Einleitung
Die letztlich generelle Pflicht, die Persönlichkeit des Arbeitnehmers zu schützen, soll nachfolgend durch die verschiedenen Blickwinkel charakterisiert werden:
Summe aller Arbeitgeberpflichten
Die Summe aller Arbeitgeberpflichten wird in der Praxis als allgemeine Fürsorgepflicht bezeichnet.
OR 328 nennt nicht abschliessend als wichtige Schutzgebiete:
- Gesundheitsschutz
- Wahrung der Sittlichkeit
Vom Arbeitgeber wird aber keine medizinische oder soziale Behandlungspflicht erwartet
Literatur
- PORTMANN WOLFGANG / STÖCKLI JEAN-FRITZ, Schweizerisches Arbeitsrecht, 2. Auflage, Zürich/St. Gallen 2007, Rz 409
Judikatur
- AGer ZH, in: Entscheide 2009, Nr. 8
Weiterführende Informationen
Unterlassung, Abwehr + Interessenwahrung
Der Arbeitgeber hat die Pflicht, dem Arbeitnehmer Schutz und Fürsorge zu gewähren:
- Unterlassung eigener persönlichkeitsverletzender Eingriffe
- Abwehr resp. Schutz vor Übergriffen Dritter, d.h. durch
- Vorgesetzte
- Mitarbeiter
- Kunden
- Lieferanten
- Wahrung berechtigter Interessen des Arbeitnehmers
- Interessenwahrungspflicht
- nach Treu und Glauben (ZGB 2 Abs. 1)
- findet ihre Grenze in den berechtigten Eigeninteressen des Arbeitgebers
- Interessenwahrungspflicht
Literatur
- STREIFF ULLIN / VON KAENEL ADRIAN / RUDOLF ROGER, Arbeitsvertrag, Praxiskommentar zu Art. 319 – 362 OR, 7., vollständig überarbeitete und stark erweiterte Auflage, Zürich 2012, N 3 zu OR 328
Judikatur
- BGE 132 III 257
Weiterführende Informationen
Persönlichkeitsschutz-Konkretisierung
Der Persönlichkeitsschutz ist die Grundlage der in OR 328 postulierten Fürsorgepflicht des Arbeitgebers.
Die Fürsorgepflicht ist Ausfluss des personenbezogenen Charakters des Einzelarbeitsvertrags und der damit einhergehenden engen Beziehung, die der Arbeitsvertrag zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber.
Die Arbeitgeberfürsorge ist das logische Korrelat zur
- Weisungsgebundenheit des Arbeitnehmers
- https://law.ch/lawinfo/arbeitgeberweisungen/
- Persönlichen Abhängigkeit des Arbeitnehmers
Die Konkretisierung des Persönlichkeitsschutzes betrifft:
- Persönlichkeitsschutz nach ZGB 27 / 28
- Konkretisierung, nicht aber Erweiterung
- Schutzpflichten des öffentlichen Rechts
- Überführung ins Privatrecht
- OR 342 Abs. 2
- Arbeitsgesetz
- Arbeitszeit
- Überführung ins Privatrecht
Literatur
- STREIFF ULLIN / VON KAENEL ADRIAN / RUDOLF ROGER, Arbeitsvertrag, Praxiskommentar zu Art. 319 – 362 OR, 7., vollständig überarbeitete und stark erweiterte Auflage, Zürich 2012, N 2 f. zu OR 328
Judikatur
- BGE 132 III 257
Weiterführende Informationen
Beginn + Ende
Nach herrschender Lehre beginnt die Fürsorgepflicht mit dem Abschluss des Arbeitsvertrages (keine Vorwirkung), teilweise erst mit dem Stellenantritt.
Die Fürsorgepflicht dauert nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, entsprechend der Treuepflicht des Arbeitnehmers, wenn auch in vermindertem Masse, fort (vgl. BGE 130 III 699, Erw. 5.1 = ARV 2005, S. 93 = JAR 2005, S. 256 = Pra 2005, Nr. 74).