Aufgaben und Befugnisse
Die Versammlung der Stockwerkeigentümer bestellt in der Regel zur Erledigung der alltäglichen Geschäfte einen Verwalter. Der Verwalter ist sozusagen das ausführende Organ. Ihm obliegt der Vollzug der gesetzlich und vertraglich zugewiesenen Aufgaben. Zwischen Verwalter und der Stockwerkeigentümergemeinschaft wird zu diesem Zweck ein Vertrag (Verwaltungsvertrag) vereinbart, der die einzelnen Pflichten des Verwalters festhält (wie auch andere Bestimmungen, z.B. Honorar des Verwalters etc.).
Zu den Aufgaben des Verwalters gehören in der Praxis insbesondere:
Vertretung der StWEG in Angelegenheiten der gemeinschaftlichen Verwaltung
[vgl. ZGB 712s Abs. 1]
- die Verwaltung des Hauses und Vollzug aller hiefür notwendigen Handlungen
- Erteilung von Aufträgen und Abschluss von Werkverträgen ns. der StWEG für Reparaturen des gemeinschaftlichen Gebäudes
- Abschluss des Hauswartungsvertrages
- Anstellung von Reinigungspersonal
- Abschluss von Mietverträgen mit Mietern bezüglich des gemeinschaftlichen Objekts
- Verträge mit Facility Management-Anbietern
- Verträge mit Gärtnerei für Garten- und Baumpflege
- Überwachung der Ausübung der Sonderrechte und Benutzung der gemeinschaftlichen Einrichtungen / Einhaltung von Gesetz, Reglement und Hausordnung
Vollzug von gesetzlichen und rechtsgeschäftlichen Anordnungen
[vgl. ZGB 712s Abs. 1]
- Einberufung der Stockwerkeigentümerversammlung und Leitung der Stockwerkeigentümerversammlung [vgl. ZGB 712n Abs. 1]
- Vollzug der Beschlüsse der Stockwerkeigentümerversammlung
- Aufbewahrung der StWE-Protokolle und wesentliche Dokumente [vgl. ZGB 712n Abs. 2]
- Auskunftserteilung an Stockwerkeigentümer
- Weiterleitung der an die StWEG gerichteten Erklärungen von Stockwerkeigentümern, Organen und Dritten
- Besorgung der finanziellen Angelegenheiten
- Besorgung der gesamten Verwaltungstätigkeit
- Instandhaltung
- Reparaturarbeiten
- Hausreinigung / Facility Management-Services
- Garten- und Baumpflege
- Abschluss von Versicherungsverträgen jeder Art
- Anstellung und Überwachung des Hauswartes und seiner Hilfspersonen
- Vermietung der gemeinschaftlichen Räume, sofern und soweit hiezu Anlass besteht
Finanzielle Verwaltung
[vgl. ZGB 712s Abs. 2]
- Erstellung des Budgets
- Erstellung der Jahresrechnung (Bilanz und Erfolgsrechnung)
- Bemessung
- Festlegung und Inkasso der Beiträge an die gemeinschaftlichen Kosten und Lasten
- Zahlungsverkehrs-Abwicklung
- Verwaltung des Vermögens der Gemeinschaft
- Verwaltung des Erneuerungsfonds und seines Vermögens
Aktive Vertretungsmacht
- Externe Vertretung der StWEG und der Stockwerkeigentümer in den Angelegenheiten der gemeinschaftlichen Verwaltung [vgl. ZGB 712t Abs. 1]
- Vertretung der StWEG in Prozessen
- Summarische Verfahren
- Gesetzliche Prozessführungsbefugnis
- Ordentlicher Zivilprozess
- Nur nach entsprechender vorgängiger Ermächtigung durch die Stockwerkeigentümerversammlung
- Vertretung der StWEG in nicht zivilrechtlichen Verfahren
- vgl. BGE 114 II 310
- Summarische Verfahren
Passive Vertretungsmacht
- Wohnsitz des Verwalters gilt als Zustelldomizil
- alternativ:
- Ort der gelegenen Sache als Zustelldomizil [vgl. ZGB 712t Abs. 3 i.f.]
- alternativ:
- Entgegennahme von Mitteilungen, die an die Stockwerkeigentümergemeinschaft (StWEG) gerichtet sind
- Erklärungen
- Aufforderungen
- Verfügungen
- Urteile
- Ausnahme
- Der Verwalter hat keine Zustellfunktion für Mitteilungen an die jeweiligen Stockwerkeigentümer
- usw.
