Die Beschlussfassung bzw. die Wahl von Organmitgliedern
- ist grundsätzlich kapitalbezogen ausgestaltet
- nach dem Nennwert der Stammanteile (so viel Kapital, so viel Recht) (vgl. OR 806 Abs. 1 Satz 1)
- mit Mindeststimmrecht pro Gesellschafter von mindestens einer Stimme (vgl. OR 806 Abs. 1 Satz 2)
- in dispositiver Natur
- für die Besitzer mehrerer Stammanteile beschränkbar (vgl. OR 806 Abs. 1 Satz 3)
- für Stammanteile mit unterschiedlicher Stimmkraft oder Staffelung des Stimmrechts (reines Kopfstimmprinzip ist aber ausgeschlossen) (vgl. OR 776a Abs. 1 Ziffer 7)
- für Stammanteile mit unterschiedlichem Nennwert, wobei die Statuten die Stimmkraft unabhängig vom Nennwert festsetzen, d.h. pro Stammanteil eine Stimme (Privilegierung von Stammanteilen mit niedrigerem Nennwert); eine gänzliche Loslösung der Stimmkraft vom vermögensrechtlichen Beteiligungswert ist – analog des Aktienrechts (vgl. OR 693 Abs. 2) – nicht vorgesehen: Das Verhältnis 1 : 10 darf nicht überschritten werden (vgl. OR 806 Abs. 2)
- enthält in OR 806 Abs. 3 die Einschränkung der sog. „Stimmrechts-Bemessung nicht nach der Zahl der Stammanteile“
- für die Wahl der Mitglieder Revisionsstelle
- für die Wahl des oder der Sonderprüfer
- für die Beschlussfassung über die Anhebung einer Verantwortlichkeitsklage
- ist mit einem Stimmrechtsausschluss konfrontiert
- der Geschäftsführer bei der Abstimmung über seine Entlastung (Décharge) (vgl. OR 806a Abs. 1)
- die GmbH für eigene Stammanteile (vgl. OR 806a Abs. 2)
- die Gesellschafter, die die Gesellschafterversammlung über ihre die Treuepflicht oder das Konkurrenzverbot befinden lassen wollen (vgl. OR 806a Abs. 3)
- erfordert die Stimmabgabe durch die Gesellschafter selber oder ggf. durch ihren bzw. ihre Stellvertreter
- Zulässigkeit der Beschränkung des Vertretungsrechts (vgl. OR 776a Abs. 1 Ziffer 7)
- verlangt nach der Einhaltung bestimmter Quoren, nämlich:
- das Beschlussquorum (Abgabe einer bestimmten Zahl Stimmen)
- je nach Beschlussfassungsgegenstand das Präsenzquorum (Anzahl vertretene Stimmen)
- erfolgt in der Regel in offener Abstimmung
- Ausnahmen
- Statuten sehen schriftliche Stimmabgabe (an der Gesellschafterversammlung) vor
- Beschluss der Gesellschafterversammlung, über ein bestimmtes Geschäft schriftlich abzustimmen
- Zirkularbeschlüsse
- sind zulässig
- vgl. Urabstimmung
- Ausnahmen
Entscheide
Die Entscheidungen der Gesellschafter an der Gesellschafterversammlung (Beschlussfassung) lassen sich unterscheiden in:
- Sachgeschäfte = Abstimmung
- Personalentscheide auf Organstufe = Wahlen
Beschlussquoren
- Quoren
- Absolutes Mehr der vertretenen Stimmen
- Grosse Gestaltungsfreiheit infolge dispositiven Rechts(Erschwerungen, Erleichterungen usw.)
