Der Vermögensverwalter haftet seinem Kunden für die gleiche Sorgfalt wie ein Arbeitnehmer nach den Arbeitsvertragsregeln, also für Absicht und Fahrlässigkeit (vgl. OR 398 Abs. 2; OR 321e Abs. 1).
Als Massstab ist diejenige Sorgfalt anzuwenden, die ein gewissenhafter Beauftragter in der gleichen Situation bei Besorgung der ihm übertragenen Geschäfte anwendet, wobei an den berufsmässigen Beauftragten höhere Anforderungen zu stellen sind (vgl. BGE 133 III 123 ff.). Verfügt der Vermögensverwalter nicht über die Voraussetzungen für eine Mandatsannahme, begeht er ein haftungsbegründendes Übernahmeverschulden (vgl. BGE 124 III 155).
Einer Haftung kann der Vermögensverwalter wie folgt entgegenwirken:
Beschränkung durch Sorgfalt
- Auftragsrechtliche Sorgfaltspflicht
- = Gegenstand der Vertragserfüllung (nicht oder nicht richtige Erfüllung, vgl. OR 97)
- Sorgfältiges Hinwirken auf den angestrebten Erfolg
- Behauptungs- und Beweislast
- Auftraggeber hat darzutun
- Zielsetzung der Vermögensanlage
- Tatsache, dass die Entscheidungen des Vermögensverwalters diesen Zielen zuwider liefen und damit unsorgfältig waren
- Expertenbeurteilung
- Gerichtsgutachten / Privatgutachten | sachverstaendigen-gutachten.ch
- Beweislast
- Auftraggeber
- Entlastungsbeweis
- Bank bzw. Vermögensverwalter
- Vide Schadenersatz bei pflichtwidriger Anlage
- Auftraggeber hat darzutun
Massstab der Sorgfalt
- Ausgangslage
- Entgeltlicher Auftrag
- Exkulpation bei Übernahmeverschulden (Unfähigkeit, Ausbildungsmangel, fehlende Erfahrung, Weiterbildungs- bzw. Aktualisierungsnachholbedarf usw.) nicht möglich
- Grösse und wirtschaftliche Bedeutung des beauftragten Unternehmens ist ohne Belang
- Honorarhöhe
- Wer deutlich mehr fordert als andere, verspricht damit besondere Fähigkeiten und Kenntnisse bzw. eine besondere Sorgfalt, die über den abstrakten Massstab hinausgeht
Feststellung des Kundeninteresses
- = erste Pflicht des sorgfältigen Vermögensverwalters
- Abklärung persönliche und finanzielle Verhältnisse
- Pflicht des Vermögensverwalters, den Kunden auf allfällige Widersprüche in seinen Wünschen aufmerksam zu machen
Konkretisierung des Kundeninteresses
- Umfang des verwalteten Vermögens
- Abhängigkeit von den Erträgnissen
- Konservative oder spekulative Anlagen
- Wahl der Währung
- Festlegung der Portfolio-Strategie
Pflicht zu aktivem Handeln
- Verpflichtung des Beauftragten, zielgerichtete Verwaltungshandlungen aufzunehmen
- Überwachung von Konto und Depot
- Beschränkung bei den Verwaltungshandlungen auf das Notwendige und Nützliche
- Umsatz des Umsatzes willen (Churning) ist pflichtwidrig
Beschränkung durch Auftraggeber-Weisungen
- Generelle Weisungen des Auftraggebers (vgl. OR 397)
- Anlageform
- Beschränkung auf bestimmte Anlagen
- Anlagekategorien
- Anlagekriterien
- Kauf oder Verkauf bestimmter Anlagen
Beschränkung durch Treuepflicht
- Interessenkollision
- Selbstkontrahierung und Doppelvertretung
Beschränkung durch Regelwerk von Branchenorganisationen
- Vgl. Grundlagen
Exkurs: Bankhaftung für Treuhandanlagen
- Transferrisiko
- Frage der sorgfältigen Auswahl Kapitalschuldners, wenn er in Zahlungsverzug gerät, auch wenn das Delkredererisiko beim Auftraggeber liegt
- Währungsrisiko
- Beweislast
- Auftraggeber
- Entlastungsbeweis
- Bank bzw. Vermögensverwalter
- Beurteilung im individuell konkreten Einzelfall
Literatur
- FELLMANN WALTER, Berner Kommentar, 1992, N. 501, 528 ff., insb. 540 zu Art. 394 OR
- WEBER ROLF H., Berner Kommentar, 2000, N. 266 zu Art. 97 OR
- WEBER ROLF H., Basler Kommentar, Obligationenrecht, 5. Aufl. 2011, N. 43 zu Art. 394 OR
Judikatur
- BGer 4A_364/2013 vom 05.03.2014
- BGE 125 III 316, Erw. 4c
- BGE 4A_140/2011 vom 27.06.2011 Erw. 2.1
- BGE 4C.158/2006 vom 10.11.2006 Erw. 3.3.1, mit Hinweisen
- BGE 125 III 312, Erw. 4c (Referenz-Vergleichsportfolio)
Weiterführende Informationen
- Checklisten und Downloads