Art. 712s ZGB
3. Aufgaben
a. Ausführung der Bestimmungen und Beschlüsse über die Verwaltung und Benutzung
1 Der Verwalter vollzieht alle Handlungen der gemeinschaftlichen Verwaltung gemäss den Vorschriften des Gesetzes und des Reglementes sowie gemäss den Beschlüssen der Versammlung der Stockwerkeigentümer und trifft von sich aus alle dringlichen Massnahmen zur Abwehr oder Beseitigung von Schädigungen.
2 Er verteilt die gemeinschaftlichen Kosten und Lasten auf die einzelnen Stockwerkeigentümer, stellt ihnen Rechnung, zieht ihre Beiträge ein und besorgt die Verwaltung und bestimmungsgemässe Verwendung der vorhandenen Geldmittel.
3 Er wacht darüber, dass in der Ausübung der Sonderrechte und in der Benutzung der gemeinschaftlichen Teile des Grundstückes und Gebäudes sowie der gemeinschaftlichen Einrichtungen die Vorschriften des Gesetzes, des Reglementes und der Hausordnung befolgt werden.
Bestellung und Abberufung
Die Bestellung des Verwalters erfolgt in der Regel durch einen Beschluss der Stockwerkeigentümerversammlung mit einfachem Mehr und dem Abschluss eines entsprechenden Verwaltungsvertrages.
Durch Beschluss der Versammlung der Stockwerkeigentümer kann der Verwalter jederzeit abberufen werden. Lehnt die Versammlung die Abberufung unter Missachtung von wichtigen Gründen ab, so kann jeder Stockwerkeigentümer selbständig binnen Monatsfrist die gerichtliche Abberufung des Verwalters verlangen.
Ein wichtiger Grund für die gerichtliche Abberufung der Verwaltung liegt vor, wenn wegen ihres Verhaltens das Vertrauen der Stockwerkeigentümer in sie zerstört worden ist.
Beispiel:
Ein wichtiger Grund, der die Abberufung rechtfertigt, liegt vor, wenn die Verwaltung gegen ihre Pflicht verstösst, korrekte Abrechnungen zu erstellen.
Pflichtverletzungen, die für sich allein genommen keinen wichtigen Grund für eine Absetzung darstellen, können bei der Gesamtwürdigung des Verhaltens der Verwaltung berücksichtigt werden.
Literatur
- DEILLON-SCHEGG BETTINA, Die gerichtliche Abberufung des Verwalters beim Stockwerkeigentum wegen «wichtiger Gründe», recht 2000 S. 238 ff., S. 241 und S. 247
- WERMELINGER AMEDEO, Zürcher Kommentar, Art. 712a – 712t ZGB, N 45 f. zu ZGB 712r
Judikatur
- Allgemein
- BGer 5A_521/2016 vom 09.10.2017 (Absetzung des Verwalters erfordert wichtige Gründe / nicht erfüllte Voraussetzungen (Belastung der Prozesskosten aus einem Streit zwischen Stockwerkeigentümer + StWEG als Verwaltungskosten, mit Umlage auf alle Stockwerkeigentümer)
- BGer 5A_640/2012 vom 13.11.2012 E. 4.2, in: ZBGR 95/2014 S. 283 f.
- BGer 5A_616/2009 vom 09.11.2009, Erw. 9.2
- Entscheid des Kantonsgerichts Graubünden vom 03.08.2007 (PZ 07 55, Erw. 4c)
- ZR 115 (2016) Nr. 35 S. 165 ff. (Verfahrensnatur, Novum + Auswirkung eines Vergleichs in einem früheren Absetzungsverfahren auf den Gegenstand des hängigen Verfahrens)
- Wichtige Gründe
- BGE 127 III 534, 3c, S. 536 f.
- BGer 5A_795/2012 vom 21.02.2013, Erw. 2.3
Weiterführende Informationen
Anmerkung im Grundbuch
ZGB 962a Ziffer 5 erlaubt die Anmerkung des Verwalters im Grundbuch, auf Antrag des Verwalters selbst, der Stockwerkeigentümerversammlung oder des Gerichts. Eine solche Anmerkung bewirkt, dass die Anschrift des zuständigen Verwalters veröffentlicht wird. So können an die Stockwerkeigentümer insgesamt gerichtete Erklärungen, Aufforderungen, Urteile und Verfügungen durch Zustellung an den Verwalter an seinem Wohnsitz oder am Ort der gelegenen Sache wirksam mitgeteilt werden [vgl. ZGB 712t Abs. 3].