und 3 abweichende Regelung getroffen werden, wenn sie für den Arbeitnehmer im Ganzen mindestens gleichwertig ist.
Ferienzeitpunkt
Arbeitgeberbestimmung
Unter Vorbehalt der nachfolgenden Einschränkungen kann der Arbeitgeber den Ferienbezug des Arbeitnehmers bestimmen (OR 329c Abs. 2):
- Ferienbezug im Verlauf des betreffenden Dienstjahres
- Ferienübertrag auf das folgende Kalenderjahr in der Regel zulässig, insbesondere wenn betriebliche Gründe den Ferienbezug verhinderten
- Regelmässige Ferienüberträge sind nicht zulässig
- vgl. OR 329c Abs. 1 2.Halbsatz
- relativ zwingende Norm (OR 361)
- Verjährung des Ferienbezugsrechts
- Verjährungsfrist:
- Umstritten, ob 10 Jahre (OR 127) oder nur 5 Jahre (OR 128 Ziff. 3)
- Rechtzeitige Gewährung bzw. Geltendmachung unterbrechen die Verjährungsfrist (vgl. BGE 130 III 25)
- Fälligkeit des Ferienanspruchs
- mit Bestimmung des Ferienbezugs
- mit dem spätestmöglichen Bezugszeitpunkt
- Verjährungsfrist:
- Ferienübertrag auf das folgende Kalenderjahr in der Regel zulässig, insbesondere wenn betriebliche Gründe den Ferienbezug verhinderten
- Minimum 2 zusammenhängende Ferienwochen
- Ziel
- Erreichung des vom Gesetzgeber gewollten Erholungszweckes
- Restbezug
- tages- oder halbtagesweise
- sofern und soweit möglich nach den Wünschen des Arbeitnehmers (siehe hernach)
- tages- oder halbtagesweise
- vgl. OR 329c Abs. 1 2.Halbsatz
- Ziel
- Rücksichtnahme auf die Wünsche des Arbeitnehmers
- Voraussetzungen
- Vereinbarkeit mit den Interessen des
- Betriebes des Arbeitgebers
- Haushalts des Arbeitgebers
- Vereinbarkeit mit den Interessen des
- vgl. OR 329c Abs. 2
- Voraussetzungen
- Frühzeitige Festlegung des Ferienbezugs
- Anordnung von Betriebsferien
- Arbeitnehmer soll Ferienplanung möglich sein
- Usanz: 3 Monate Voranzeigefrist
- Koordination von Frühbuchern und Arbeitnehmern mit schulpflichtigen Kindern
- Kurzfristige Ferienzuweisung ist unzulässig (AGer, AN080135 vom 27.03.2008)
- Arbeitnehmer soll Ferienplanung möglich sein
- Mitteilung der Betriebsferien
- Anordnung von Betriebsferien
Ferienverschiebung oder Rückruf des Arbeitnehmers aus den Ferien
- ist aus wichtigen und/oder unvorhersehbaren Fällen zulässig
- löst eine Schadenersatzpflicht des Arbeitgebers aus
- für Annullierungskosten einer geplanten Reise
- für höhere Rückflugkosten (zB Linienflug anstatt des gebuchten Charterflugs etc.)
Arbeitnehmermöglichkeiten
Bei fehlendem Konsens in Sachen Ferienbezug hat der Arbeitnehmer folgende Möglichkeiten:
- Ablehnung des Ferienbezugs
- Ferienfestlegung ohne gegebene Voraussetzungen
- Unzumutbar kurzfristige Bekanntgabe
- Viele nur tageweise Bezüge
- Nicht damit einverstandener Arbeitnehmer:
- Arbeitsangebot
- Annahmeverzug des Arbeitgebers, ausser akzeptiert die Widersprache des Arbeitnehmers + gibt ihm Arbeit
- Ferienanspruch bleibt erhalten
- Ferienfestlegung ohne gegebene Voraussetzungen
- Eigenmächtiger Ferienbezug
- Arbeitgeber weigert sich
- trotz ausdrücklicher Aufforderung Ferien zu gewähren
- obwohl er trotz betrieblicher Interessen das Feriengesuch gutheissen könnte
- Ferien in der gesetzlich vorgesehenen Form zu gewähren
- Nicht damit einverstandener Arbeitnehmer
- Rechtzeitige Ankündigung des eigenmächtigen Ferienbezugs, durch den Arbeitnehmer an den Arbeitgeber
- Risikofür den Arbeitnehmer
- Eigenmächtiger Ferienbezug bildet Grund für eine fristlose Entlassung, sollte der Richter nachher feststellen, dass der Arbeitgeber die Feriengewährung zu Recht verweigern durfte.
