Auslagenersatz-Forderungen des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber
In Lehre und Rechtsprechung ist umstritten*), ob für den Auslagenersatz die 5- oder die 10-jährige Verjährungsfrist massgebend ist, wobei in der Regel eine Differenzierung vorgenommen wird:
Verjährungsdauer
- Auslagenersatzanspruch ohne Lohncharakter fällt unter die Regelverjährung von OR 127
- 10 Jahre
- Auslagenersatzanspruch mit Lohncharakter verjährt als Forderung aus dem Arbeitsverhältnis gemäss OR 128 Ziffer 3 nach:
- 5 Jahren
Verjährungsbeginn
- Bei arbeitsvertraglicher Abrede mit monatlichem Auslagenersatz
- jeweils Ende Monat, für den der Auslagenersatz geschuldet ist
- vorbehältlich einer verabredeten oder üblichen kürzeren Frist
- jeweils Ende Monat, für den der Auslagenersatz geschuldet ist
- Bei unbefristeter Auszahlung
- Fälligkeitseintritt mit Schuldnerverzug (vgl. OR 102) stellt den Beginn der Verjährung (vgl. OR 130 Abs. 1) dar (ab diesem Termin auch Klagbarkeit der Forderung)
- Späteste Fälligkeit
- Grundsatz
- Beginn des Fristenlaufs mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (vgl. OR 339 Abs. 1)
- Ausnahme
- Bei Forderungen von Arbeitnehmern, die mit dem Arbeitgeber in Hausgemeinschaft leben
- Beginn des Fristenlaufs mit Auflösung der Hausgemeinschaft (vgl. OR 134 Abs. 1 Ziffer 4)
- Bei Forderungen von Arbeitnehmern, die mit dem Arbeitgeber in Hausgemeinschaft leben
- Grundsatz
Verjährungseinrede-Verzichtserklärung
- Rechtliche Grundlagen
- OR 341 Abs. 1
- Verzichtsverbot für unabdingbare Bestimmungen des Gesetzes oder aus Gesamtarbeitsverträgen (GAV), für die Dauer des Arbeitsverhältnisses und während eines Monats nach dessen Beendigung
- OR 341 Abs. 2
- Nicht vom Verzichtsverbot betroffene Regelungsgegenstände
- OR 341 Abs. 1
- Rechtsprechung
- Grundsätzliches
- Laut Bundesgericht (BGE 132 III 226 ff. gilt das Verzichtsverbot für
- alle Verjährungsfristen und nicht nur für jene des dritten Titels des OR
- den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses
- Nach Vertragsabschluss ist ein Verjährungseinredeverzicht
- bei allen – noch laufenden oder abgelaufenen – Verjährungsfristen möglich
- auf nicht mehr als 10 Jahre zulässig (vgl. BGE 133 III 226, Erw. )
- Laut Bundesgericht (BGE 132 III 226 ff. gilt das Verzichtsverbot für
- Beginn des Fristenlaufs
- Umstritten
- Ein Teil der Lehre
- Zeitpunkt des Verjährungseintritts
- Der andere Teil der Lehre
- Zeitpunkt der Verzichtserklärung
- Ein Teil der Lehre
- Vermutlich wird die zweite Ansicht die richtige sein, da aus einer verjährbaren Forderung keine unverjährbare entstehen kann
- Umstritten
- Grundsätzliches
*) bitte jeweilen aktuelle juristische Ansicht prüfen
Rückforderungsrecht des Arbeitgebers gegen den Arbeitnehmer
Der Rückforderungsanspruch des Arbeitgebers untersteht folgenden (umstrittenen) Regeln*):
Grundsatz
- Regelverjährung von 10 Jahren gemäss OR 127, und zwar unabhängig davon, ob die Forderung des Arbeitgebers Lohncharakter hat oder nicht, sofern und soweit die Rückforderungsansprüche vertraglicher Natur sind, wie:
- Rückforderungsansprüche nach OR 324 Abs. 2
- Rückforderungsansprüche nach OR 337c Abs. 2
- Rückforderungsansprüche bei vorbehaltener Abrechnung (zB Akontozahlungen)
Ausnahmen
- Rückforderungsanspruch, der nicht der vertraglichen Verjährungsfrist, sondern der 1-jährigen Verjährungsfrist des Bereicherungsrechts nach OR 67 Abs. 1 untersteht, wie:
- Irrtümlich zu hohe Lohnzahlungen
- Vgl. PORTMANN WOLFGANG, a.a.O., N 10b zu OR 341; BGE 133 III 356, Erw. 3.3
- Korrektur einer Fehlbuchung, nachdem die Saldoziehung schon erfolgt ist
- Vgl. BGer 4C.264/1993, Erw. 4a/bb, vom 23.12.1993; BGE 133 III 356, Erw. 3.2.2
- Irrtümlich zu hohe Lohnzahlungen
*) bitte jeweilen aktuelle juristische Ansicht prüfen
Rechtsgrundlage
- OR 327c | admin.ch
Literatur
- BRUNOLD FADRI, Die Arbeitsauslagen im schweizerischen Individualarbeitsrecht, Bern 2014, Rz 557 ff., S. 196 ff.
