Die a.o. Kündigung
Sowohl ein befristetes als auch ein unbefristetes (Rohbau-)Mietverhältnis kann auf dem Wege einer ausserordentlichen Kündigung beendet werden (OR 255, OR 266g ff.).
Die Gründe für eine a.o. Kündigung
Folgende Gründe sind für eine vorzeitige Auflösung denkbar:
- Aus wichtigen Gründen (OR 266g)
- Eigentümerwechsel (OR 261)
- Vorzeitige Rückgabe der Mietsache (OR 264)
- Zahlungsrückstand des Mieters (OR 257d)
- Verletzung der Sorgfaltspflichten durch den Mieter (OR 257f)
Relevanz der Ausschlussklausel
Auch im Falle der ausserordentlichen Kündigung spielt es für die Mietparteien eine Rolle, ob der Rohbaumietvertrag mit oder ohne Mehrwertentschädigungs-Ausschlussklausel abgeschlossen wurde:
Rohbaumietvertrag ohne Ausschlussklausel
- Anspruch des Mieters auf Mehrwertentschädigung (Investitionsersatzanspruch)
- Besteht keine Ausschlussklausel oder haben die Parteien ausdrücklich schriftlich eine Mehrwertentschädigung festgelegt, hat der Mieter Anspruch auf Mehrwertentschädigung durch den Vermieter nach OR 260a Abs. 3
- Quantitativ des Ersatzanspruchs
- Die Mehrwertentschädigung kann reduziert oder verneint werden, wenn der Mieter Anlass zur a.o. Kündigung des Mietverhältnisses gab
- Kein weitergehender Ersatzanspruch
- Ohne andere Abrede ist ein weitergehender Ersatzanspruch des Mieters ausgeschlossen
Rohbaumietvertrag mit Ausschlussklausel
- Grundsatz
- Bei Vorliegen einer Ausschlussklausel ist ein Investitionsersatzanspruch des Mieters zu verneinen
- Denkbare eventuelle Ausnahmen
- Kündigung wegen Mängeln der Mietsache (OR 259b lit. a)
- Siehe Mängelrechte des Mieters
- Kündigung aus wichtigen Gründen (OR 266g)
- Richter bestimmt die vermögensrechtlichen Folgen der Auflösung des Mietverhältnisses unter Würdigung aller Umstände (OR 266 Abs. 2)
- Es ist denkbar, dass der Richter dem Mieter trotz Ausschlussklausel einen bestimmten Investitionsersatzanspruch zubilligt
- Kündigungsmöglichkeit beider Parteien
- Tod des Mieters (OR 266i)
- Recht der Erben, trotz Universalsukzession bei Annahme des Erbes zu kündigen
- Kündigung des Mietverhältnisses infolge Todes des Mieters
- Ausschlussklausel bleibt wirksam
- Kein Investitionsersatzanspruch des Mieters
- Mietertod
- Eigentümerwechsel (OR 261)
- Kündigung des Erwerbers infolge dringenden Eigenbedarfs
- Befürwortung eines Investitionsersatzanspruchs trotz Ausschlussklausel gestützt auf OR 261 Abs. 3 (vgl. TSCHUDI JEAN-PIERRE, a.a.O., S. 59, HIGI PETER, a.a.O.)
- Eigentümerwechsel
- Eigenbedarf
- Vorzeitige Rückgabe der Mietsache (OR 264)
- Da alle Fälle der vorzeitigen Mietobjekt-Rückgabe alleine die Mietersphäre betreffen, wird durch solche Vorfälle keine ausnahmsweise Ersatzpflicht begründet
- Folgende Fälle begründen also keinen Investitionsersatzanspruch:
- Vertragsabschluss mit einem dem Vermieter vorgeschlagenen, zumutbaren Ersatzmieter
- Vertragsabschluss mit einem Dritten
- Erfolglose Suche eine Ersatz- oder Nachmieters, weil keiner bereit ist, den Rohbaumietvertrag zu den gleichen Konditionen zu übernehmen
- Vorzeitige Rückgabe der Mietsache
- Kündigung wegen Mängeln der Mietsache (OR 259b lit. a)
Literatur
- Rohbaumietvertrag ohne Ausschlussklausel
- TSCHUDI JEAN-PIERRE, Die Rohbaumiete Location de locaux „crus“, MRA 2008, S. 59
- Rohbaumietvertrag mit Ausschlussklausel
- TSCHUDI JEAN-PIERRE, Die Rohbaumiete Location de locaux „crus“, MRA 2008, S. 58 ff.
- HEINRICH PETER, Handkommentar zum schweizerischen Privatrecht, Vertragsverhältnisse, Teil 1: Innominatkontrakte, Kauf, Tausch, Schenkung, Miete, Leihe, 2. Auflage, Zürich / Basel / Genf 2012, Rz 2 zu OR 266i
- HIGI PETER, Zürcher Kommentar, N 59 zu OR 261 – 261a
Judikatur
- Rohbaumietvertrag ohne Ausschlussklausel
- BGE 4C.97/2005 vom 18.08.2005, Erw. 2.7 f.
- Rohbaumietvertrag mit Ausschlussklausel
- BGE 4A_414/2009 vom 09.12.2009, Erw. 3.2
- BGE 4A_397/2013 vom 11.02.2014, Erw. 3.3