Wurde die amtliche Verteidigung bewilligt, steht dem Strafverteidiger nur ein Entschädigungsanspruch, gegenüber dem Staat, zu:
-
Grundlagen
-
Entschädigungsgrundlage
- Öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis zwischen Bund bzw. Kanton und dem Strafverteidiger
-
Exklusive Grundlage
- Weitere Entschädigungsvereinbarungen sind unzulässig
-
-
Entschädigungsanspruch nur gegenüber dem Staat
- Aufgrund des öffentlich-rechtlichen Entschädigungsverhältnisses kann der Strafverteidiger
-
Kein zusätzlicher Entschädigungsanspruch gegenüber dem Beschuldigten (Verbot der zusätzlichen Rechnungsstellung)
- Der Strafverteidiger ist nicht berechtigt, von dem von ihm vertretenen Beschuldigten eine zusätzliche Entschädigung zu verlangen (vgl. BGer 6B_45/2012, Erw. 1.2)
- Die Beschränkung auf die Ansprüche gegenüber dem Staat gilt auch dann, wenn der Strafverteidiger von der Staatskasse eine Entschädigung erhalten hat, die nicht einem vollen Honorar entspricht
-
Disziplinarrechtliche Ahndung
- Die Verletzung des „Verbots der zusätzlichen Rechnungsstellung“ (siehe oben) stellt einen schwerwiegenden Verstoss gegen die Berufspflichten dar und wird von der Aufsicht disziplinarisch geahndet (vgl. BGer 2C_550/2015 BGE 108 Ia 11, Erw. 1 – 3)
- Vorbehalt
- Vorbehalten bleibt aber die Pflicht des zur Tragung der Verfahrenskosten verurteilten Beschuldigten, dem Verteidiger die Differenz zwischen der „amtlichen Entschädigung“ und dem vollen Honorar nachzuzahlen, sobald seine wirtschaftlichen Verhältnisse dies gestatten (vgl. StPO 135 Abs. 4 lit. b)
-
Verteidigerhaftung
-
Anwaltshaftung
- Auch wenn der Staat Auftraggeber für das Verteidigungsmandat ist, bleibt der Rechtsanwalt als Verteidiger im obligo:
- Haftung für getreue und sorgfältige Auftragsausführung (vgl. OR 398)
- Haftung für einen allfälligen Schaden gegenüber der vertretenen beschuldigten Person
- Auch wenn der Staat Auftraggeber für das Verteidigungsmandat ist, bleibt der Rechtsanwalt als Verteidiger im obligo:
-
Recht des betreffenden Kantons, die Verteidiger-Haftung zu übernehmen
- Das kantonale Recht kann die vorstehende Regelung nicht ändern
- Hingegen besteht die Möglichkeit, dass der betreffende Kanton für den Fall einer Sorgfaltspflichtverletzung des unentgeltlichen Rechtsbeistands (Strafverteidiger) eine ausschliessliche Staatshaftung vorsieht (vgl. BGE 143 III 10, Erw. 3)
-
Literatur
- OBERHOLZER NIKLAUS, Grundzüge des Strafprozessrechts, 4. Auflage, Bern 2020, S. 163, Rz 507 – 509
Judikatur
- Entschädigungsanspruch gegenüber dem Staat
- BGer 6B_45/2012, Erw. 1.2
- Disziplinarrechtliche Ahndung
- BGer 2C_550/2015
- BGE 108 Ia 11, Erw. 1 – 3
- Anwaltshaftung
- BGE 143 III 10, Erw. 3
Art. 135 StPO Entschädigung der amtlichen Verteidigung
1 Die amtliche Verteidigung wird nach dem Anwaltstarif des Bundes oder desjenigen Kantons entschädigt, in dem das Strafverfahren geführt wurde.
2 Die Staatsanwaltschaft oder das urteilende Gericht legen die Entschädigung am Ende des Verfahrens fest.
3 Gegen den Entschädigungsentscheid kann die amtliche Verteidigung Beschwerde führen:
- wenn der Entscheid von der Staatsanwaltschaft oder dem erstinstanzlichen Gericht gefällt wurde: bei der Beschwerdeinstanz;
- wenn der Entscheid von der Beschwerdeinstanz oder dem Berufungsgericht des Kantons gefällt wurde: beim Bundesstrafgericht.
4 Wird die beschuldigte Person zu den Verfahrenskosten verurteilt, so ist sie, sobald es ihre wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben, verpflichtet:
- dem Bund oder dem Kanton die Entschädigung zurückzuzahlen;
- der Verteidigung die Differenz zwischen der amtlichen Entschädigung und dem vollen Honorar zu erstatten.
5 Der Anspruch des Bundes oder des Kantons verjährt in 10 Jahren nach Rechtskraft des Entscheides.