Vom Grundsatz, wonach die Verjährungsfristen mit der Fälligkeit zu laufen beginnen, bestehen etliche Ausnahmen, bei denen auf die Kenntnis, auf die Erfüllung oder auf einen Zeitpunkt danach abgestellt wird:
Kündigung
Grundlage
Beginn Verjährungsfrist
- Bei Forderungen für deren Fälligkeit eine Kündigung vorausgesetzt wird, beginnt die Verjährungsfrist mit dem Tage zu laufen, auf den Kündigung erstmals zulässig ist
Motiv
- Gläubigern soll es nicht möglich sein, den Beginn des Fristenlaufs der Verjährung durch Unterlassen der Kündigung hinauszuschieben
Periodische Leistungen
Grundlagen
Beginn Verjährungsfrist
- Forderungsrecht im Ganzen
- Beginn der Verjährungsfrist mit der Fälligkeit der ersten Teilforderung (vgl. OR 131 Abs. 1)
- Teilforderungen
- Beginn der Verjährungsfrist mit der Fälligkeit der betreffenden (jeweiligen) Teilforderung
- Verjährungsfrist
- 5 Jahre-Verjährungsfrist (vgl. OR 128 Ziffer 1)
- Gesamtforderung und Teilforderungen
- Durch die Verjährung der Gesamtforderung, 10 Jahre nach Fälligkeit der ersten Teilforderung (siehe oben), verjähren auch die zugehörigen Teilforderungen (vgl. OR 131 Abs. 2)
- Verjährungsfrist
- 10 Jahre nach Fälligkeit der ersten Teilforderung
Schadenersatzansprüche wegen Nichterfüllung + Späterfüllung
Gegenstand
- Nichterfüllung (Nachträgliche Unmöglichkeit)
- Späterfüllung (Ersatzansprüche aus positivem Vertragsinteresse)
Grundlage
- Nichterfüllung (Nachträgliche Unmöglichkeit)
- Späterfüllung (Ersatzansprüche aus positivem Vertragsinteresse)
Beginn Verjährungsfrist
- Die Verjährungsfrist für diese Ersatzansprüche beginnt mit dem Verjährungsbeginn der ursprünglichen Hauptforderung zu laufen
Verjährungsfrist
- Für diese Ersatzansprüche gelten die gleichen Verjährungsfristen wie für die sie ersetzten ursprünglichen Forderungen
Schadenersatzansprüche wegen Schlechterfüllung + culpa in contrahendo
Gegenstand
- Schlechterfüllung
- culpa in contrahendo
Grundlage
- Schlechterfüllung
- culpa in contrahendo
- —
Beginn Verjährungsfrist
- Schlechterfüllung und culpa in contrahendo
- Verjährungsbeginn mit dem Zeitpunkt der Pflichtverletzung
- Forderungen auf Schadenersatz und Genugtuung aus vertragswidriger Körperverletzung
- Beginn der Verjährung mit Kenntnis des Schadens (Grundsatz)
- Beginn der Verjährung im Zeitpunkt der verletzenden Handlung bzw. mit dem Tag, als diese aufhörte (OR 128a).
- Für Asbestschäden unter altem Recht: BGE 137 III 16 ff.
Deliktsansprüche
Grundlage
Beginn Verjährungsfrist
- Relative Verjährungsfrist
- Verjährungsbeginn ab Kenntnis des Schadens und der Person des Ersatzpflichtigen
- Verjährungsfrist
- 3 Jahre
- Absolute Verjährungsfrist
- Verjährungsbeginn ab dem Tag an dem das schädigende Verhalten erfolgte oder aufhörte
- Verjährungsfrist
- 10 Jahre
- 20 Jahre bei Körperverletzung oder Tötung
Weitere Detailinformationen
Bereicherungsansprüche
Grundlage
Beginn Verjährungsfrist
- Relative Verjährungsfrist
- Verjährungsbeginn ab Kenntnis des Bereicherungsanspruchs
- Verjährungsfrist
- 3 Jahre
- Absolute Verjährungsfrist
- Verjährungsbeginn mit Entstehung des Bereicherungsanspruchs
- Verjährungsfrist
- 10 Jahre
Weitere Detailinformationen
Gesetzestexte
Art. 130 OR
4. Beginn der Verjährung
a. Im Allgemeinen
1 Die Verjährung beginnt mit der Fälligkeit der Forderung.
2 Ist eine Forderung auf Kündigung gestellt, so beginnt die Verjährung mit dem Tag, auf den die Kündigung zulässig ist.
Art. 131 OR
b. Bei periodischen Leistungen
1 Bei Leibrenten und ähnlichen periodischen Leistungen beginnt die Verjährung für das Forderungsrecht im Ganzen mit dem Zeitpunkte, in dem die erste rückständige Leistung fällig war.
2 Ist das Forderungsrecht im Ganzen verjährt, so sind es auch die einzelnen Leistungen.
Art. 128 OR
2. Fünf Jahre
Mit Ablauf von fünf Jahren verjähren die Forderungen:
1.
für Miet-, Pacht- und Kapitalzinse sowie für andere periodische Leistungen;
2.
aus Lieferung von Lebensmitteln, für Beköstigung und für Wirtsschulden;
3.1
aus Handwerksarbeit, Kleinverkauf von Waren, ärztlicher Besorgung, Berufsarbeiten von Anwälten, Rechtsagenten, Prokuratoren und Notaren sowie aus dem Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern.
Art. 128a OR
2a. Zwanzig Jahre
Forderungen auf Schadenersatz oder Genugtuung aus vertragswidriger Körperverletzung oder Tötung eines Menschen verjähren mit Ablauf von drei Jahren vom Tage an gerechnet, an welchem der Geschädigte Kenntnis vom Schaden erlangt hat, jedenfalls aber mit Ablauf von zwanzig Jahren, vom Tage an gerechnet, an welchem das schädigende Verhalten erfolgte oder aufhörte.
Literatur
- GAUCH PETER / SCHLUEP WALTER R. / EMMENEGGER SUSAN, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, ohne ausservertragliche Haftpflicht, Band II, 10. Auflage, Zürich 2014, N 3311 ff.
Judikatur
- Kündigung
- Periodische Leistungen