Als verjährungsunterbrechend wirken unter dem Titel „Schlichtungsgesuch“ (OR 135 Ziffer 2):
Aufgabe des Schlichtungsbegehrens
- Grundlage
- Anrufung der (örtlich, sachlich und funktional zuständigen) Schlichtungsbehörde
- in bestimmter Form, zur Individualisierung des Streits (ZPO 202 Abs. 2)
- Parteibezeichnung
- Anträge
- (Kurz-)Begründung zur Individualisierung des Streitgegenstands
- Postaufgabe bzw. elektronische Übermittlung
- Weitere Detailinformationen
Fortbestand der Unterbrechungswirkung trotz „Verfahrensabbruch“
- trotz Nichtzustellung des Schlichtungsgesuchs an den Beklagten
- trotz Nichtdurchführung der Schlichtungsverhandlung
- zB mit Antrag, wegen laufender Vergleichsverhandlungen einstweilen von einer Vorladung abzusehen
- trotz Rückzug des Schlichtungsgesuchs
- trotz Einreichung des Schlichtungsgesuchs und – wie beim Betreibungsbegehren – gleichzeitigen Rückzugs
- BGE 114 II 262 f., Erw. a und b
- DÄPPEN ROBERT K., Basler Kommentar, N 6c zu OR 135 am Ende
- Empfohlene Vorsichtsmassnahmen
- Vorsichtshalber Kenntnisgabe von der Vorkehr an den Schuldner (vgl. hiezu BERTI STEPHEN V., Zürcher Kommentar, N 50 ff. zu OR 135)
- u.E. Rückzug unter Vorbehalt der Wiedereinbringung, zur Vermeidung der res judicata-Einrede des Beklagten
- trotz Nichteinreichung der Klagebewilligung
Rechtslage bei fehlerhaftem Schlichtungsgesuch
- Rückweisung mit Nachfristansetzung zur Einreichung bei der zuständigen Stelle
- Weitere Detailinformationen
Gesetzestexte
Art. 135 OR
IV. Unterbrechung der Verjährung
1. Unterbrechungsgründe
Die Verjährung wird unterbrochen:
1. durch Anerkennung der Forderung von seiten des Schuldners, namentlich auch durch Zins- und Abschlagszahlungen, Pfand- und Bürgschaftsbestellung;
2. durch Schuldbetreibung, durch Schlichtungsgesuch, durch Klage oder Einrede vor einem staatlichen Gericht oder einem Schiedsgericht sowie durch Eingabe im Konkurs.
Art. 137 OR
3. Beginn einer neuen Frist
a. Bei Anerkennung und Urteil
1 Mit der Unterbrechung beginnt die Verjährung von neuem.
2 Wird die Forderung durch Ausstellung einer Urkunde anerkannt oder durch Urteil des Richters festgestellt, so ist die neue Verjährungsfrist stets die zehnjährige.
Art. 138 OR
b. Bei Handlungen des Gläubigers
1 Wird die Verjährung durch Schlichtungsgesuch, Klage oder Einrede unterbrochen, so beginnt die Verjährung von neuem zu laufen, wenn der Rechtsstreit vor der befassten Instanz abgeschlossen ist.
2 Erfolgt die Unterbrechung durch Schuldbetreibung, so beginnt mit jedem Betreibungsakt die Verjährung von neuem.
3 Geschieht die Unterbrechung durch Eingabe im Konkurse, so beginnt die neue Verjährung mit dem Zeitpunkte, in dem die Forderung nach dem Konkursrechte wieder geltend gemacht werden kann.
Weiterführende Informationen
Bemerkungen zur Schlichtungsverhandlung
- Schlichtungsverhandlung sollte binnen 2 Monaten stattfinden (ZPO 203 Abs. 1)
- Schlichtungsverfahren sollte spätestens nach 12 Monaten abgeschlossen sein (ZPO 203 Abs. 4)
- Diese beiden Vorgaben des Gesetzgebers sind aber lediglich Ordnungsvorschriften, weshalb eine Nichtdurchführung des Schlichtungsprozederes der Verjährungsunterbrechung keinen Abbruch tut
Literatur
- DÄPPEN ROBERT K., Basler Kommentar, N 6c zu OR 135
- GAUCH PETER / SCHLUEP WALTER R. / EMMENEGGER SUSAN, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, ohne ausservertragliche Haftpflicht, Band II, 10. Auflage, Zürich 2014, N 3348 f.
- BERTI STEPEN V., Zur Unterbrechung der Verjährung durch Betreibung und Klage – oder die Alternativen zum „Inspired guess“, in: recht 1994, Heft 2, S. 76 ff.
- PETER JAMES T., Verjährungsunterbruch von Ansprüchen mit handelsgerichtlicher Zuständigkeit, in: ANWALTSPRAXIS, 8/2012, S. 364 f.
Judikatur
- BGer 4A_298/2021 vom 08.11.2022 (Rechtsgültigkeit der Verjährungsunterbrechung durch Schlichtungsgesuch mit Anträgen, die auf Schweizerfranken anstatt in EURO lauten)
Weiterführende Informationen
- Schlichtungsverfahren
- Schlichtungsverfahren
- Klageeinleitung | prozessieren
- Handelsgericht