- siehe unten: Statutarische Quoren
- Gesetzliche Quoren
- 2/3 der vertretenen Stimmen mit absoluter Mehrheit des gesamten stimmberechtigten Stammkapitals (vgl. OR 808b Abs. 1 Ziffern 1 – 11) für
- 1. die Änderung des Gesellschaftszweckes;
- 2. die Einführung von stimmrechtsprivilegierten Stammanteilen;
- 3. die Erschwerung, den Ausschluss oder die Erleichterung der Übertragbarkeit der Stammanteile;
- 4. die Zustimmung zur Abtretung von Stammanteilen beziehungsweise die Anerkennung als stimmberechtigter Gesellschafter;
- 5. die Erhöhung des Stammkapitals;
- 6. die Einschränkung oder Aufhebung des Bezugsrechtes;
- 7. die Zustimmung zu Tätigkeiten der Geschäftsführer sowie der Gesellschafter, die gegen die Treuepflicht oder das Konkurrenzverbot verstossen;
- 8. den Antrag an das Gericht, einen Gesellschafter aus wichtigem Grund auszuschliessen;
- 9. den Ausschluss eines Gesellschafters aus in den Statuten vorgesehenen Gründen;
- 10. die Verlegung des Sitzes der Gesellschaft;
- 11. die Auflösung der Gesellschaft.
- Gleiches Quorum für die Einführung neuer Statutenbestimmungen, welches diese statuarische Regel bei ihrer Anwendung selber weitergehend als das Gesetz erfordert (OR 808b Abs. 2).
- Stichentscheid des Vorsitzenden der Gesellschafterversammlung (vgl. OR 808a Satz 1)
- 2/3 der vertretenen Stimmen mit absoluter Mehrheit des gesamten stimmberechtigten Stammkapitals (vgl. OR 808b Abs. 1 Ziffern 1 – 11) für
- Statutarische Quoren
- Präsenzquoren, in sachlich vertretbarem Rahmen (Gefahr: Erhöhung des Präsenzquorums kann zu vermehrter Beschlussunfähigkeit führen)
- Beschlussquoren, welche
- nicht nur Präsenzquoren enthalten,
- sondern auch ein erhöhtes Quorum für das Zustandekommen eines Beschlusses fordern (zB bezüglich OR 808b Abs. 2)
- Andere Regelung des Stichentscheids des Vorsitzenden (vgl. OR 808a Satz 2).
Vetorecht
In den Statuten kann zugunsten der Gesellschafter gegen bestimmte Gesellschafterversammlungs-Beschlüsse ein Vetorecht eingeräumt werden:
- Ursprüngliche Einführung
- in den Gründungsstatuten
- nachträgliche Einführung
- Zustimmung sämtlicher Gesellschafter (vgl. OR 807 Abs. 2)
- Ausübung des Vetorechts
- Das Vetorecht
- ist ein persönliches Recht,
- welches mit dem Stammanteil verbunden ist und beim Ausscheiden oder Tod des Gesellschafters erlischt
- welches dem Nachfolge-Gesellschafter nur eingeräumt werden kann, wenn sämtliche Gesellschafter wieder zustimmen
- kann bei juristischen Personen unbegrenzt eingeräumt werden (vgl. Botschaft S. 3209)
- ist unübertragbar (vgl. OR 807 Abs. 3)
- ist ein persönliches Recht,
- Die Ausübung des Vetorechts kann zur einer beachtlichen Einflussnahme auf die Geschäftsführung führen.
- Risiko 1: Annahme einer faktischen (Geschäftsführungs-) Organschaft
- Risiko 2: Organhaftung (auch als faktisches Organ)
- Das Vetorecht
Kein Vetorecht besteht bezüglich der Geschäftsführer-Entscheide. In den Statuten kann einzig vorgesehen werden, dass bestimmte Entscheide der Geschäftsführer der Genehmigung durch die Gesellschafterversammlung unterstellt werden (= indirektes Vetorecht; vgl. OR 811 Abs. 1 Ziffer 1 iVm OR 807).
Weiterführende Informationen
- Doppelte Beschlussfassung bei Traktanden, die auch zu einer Statutenänderung führen, zB
- B1 Firma-Änderung
- B2 Änderung der Statutenbestimmung zur Firma der AG
- Anfechtung und Nichtigkeit der Gesellschafterversammlung