Der Arbeitgeber will mit der Gratifikation den Arbeitnehmer
- für erbrachte Leistungen belohnen und
- in seinem künftigen Einsatz anspornen.
Die Gratifikation ist eine zusätzliche Sondervergütung zum Lohn für bestimmte Anlässe wie Weihnachten, erfolgreicher Abschluss des Geschäftsjahres etc. (vgl. OR 322d Abs. l). Einen Rechtsanspruch auf Ausrichtung einer Gratifikation besteht nur, wenn er ausdrücklich verabredet ist. Auch eine Entschädigung pro rata temporis muss verabredet sein (OR 322d Abs. 2). Diese Abreden können im Einzelarbeitsvertrag oder in einem GAV begründet werden. Konkludentes Verhalten genügt:
- jahreslanges (3 Jahre genügen), regelmässiges und vorbehaltloses Ausrichten einer Gratifikation
- Übung im Betrieb, ohne individuelle abweichende Vereinbarung für den betreffenden Mitarbeiter
Für die Höhe des dem Grundsatz nach bestehenden Gratifikationsanspruches sind massgebend:
- Betriebs- und Branchenübung
- sachliche Kriterien
- Gleichbehandlungsgebot.
Eine Kürzung kommt in Frage bei
- schlechtem Geschäftsgang
- groben Treue- oder Sorgfaltspflichtverletzungen
- ungenügenden Arbeitsleistungen.
Eine adäquate Rückzahlungspflicht ist nach Ansicht eines Teils der Lehre zulässig, falls sie ausdrücklich verabredet ist.
Mit der Kündigung durch den Arbeitnehmer wenden sich natürlich die Interessen des Arbeitgebers: Er will nicht einen Arbeitnehmer „belohnen“, der seinen Betrieb verlässt, und anzuspornen gibt es auch nichts mehr. Also wird er wenn möglich keine Gratifikation ausrichten. Kündigt der Arbeitgeber kurz vor dem Ende einer Gratifikationsperiode, läuft er Gefahr, dass er infolge treuwidrigen Bedingungseintritts (OR 156) die Gratifikation doch bezahlen und die Folgen einer missbräuchlichen Kündigung gewärtigen muss (OR 336 Abs. l lit. c).
Tipp:
Der kluge Arbeitnehmer kündigt erst wenn die Gratifikation ausbezahlt ist.