- Arbeitgeber weigert sich
Ferienlohn
Unter der speziellen Marginalie „Lohn“ äussert sich der Gesetzgeber in OR 329d zu drei unterschiedlichen Themen:
- Ferienlohngebot
- Ferienabgeltungsverbot
- Schwarzarbeit während Ferien
Ferienlohngebot
Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer während der Ferien zu bezahlen:
- den Lohn
- zuzüglich
- regelmässige Zulagen, so wie wenn er während der Ferienzeit gearbeitet hätte
- bei schwankenden Lohnbestandteilen
- Durchschnitt der letzten Monate (sog. „Referenzperiodenprinzip)
- Individuelle Bestimmung durch Schätzung (analog OR 42 Abs. 2)
- zuzüglich
- den ggf. ausfallenden Naturallohn
Keine Ferienprozentabgeltung
- Grundsätzlich darf auch der Ferienlohn nicht durch Lohnpauschalen oder Lohnzuschläge abgegolten werden
- Ausnahmen (Praxis / Usanz)
- Schwierige Berechnung des Ferienlohns wegen
- kurzer Anstellungsdauer
- unregelmässigen Einsatzes
- Gesonderter Ausweis (in Prozenten und betraglich)
- im schriftlichen Arbeitsvertrag
- in jeder Lohnabrechnung
- Achtung
- Bei Nichtbeachtung der Voraussetzungen und des gesonderten Ausweises droht trotz pauschaler Abgeltungsleistungen die Nachzahlungspflicht eines Ferienlohnes
- Judikatur
- BGE 107 II 430
- BGE 116 II 515
- BGE 118 II 136
- BGE 129 III 498 f.
- Schwierige Berechnung des Ferienlohns wegen
Ferienabgeltungsverbot
Grundsatz:
Die Ferien dürfen während der Dauer des Arbeitsverhältnisses nicht durch Geldleistungen oder andere Vergünstigungen abgegolten werden. (OR 329d Abs. 2).
Dieses Ferienabgeltungsverbot
- dient der Sicherung des Erholungszweckes
- ist auch für die Zeit zwischen Kündigung und Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu beachten
- ist beidseitig zwingend (OR 362).
Ausnahme vom Ferienabgeltungsverbot
- voraussichtlich schwierige Berechnung des Ferienlohns wegen
- kurzer Anstellungsdauer
- unregelmässigen Einsatzes
- Gesonderter Ausweis (in Prozenten und betraglich)
- im schriftlichen Arbeitsvertrag
- in jeder Lohnabrechnung
- Gewährung des Ferienbezugs in natura trotz Ausnahme
- Achtung
- Bei Nichtbeachtung der vorstehenden Voraussetzungen droht trotz pauschaler Abgeltungsleistungen die Nachzahlungspflicht eines Ferienlohnes
- Judikatur
- BGE 107 II 434
- BGE 130 V 492 ff.
Weiterführende Informationen
Ausnahme bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses:
Aus der konkreten Situation kann sich ergeben, dass ein Ferienbezug in natura gar nicht mehr möglich ist (Stellensuche, Ferienbezug, betriebliche Erfordernisse etc.). Daher gilt:
Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht bezogene Ferien sind abzugelten (vgl. hiezu BGE 131 III 454).
Kompensation:
In Ferienbezug in natura kann auch stattfinden durch
- Freistellung
- selbst dann, wenn der Arbeitgeber den Ferienbezug nicht ausdrücklich anordnet (BGE 128 III 282)
- ungerechtfertigte fristlose Entlassung und Leistung von Lohnersatz für die Dauer der ordentlichen Kündigungsfrist (vgl. BGE 117 II 272)
Die Kompensation nicht bezogener Ferien während der Freistellungszeit oder bei ungerechtfertigten Entlassung hat dort ihre Schranke, wo der Arbeitnehmer wegen Stellensuche nicht oder nur teilweise Ferien machen kann; in solchen Fällen dürfen bzw. müssen die nicht beziehbaren Ferien entschädigt werden (siehe hiezu „Ausnahme“)
Präjudiz von AGer, AN070555 vom 14.02.2008:
- Ferienanspruch bei Freistellung: 20 Tage
- Freistellungsdauer unter Berücksichtigung der Feiertage: 61 Arbeitstage
- Verfügbare Zeit für Stellensuche: 2/3 jeder Woche
- Arbeitsgericht
- Verhältniszahl ist vollends ausreichend
- Zumutbarkeit: ja, da zwischen den Stellensuchbemühungen ohne weiteres erholsame Halbtage oder auch mehrere Tage zu Hause eingeschoben werden konnten.
Weiterführende Informationen
Schwarzarbeit während Ferien
Erbringt der Arbeitnehmer während des Ferienbezug entlöhnte oder unentgeltliche Arbeit für einen Dritten bzw. auf eigene Rechnung und werden dadurch die Erholungs- oder späteren Einsatzinteressen des Arbeitgebers (zB Chauffeur: ARV-Verstoss) verletzt, so kann der Arbeitgeber
- die Bezahlung des Ferienlohns verweigern
- bereits bezahlten Ferienlohn zurückfordern
(vgl. OR 329 Abs. 3).
Weitere Informationen zum Ferienanspruch
» Ferienanspruch des Arbeitnehmers nach Schweizer Arbeitsrecht