Wie jede Rechtsausübung stösst auch das Nutzungsrecht dort an seine Grenzen, wo die berechtigten Interessen anderer Stockwerkeigentümer oder Dritter beginnen:
Unentziehbarkeit
- Das Sonderrecht darf dem Stockwerkeigentümer nicht entzogen werden
Umfang
- Der Stockwerkeigentümer ist grundsätzlich – vorbehältlich Gesetz und Gemeinschaftsordnung – frei, wie er seine StWE-Einheit nutzen will
- Aufnahme von Hausbewohnern
- Empfang von Besuchern
- uam
Schranken
- Für die Ausübung des Nutzungs- und Gebrauchsrechtes des Stockwerkeigentümers sind massgeblich
- Gesetz
- Bau- und Zonenordnung
- Begründungsakt und Reglement
- Der Stockwerkeigentümer hat sich Nutzungen zu enthalten, die übermässige Einwirkungen verursachen
- Lärm
- Geruch
- Lichtverschmutzung
- Ideelle Beeinträchtigungen
Nutzungsbeschränkungen
Grundlagen für Nutzungseinschränkungen
- Begründungsakt
- Reglement
Zweckbeschränkungen
- Zweckbeschränkungen können sich auf die Gesamtbaute oder auf einzelne Stockwerke beziehen
- Unzulässig ist die Aushöhlung des freien Nutzungs- und Gebrauchsrechts des Stockwerkeigentümers in Bezug auf seine Sonderrechtsräume
- Satzungen, wonach Sonderrechtsräume nur zum „Wohnen“ benützt werden dürfen, werden oft so interpretiert, dass „Wohnen“ als Hauptzweck verstanden wird; dabei wird eine ergänzende Nutzung der Wohnräume als ruhige Bürobetriebe, minimaler Kundenverkehr vorausgesetzt, als zulässig erachtet
- zB Arbeitszimmer eines Rechtsanwalts
- zB Einzel-Nachhilfeunterricht für Schüler
- zulässig
- Ausschluss bestimmter immissionsträchtiger Betriebe mit starker Kundenfrequenz oder störenden Einwirkungen
- zB Sexshops
- zB Striptease
- zB Bars
- zu weitgehend
- Verbot jeglicher geschäftlicher oder beruflicher Tätigkeiten in den Sonderrechtsräumen
- Bewilligungspflicht als Alternative
- Es gibt StWEG, die in ihren Satzungen vorsehen, die das Betreiben bestimmter Gewerbe in den Sonderrechtsräumen von einer ausdrücklichen Bewilligung durch die Stockwerkeigentümerversammlung abhängig machen
- Konkurrenzverbot für bestimmte Gewerbearten
- Bei gewerblich oder gemischt genutzten StWE-Immobilien
- zB Untersagung eines weiteren Musikladens
- Bei gewerblich oder gemischt genutzten StWE-Immobilien
- Satzungen, wonach Sonderrechtsräume nur zum „Wohnen“ benützt werden dürfen, werden oft so interpretiert, dass „Wohnen“ als Hauptzweck verstanden wird; dabei wird eine ergänzende Nutzung der Wohnräume als ruhige Bürobetriebe, minimaler Kundenverkehr vorausgesetzt, als zulässig erachtet
Vermietung
Nutzungszweck
- Der Mieter kann nicht mehr oder andere Rechte haben als der Stockwerkeigentümer selbst
- In diesem Rahmen kann der Stockwerkeigentümer mit seinem Mieter im Mietvertrag eigene Abreden treffen; mit Vorteil überbindet er aber dem Mieter die Regeln der Gemeinschaftsordnung und der Hausordnung zur Einhaltung (zB Tierverbot)
Zustand / Ausstattung
- Der Stockwerkeigentümer ist frei, seine Sonderrechtsräume roh, ausgebaut und möbeliert zu vermieten
Dauer
- Der Stockwerkeigentümer kann seine Sonderrechtsräume unbefristet oder befristet vermieten; einzig bei Stockwerkeigentum im Baurecht sollte er auf die Dauer der Baurechtsdienstbarkeit resp. auf die Konditionen des vorzeitigen bzw. ordentlichen Heimfalls achten
Mietzins
- Es gelten die allgemeinen Regeln des Mietrechts
- Mietrecht | miet-recht.ch
Nebenkosten
- Die Nebenkosten sind vom Stockwerkeigentümer als Vermieter ebenfalls im Mietvertrag Position für Position aufzuführen, ansonsten sie als im Mietzins inkludiert gelten
- Nebenkosten-Kenntnis
- Üblicherweise stellt der StWEG-Verwalter mit seiner Jahresrechnung die Kosteninformationen so zur Verfügung, dass der Stockwerkeigentümer volle Transparenz erhält und weiss, welche Kosten in etwa wieviel schwanken
- Dies hilft dem Stockwerkeigentümer die Nebenkosten separat vom Mietzins zu vereinbaren und adäquate Akontozahlungen im Mietvertrag zu vereinbaren
- Beschränkte Nebenkosten-Überwälzungsfähigkeit
- Nicht alle StWE-Gemeinschaftskosten sind „nebenkostenfähig“ im Sinne des Mietrechts
- Nur gebrauchsbezogene Kosten und nicht solche, die objektbezogen, unabhängig von der Gebäudenutzung erhoben werden
- Nebenkostenfähig
- Allgemeinstrom
- Heiz- und Warmwasser
- Anteil an Hauswartung (Reinigung der gemeinschaftlichen Anlagen und der Umgebung)
- Gartenunterhalt
- Lift-Serviceabonnement
- Kabelfernsehgebühren
- Ver- und Entsorgungsgebühren (auch Kehrichtgebühren)
- Nicht nebenkostenfähig
- Steuern
- Unterhalts- und Reparaturkosten
Stockwerkeigentums-Verwaltungsbeiträge
- Die Verwaltungsbeiträge sind vom Stockwerkeigentümer zu tragen; diese Beiträge decken teilweise Nebenkosten, die der Stockwerkeigentümer ja seinem Mieter überwälzt
Stockwerkeigentums-Erneuerungsfonds
- Die Einlagen in den Erneuerungsfonds sind nicht nebenkostenfähig und daher alleine vom Stockwerkeigentümer zu bezahlen
Gebrauchsüberlassung an Dritte
- Bei der Gebrauchsüberlassung übt ein Dritter (und dessen Besucher) unentgeltlich das Sonderrecht des Stockwerkeigentümers aus, wobei sich auch diese an die Gemeinschaftsordnung halten müssen
- Unter diesem Titel wird auch die Nutzung kraft Nutzniessung oder kraft Wohnrecht geführt
Zweckänderung
Grundsatz
- Jeder Stockwerkeigentümer verlässt sich auf den (Fort-)Bestand der ursprünglichen Grundstücksnutzung
- Eine nachträgliche Änderung der Nutzungsart muss nicht akzeptiert werden
- Keine Aufhebung einer bestehenden Zweckbeschränkung
- Keine Einführung einer neuen Nutzungsart
Ausnahme
- Reglementskonkretisierungen, durch Zustimmung der Mehrheit der Stockwerkeigentümer, die über den grösseren Wertanteil verfügen
- zB ausführlichere Nutzungsumschreibung in einem Reglement
Judikatur
- BGer 5A_98/2017 vom 27.06.2017 (Nutzungsbeschränkungen > Reglementsänderung der Zweckbestimmung bedarf der Einstimmigkeit aller Stockwerkeigentümer)
- BGE 5C.14/1993
- BGE 111 II 330 ff.
- ZR 84 (1985) Nr. 85