Die Faust- und Grundpfandgläubiger einer juristischen Person sind nicht auf ein Wiederaufleben der Spezialexekution (Betreibung auf Pfandverwertung etc.) angewiesen, sondern können beim Konkursamt die Spezialliquidation verlangen:
Begriff
- Grundstückverwertung in der Spezialliquidation = Liquidation eines pfandbelasteten einer juristischen Person gehörenden Grundstücks, nach Konkurseinstellung mangels Aktiven, auf Verlangen eines oder mehrerer Pfandgläubiger
Grundlagen
- SchKG 230a
- aVZG 133 f. (bis zur Revision 1994)
Rechtsnatur
- Zwangsvollstreckungsverfahren (Verwaltungsverfahren)
- Spezialexekution im Anschluss an eine eingestellte Generalexekution
Anwendungsvoraussetzungen
- Einstellung des Konkurses mangels Aktiven
- Juristische Person
- Pfandgläubigerbegehren
- Faust- und / oder Grundpfandforderung
Zuständigkeit
- Konkursamt (SchKG 230a Abs. 2)
- Örtliche Zuständigkeit
- Sitz der juristischen Person
- Rechtshilfe
- Für Grundstücke ausserhalb des Konkurskreises ist – wie im Konkursverfahren – das örtlich zuständige Konkursamt mit der Verwaltung und Verwertung zu beauftragen (Requisitorial)
- Hilfspersonen
- Der Beizug von Dritten als SchKG-Hilfspersonen für Verwaltung und Verwertung ist zulässig
- Keine a.a. Konkursverwaltung
- Eine a.a. Konkursverwaltung ist nicht wählbar, weil das Wahlforum der Gläubiger (Gläubigerversammlung) nicht vorgesehen ist (vgl. auch BGE 121 III 143)
- Aber a.o. Konkursverwaltung
- Die Wahl einer a.o. Konkursverwaltung muss zulässig sein, weil der Richter die Auswahl der Liquidationsorgane trifft und es denkbar ist, dass das Konkursamt in einem Interessenkonflikt steht (zB Konkursmandat der betreffenden Holding oder einer Tochtergesellschaft etc.)
- Örtliche Zuständigkeit
- Konkursrichter
- Dem Konkursrichter kommt in der Spezialliquidation keine Funktion zu
Einstellung des Konkurses mangels Aktiven
- Kumulative Voraussetzungen
- Eintritt der Rechtskraft der Einstellungsverfügung
- Nichterklärung des Durchführungsinteresses eines Gläubigers
- Nichtleistung des geforderten Kostenvorschusses durch den erklärenden Gläubiger
Personelle Verfahrensvoraussetzung
- Ausgeschlagene Erbschaft
- Nachlass, der infolge Ausschlagung aller nächsten gesetzlichen und eingesetzten Erben im Konkursverfahren liquidiert wird (vgl. Box)
- Juristische Person
- Gesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit (vgl. Box)
Pfandgläubigerbegehren
- Ausgangslage
- Die Konkurseinstellung mangels Aktiven erfolgt in der Regel vor Erstellung eines Kollokationsplanes und eines Lastenverzeichnisses, weshalb weder Gläubigerstellung noch Pfandrecht des die Spezialliquidation anbegehrenden Gläubigers geprüft sind
- Glaubhaftmachung der Pfandgläubigerstellung
- Es ist von der die Spezialliquidation verlangenden Person die Glaubhaftmachung eines Nachweis seiner Berechtigung zu verlangen
- zB Grundbuchauszug, Pfandvertrag, Schuldbriefkopie o.ä.
- Es ist von der die Spezialliquidation verlangenden Person die Glaubhaftmachung eines Nachweis seiner Berechtigung zu verlangen
- betroffenes Grundstück
- Der Pfandgläubiger kann nur für jenes Grundstück eine Spezialliquidation verlangen, für welches er ein Pfandrecht besitzt (vgl. SchKG 230a Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3)
- Fristverwirkung
- Die Fristversäumnis hat – mangels gesetzlicher Grundlage – keine Pfandrechts-Verwirkungsfolge; zudem kann es zur Spezialliquidationsverwertung kraft des Begehrens eines anderen Pfandgläubigers des gleichen Grundstücks oder infolge Übergangs auf den Staat (vgl. SchKG 230a Abs. 3) kommen
- Verzicht
- Der Pfandgläubiger kann auf die Durchführung der Spezialliquidation verzichten, zB aus Kostengründen (Kostenvorschusspflicht, vgl. SchKG 68 Abs. 1)
Verfahrensart
- Summarisches Verfahren
- analog summarisches Konkursverfahren, vgl. SchKG 231 + KOV 96 lit. und c)
Lastenverzeichnis
- Ja
- Lastenruf
- Verfahrensbeteiligte
- Pfandberechtigte Gläubiger
- Drittansprecher (vgl. SchKG 242)
- Berechtigte aus einer Dienstbarkeit oder Grundlast
- Berechtigte aus einem im Grundbuch vorgemerkten persönlichen Recht
- Gemeinschuldner
- Nichtverfahrensbeteiligte
- Nicht pfandberechtigte Gläubiger sind am Verfahren nicht beteiligt (vgl. SchKG 230a)
- Verfahrensbeteiligte
- Lastenbereinigungsverfahren
- Durchführung des Lastenbereinigungsverfahrens (analog SchKG 247 ff.)