- CARRUZZO PHILIPPE, Le contrat individuel de travail, commentaire des articles 319 à 341 du Code des obligations, Zurich / Bâle / Genève 2009
- FAVALLI DANIELE / BRACK URSINA, Rückforderungsansprüche des Arbeitgebers bei einer Freistellung sind vertragliche Ansprüche, in: ARV 2008, S. 25 ff., insbesondere S. 27
- GAUCH PETER, Verjährungsverzicht, Ein Entscheid des Bundesgerichts (BGE 132 III 226) und was davon zu halten ist, SJZ 2006, Jg. 102, S. 533 ff. und S. 561 ff.
- PORTMANN WOLGANG, BSK, N 10b zu OR 341
- STAEHELIN ADRIAN, Zürcher Kommentar, Bd. V/2/c, Art. 319 – 330a OR, Zürich 2006, N 3 zu OR 327c
- STREIFF ULLIN / VON KAENEL ADRIAN / RUDOLPH ROGER, Der Arbeitsvertrag, Zürich 2012, Rz 8 zu OR 341
Judikatur
- Auslagenersatzanspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber
- Allgemein
- BGE 75 II 371
- JAR 2010 S. 650
- JAR 2000 S. 174
- Verjährung im Rahmen von Lohnanspruch
- Pra 1997, Nr. 8, Erw. 2a
- BGE 116 II 428, Erw. 1b
- BGE 109 II 112, Erw. 2b
- BGE 132 III 61, Erw. 6.1
- BGE 123 III 120, Erw. 2b
- OGer Zürich, JAR 1983, S. 84 f.
- OGer Zürich, JAR 1989, S. 121 ff, Erw. IV.4
- Verjährung beim Auslagenersatz
- BGE 75 II 370, Erw. 2
- AGer Zürich, JAR 1990, S. 127 ff., S. 130
- TC Vaud, JAR 2010 S. 650, Erw. II.c
- AGer Zürich + OGer Zürich, JAR 1981, S. 274
- AGer Zürich, Urteil vom 18.04.2006 (AN050960/U) + OGer Zürich, JAR 2007, S. 521 ff., S. 523 (a.A.)
- Verjährungsbeginn
- TC Vaud, JAR 2010, S. 650 ff., Erw. III.d
- Verjährungseinredeverzicht
- BGE 132 III 226, Erw. 3 = Pra 2006, Nr. 146, Erw. 3
- Allgemein
- Rückforderungsanspruch des Arbeitgebers gegen den Arbeitnehmer
- BGE 133 III 356, Erw. 3.2.2 + 3.3
- BGE 126 III 119, Erw. 3e
- BGer 4C.264/1993 vom 23.12.1993, Erw. 4a/bb
- OGer Luzern, JAR 2008, S. 432 ff., Erw. 3
- KGer Zug, GVP ZG, 1991/92, S. 127 f.
Weiterführende Informationen
- Spesenreglement
- Verjährung