Das „vereinfachte Verfahren“ (ZPO 243 – ZPO 247) ist geprägt durch folgende Merkmale:
- erleichterte Formen
- verstärkte Mündlichkeit
- aktivere Rolle des Gerichts bzw. des Einzelrichters
Dieses Verfahren ist vor allem für kleinere Streitigkeiten und für Angelegenheiten des sozialen Privatrechts vorgesehen.
Vgl. hiezu ferner: Vereinfachtes Verfahren
Abgrenzung zum ordentlichen Verfahren
Demgegenüber ist das sog. „ordentliche Verfahren“ in folgenden Fällen anwendbar:
- vermögensrechtliche Streitigkeiten mit einem Streitwert ab CHF 30‘000 (ZPO 243 Abs. 1 e contrario)
- Streitigkeiten, welche in die Zuständigkeit einer einzigen kantonalen Instanz fallen (ZPO 5 – ZPO 7)
- Nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten, die nicht dem „vereinfachten Verfahren“ zugewiesen sind
Vgl. hiezu ferner: Ordentliches Verfahren
Weitere Detailinformationen
Gesetzestexte
4. Titel: Vereinfachtes Verfahren
Art. 243 ZPO Geltungsbereich
1 Das vereinfachte Verfahren gilt für vermögensrechtliche Streitigkeiten bis zu einem Streitwert von 30 000 Franken.
2 Es gilt ohne Rücksicht auf den Streitwert für Streitigkeiten:
- nach dem Gleichstellungsgesetz vom 24. März 1995;
- wegen Gewalt, Drohung oder Nachstellungen nach Artikel 28bZGB;
- aus Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen sowie aus landwirtschaftlicher Pacht, sofern die Hinterlegung von Miet- und Pachtzinsen, der Schutz vor missbräuchlichen Miet- und Pachtzinsen, der Kündigungsschutz oder die Erstreckung des Miet- oder Pachtverhältnisses betroffen ist;
- zur Durchsetzung des Auskunftsrechts nach dem Bundesgesetz vom 19. Juni 19923über den Datenschutz;
- nach dem Mitwirkungsgesetz vom 17. Dezember 1993;
- aus Zusatzversicherungen zur sozialen Krankenversicherung nach dem Bundesgesetz vom 18. März 19945über die Krankenversicherung.
3 Es findet keine Anwendung in Streitigkeiten vor der einzigen kantonalen Instanz nach den Artikeln 5 und 8 und vor dem Handelsgericht nach Artikel 6.
Art. 244 ZPO Vereinfachte Klage
1 Die Klage kann in den Formen nach Artikel 130 eingereicht oder mündlich bei Gericht zu Protokoll gegeben werden. Sie enthält:
- die Bezeichnung der Parteien;
- das Rechtsbegehren;
- die Bezeichnung des Streitgegenstandes;
- wenn nötig die Angabe des Streitwertes;
- das Datum und die Unterschrift.
2 Eine Begründung der Klage ist nicht erforderlich.
3 Als Beilagen sind einzureichen:
- eine Vollmacht bei Vertretung;
- die Klagebewilligung oder die Erklärung, dass auf das Schlichtungsverfahren verzichtet werde;
- die verfügbaren Urkunden, welche als Beweismittel dienen sollen.
Art. 245 ZPO Vorladung zur Verhandlung und Stellungnahme
1 Enthält die Klage keine Begründung, so stellt das Gericht sie der beklagten Partei zu und lädt die Parteien zugleich zur Verhandlung vor.
2 Enthält die Klage eine Begründung, so setzt das Gericht der beklagten Partei zunächst eine Frist zur schriftlichen Stellungnahme.
Art. 246 ZPO Prozessleitende Verfügungen
1 Das Gericht trifft die notwendigen Verfügungen, damit die Streitsache möglichst am ersten Termin erledigt werden kann.
2 Erfordern es die Verhältnisse, so kann das Gericht einen Schriftenwechsel anordnen und Instruktionsverhandlungen durchführen.
Art. 247 ZPO Feststellung des Sachverhaltes
1 Das Gericht wirkt durch entsprechende Fragen darauf hin, dass die Parteien ungenügende Angaben zum Sachverhalt ergänzen und die Beweismittel bezeichnen.
2 Das Gericht stellt den Sachverhalt von Amtes wegen fest:
- in den Angelegenheiten nach Artikel 243 Absatz 2;
- bis zu einem Streitwert von 30 000 Franken:
- in den übrigen Streitigkeiten aus Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen sowie aus landwirtschaftlicher Pacht,
- in den übrigen arbeitsrechtlichen Streitigkeiten.