- Prüfung und Zulassung oder Abweisung der (Grund-)Pfandforderung nach
- Bestand
- Höhe
- Rang
- Erlass einer Zulassungs- oder Abweisungsverfügung
- Lastenbereinigungsprozess
- Aktivlegitimation
- Nur Personen, die ein dingliches oder ein vorgemerktes persönliches Recht geltend machen können
- Nicht aktivlegitimiert sind ehemalige Konkursgläubiger unversicherter Forderungen
- Weitere Detailinformationen
- Aktivlegitimation
Kollokationsplan
- Nein
- Keine Kollokationsplan
- Da Spezialliquidationsverfahren unter Ausschluss der nicht-pfandgesicherten Gläubiger von statten geht, wird kein Kollokationsplan erstellt, selbst dann, wenn Faustpfandrechte an Schuldbriefen bestehen
- Vgl. BGE 5A_219/2007
Öffentliche Versteigerung
- Verfahrensregeln
- wie im summarischen Konkursverfahren
- Verwertungsart
- Zwangsversteigerung ist die grundsätzliche Verwertungsart, sofern die Pfandgläubiger nicht mit einem Freihandverkauf einverstanden sind (vgl. SchKG 256 Abs. 1 und 2)
- Das Deckungsprinzip von SchKG 126 f. gilt – wie ganz allgemein im Konkurs – nicht
- Liquidationsabwicklung
- Wie in der öffentlichen Versteigerung im summarischen Konkursverfahren
- Vgl. ferner
Freihandverkauf
- Freihandverkaufsvorausaussetzungen
- Wie beim Freihandverkauf im summarischen Konkursverfahren
- Vgl. ferner
- Freihandverkaufsabwicklung
- Wie beim Freihandverkauf im summarischen Konkursverfahren
- Vgl. ferner
Verteilung und Schlussrechnung
- Verteilungsvoraussetzungen
- Abgeschlossene Verwertung (Feststehen des Verwertungserlöses)
- Rechtskräftiges Lastenverzeichnis als Grundlage (vgl. SchKG 261)
- Verteilungsliste
- Keine Berücksichtigung ungesicherter Gläubiger bzw. unverpfändeter Vermögenswerte, da es sich um eine Spezialexekution handelt (siehe „Rechtsnatur“ oben)
- Keine Verlustscheine
- Es werden keine Verlustscheine ausgestellt
- Pfandausfallschein / Bescheinigung
- Zu erlassende Dokumente
- ein Pfandausfallschein über den ungedeckt gebliebenen Betrag an den Pfandgläubiger, der das Spezialliquidationsbegehren stellte
- eine Bescheinigung im Sinne von VZG 120 Satz 2 an die Pfandgläubiger, die die Spezialliquidation nicht verlangten
- Rechte im Pfandausfall-Falle
- Der Pfandgläubiger kann im Rahmen des ungedeckt gebliebenen Betrages auf Pfändung betreiben (vgl. SchKG 230 Abs. 3)
- Zu erlassende Dokumente
- Überschuss
- Ein allfälliger Überschuss über die Pfandforderungen hinaus ist den vertretungsberechtigten Personen der Schuldnerin (juristischen Person) herauszugeben (SchKG 230a Abs. 3 per analogiam)
Literatur
Zur Frage der Wahl einer ausseramtlichen Konkursverwaltung
- GASSER DOMINIK, Revidiertes SchKG – Hinweise auf kritische Punkte, in: ZBJV 1996, 649
- AMBERG PETER, Der ausseramtliche Konkursverwalter im summarischen Konkursverfahren, in: BlSchK 1996, 8 ff.
- MEIER ISAAK, Konkursrecht, Neuerungen und aktuelle Fragen aus Lehre und Praxis, in: ZSR 1996, 296
- FEUZ ANDREAS, Konkurs eingestellt, in: ST 1995, 501, FN 3
Judikatur
- BGE 7B.130/2003
- BGE 130 III 481
- BGE 5A_219/2007
- BGE 5A_896/2010
Weiterführende Informationen
- Konkurseinstellung
- Ausgeschlagene Erbschaft
- Juristische Personen
- Pfandgläubiger
- Drittansprecher
- Dienstbarkeit
- Grundlast
- Vorgemerkte persönliche Rechte